Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

W 928 20 
Die Verpflichtung der unter 2 bis 5 genannten Personen tritt nur ein, wenn ein früher 
genannter Verpflichteter nicht vorhanden ist. 
§ 4. Zur Ermittlung der im § 1 angeführten Krankheiten find die zuständigen Sanitäts- 
personen ermächtigt, im Einvernehmen mit der örtlichen Verwaltungsbehörde: 
a) Grundstücke und Gebäude zu betreten, unbewegliche und bewegliche Habe zu besichtigen; 
b) Menschen zu untersuchen; 
J) eine Leichenschau vorzunehmen. 
Die Befugnis zu b) steht, sofern es sich um Europäer handelt, nur Arzten zu. Sofemn 
Malaria und Rückfallsieber in Frage kommen, ist die Zustimmung des zu untersuchenden Europäers 
erforderlich. 
§* 5. Um die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern, können folgende Mas- 
nahmen getroffen werden: 
a) Beobachtung und Absonderung erkrankter, krankheitsverdächtiger oder ansteckungs- 
fähiger Personen; 
b) Beschränkung des Verkehrs gesunder Personen; 
Jc) Desinfektion der beweglichen oder unbeweglichen Habe, Verbot des Verkaufs von 
Gegenständen, die geeignet sind, Krankheiten zu verbreiten; 
d) Vernichtung gesundheitsschädlicher Nahrungsmittel, vorläufige Räumung und Sperrung 
von Gebäuden oder von einzelnen Räumen bis zur erfolgten Desinfektion; 
e) Sperrung von Brunnen, Teichen und Wasserplätzen; 
f) Schließung bestehender und Anlage neuer Aborte; 
8) Vertilgung von Fliegen, Mücken, Zecken und anderen Tieren, welche Seuchen verbreiten. 
Diese Maßnahmen werden von der zuständigen örtlichen Verwaltungsbehörde nach Ge- 
nehmigung durch den Gouverneur angeordnet. Ist Gefahr im Verzuge, so kann die örtliche Ver- 
waltungsstelle oder die zuständige Sanitätsperson selbständig handeln, jedoch ist die nachträgliche 
Genehmigung des Gouverneurs sofort einzuholen. 
§& 6. Bei Syphilis, Tripper und Schanker kann eine zwangsweise Behandlung der er- 
krankten Personen, sofern sie gewerbsmäßig Unzucht treiben, bis zur Heilung angeordnet werden, 
wenn dies zur wirksamen Verhütung der Ausbreitung der Krankheit erforderlich erscheint. 
§ 7. Wer eine Anzeige, zu der er nach den 8§8§ 2, 3 verpflichtet ist, unterläßt, wird mit 
Geldstrafe bis zu 150 .¾ oder Haft bis zu zwei Wochen bestraft. 
Wer einer auf Grund der §§ 5 und 6 ergangenen Anordnung der zuständigen Behäörde 
oder Sanitätsperson zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu 1000 oder Haft, und wenn der 
Täter aus Eigennutz oder um anderen einen Schaden zuzufügen handelt, mit Geldstrafe bis zu 
3000 oder Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Neben der Gefängnisstrafe kann auf Geld- 
strafe bis zu 3000“ erkannt werden. Die Bestimmungen des § 327 des Reichsstrafgesetzbuches 
bleiben unberührt. 
Gegen Eingeborene und ihnen gleichgestellte Farbige finden die nach der Verordnung des 
Reichskanzlers vom 22. April 1896 zulässigen Strafmittel Anwendung. 
Die Unterlassung der Anzeige ist straflos, wenn dem Anzeigepflichtigen nach Lage des Falls 
nicht zugemutet werden kann, den Charakter der Krankheit als eine anzeigepflichtige zu erkennen. 
§ 8. Diese Verordnung tritt am 1. Jannar 1913 in Kraft. 
Daressalam, den 1. Juli 1912. 
Der Kaiserliche Gouverneur. 
J. V.: 
Methner.
	        
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