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1. Auf Beschwerden nach § 1422 der Reichsversicherungsordnung hat in entspreche der
Anwendung des §9 1785 Abs. 1 (§8.1638) g. a. O. das Versicherungsamt des letzten Wohnsttzes fder
Beschäftigungsortes des Versicherten im Reiche zu entscheiden. Die Beschwerdefrist (§ 128 Abi. 1
a. u. O.) gilt als gewahrt, wenn die Beschwerde bei den Ausgabestellen der Schutzgebiete (Bekannt=
machung des Reichskanzlers vom 8. Januar 1912, Zentralbl. S. 8, abgedruckt im Kol. Bl. 192,
S. 1037) rechtzeitig eingegangen ist.
2. Das Verfahren der Feststellung der Leistungen der Invaliden= und Hinterbliebenen-
versicherung regelt sich auch für die Schutzgebiete nach den §58 1613 ff. der Reichsversicherungs-
ordnung, insbesondere ist nach §5 1637, 1638, 1614 a. a. O. zur Entgegennahme des Antrages
und Vorbereitung der Sache das Bersicherungsamt des letzten Wohnsitzes oder Beschäftigungsertes
im Reiche zuständig. Die Gouverneure werden jedoch mit der vorläufigen Entgegennahme der
Anträge auf Leistungen und der vorläufigen Unterfuchung des Sachverhalts betraut. Die An-
träge find mit dem Ergebnis der nach § 1617 a. a. O. anzustellenden Erhebungen unverzüglich an
das zuständige Versicherungsamt weiterzugeben. ·
Die Gouverneure können mit der Entgegennahme der Anträge und vorläufigen Untersuchung
auch die ihnen nachgeordneten Behörden allgemein oder in einzelnen Fällen beauftragen. Allgemeine
Anordnungen dieser Art sind öffentlich bekannt zu machen.
3. In den Schutzgebieten werden Versicherungsmarken der Landesversicherungsanstalt Berkin
k5verkauft werden und zwar durch die Postanstalten in Daressalam (Deutsch-Ostafrika), Windhul
(Deutsch-Südwestafrika), Duala (Kamerun), Lome (Togo), Rabaul (Deutsch-Neuguinea) und Avpia
(Samoa).
Versicherte, die nicht in den Bezirken jener Postanstalten wohnen, können Marken durch
Bermittlung der Postanstalt ihres Wohnsitzes unter gleichzeitiger Zahlung des Wertbetrages bestellen.
Berlin, den 15. März 19183.
Der Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts.
Solf.
Beftimmungen über das Verfahren der Abllekerung der von den Kaiserlichen Gerichten
in den Schutzgebleten Rfribas und der Südsee Ju Freibeitsftrofen Verurteltten noch
Dreußen.
Bom 17. Juni 1912.
1. Die von den Kaiserlichen Schutzgebietsgerichten erkannten Freiheitsstrafen werden, soweit sie nicht
in einem Schutzgebietsgefängnis volstreckt werden können, ohne Rücksicht auf die Stoats-
angehbrigkeit des Berurteilten, in Preußen vollstreckt.
2. Die Entscheidung darüber, ob ein Berurteilter zur Strafvollstreckung nach Preußen abzuliefern
ist, steht dem Kaiserlichen Gouvernement zu.
Bei der Entscheidung ist davon auszugehen, daß die Vollstreckung innerhalb des Schug-
gebiets im allgemeinen schon wegen der mit einer Ablieferung verbundenen Kosten den Vorzug
verdient. Die Ablieferung darf daher nur dann verfügt werden, wenn sie unter Berücksichtigung
der örtlichen Verhältnisse, insbesondere der Besetzung des Gefängnisses, der Art und Dauer der
Strafe, des Gesundheitszustandes des Berurteilten oder aus anderen schwerwiegenden Gründen
notwendig erscheint. Sie darf nicht verfügt werden, wenn sie für einen im Schutzgebiet in
festen Erwerbsverhältnissen befindlichen Berurteilten besondere außerhalb des Strafzweckes liegende
Hörten mit sich bringen würde, die in keinem Verhältnis zur Dauer der Strufe stünden. Ferner
hat sie zu unterbleiben, wenn dadurch die Erreichung des Strofzweckes gefährdet werden würde,
also insbesondere wenn die Dauer der Stwafvollstreckung nach der Einlieferung in die preußische
Strafanstalt oder das preußische Gefängnis so kurz sein würde, daß sie auf den Verurteilu#n
keine erziehliche Wirkung ausüben könnte. « *-1
3. Die Beförderung hat zweckmäßig auf einem deutschen Dampfer (soweit möglich einem Reichspen
oder Transportdampfer) stattzusinden. Wenn in Ausnahmefällen aus besonderen Gründen ein
andere Art der Beförderung zweckmäßig erscheint, so ist zunächst die Genehmigung des Neichs
lanzlers (Reichs-Kolonlalamts) einzuholen, dem zugleich die für den etwa zu stellenden Durch-
lieferungsantrag erforderlichen Schriftstücke vorzulegen sind.