Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

W 410 2 
Rolonialrechtliche entscheidungen. 
. Ur.5. 
Huszug aus dem Urten des Königlich. r Londgerichts I in Berlin Gé6. Ziviikammer) vom 
4. 4. Dal 1909. 
1. Auch Reichsangehörige dürfen aus den 
Schutzgebieten ausgewiesen werden. · 
2. Das Freizügigkeitsgesetz vom 1. November 
1867 gilt nicht in den Schutzgebieten. 
Der Kläger, ein Reichsan ehöriger und 8 
maliger Farmer in Deutsch-Südwestafrika, ist 
wegen wiederholter Sittlichkeitsvergehen vom 4% 
verneur aus dem Schutgebien ausgewiesen worden. 
hat den Reichs fiskus vor dem Landgericht in 
Berlin auf Leistung eines Schadenseriatzes verklagt, weil 
bie Au Swei isung ungeseglich gel#esen "ei. Sstület 
aus, daß R. Eichsange börige nicht aus den Schutz- 
gebieten ausgewiesen werden dürften, a ndernfaus aber 
die Ausweisungsbefugnis nur dem Kaiser ebs. Träger 
der Schutzgewalt zusebee der- sie nicht auf den Gou- 
verneur übertragen habe. Er hält den Meichofisens 
für boisiolegitinriert weil das Reichs-Kolonialamt, 
eine Reichsbehörde, die Ausweisungsverfügung als 
Beschwerdeinstanz bestätigt habe. 
Der Beklagte hat die — des Rechts- 
weges, seine Pasfolegitim tion und die Ungesetzlichkeit 
der Ausweisung bestri 
Das Landgericht bet- die Klage abgewiesen. 
Aus den Entscheidungsgründen: 
Nach den dem Kaiser in Deutsch Südwestafrika 
.9 Hoheitsrechten, die, nur beschränkt durch 
s Gesetz. bon den Beamten ausgeführt werden, ist 
das Ausweisung, soweit sie im ordnungsmäßigen 
Berwaltungswege erfolgt, auch gegenüber Reichs. 
deutschen zulässig. Die durch die örtlichen Ver- 
Nr. 6. 
  
hältniss e in den Schutzgebieten bedingte, stãrlere Aus- 
gestaltung der Verwaltungsbefugnisse, die in der 
een Behörden, aus Zweck- 
mä ichekssnchen. n Freizügigkeit zu be- 
schränken. Eine unbedingte Freizügigkeit ist in den 
Schutzgebieten nicht eingeführt. Die Ubertragung der 
für Deutschland geltenden Freizügigkeit auf die Schutz- 
gebiete wäre schon deshalb verfehlt, weil die Schutz- 
gebiete staaterechtlichm nicht als ugehörig zum deutschen 
Reiche anzusehen Die reisngigleit kann nur 
örtliche Geltung für das hiche Srhn anspruchen. 
Sie ist kein dem —* Fwershalcches 
Recht, das ihn in das — begleitet. Demgegen- 
über kann das Freizügigkeitsgesetz hicht in dem 
Schutarbiet Freifügig gelten G# 10 K.G 
88 Sch.G.G.). Nur die privatrechtlichen 1 . der- 
Reichsgesetze und der ergänzenden Gesetze, soweit das 
bürgerliche Recht in Frage kommt, gelten in den Schutz- 
ebieten. Das Freisügigleits esetz aehirt dem öffent- 
ichen Rechte an, engi rschriften, welche 
dem Gesa b e. d Ratte nicht aber 
bei denen das Iuteresse der düdienen im Vorkertran-. 
sebt. Ggh Dernburg, Bürgerliches Gesesbuch. — 
) Zutreffend führt deshalb 
der Lellage 
556 54%% urch die Möglichkeit des Erwerbs 
Reichsangehörigkeit noch nichts über den Inhalt 
die Natur des erworbenen Rechts gesagt ist. Dies 
bleibt vielmehr dem öffentlichen Nechte vorbehalten. 
  
  
  
Nach alledem rechtfertigt sich die Abweisung der 
age . 
Kuszug aus dem Uctell des es E—-# Kommervperichts (11. Sio#lsenat) vom 
3. dezember 
1. Der Rechtsweg ist für einen Anspruch auf 
Schadenersatz wegen Ausweisung aus einem 
Schutzgebiet zulässig. 
2. Das preußische Gesetz über die Zulässigkeit 
des Rechtsweges in Beziehung auf polizei- 
liche Verfügungen vom 11. Mai 1842 enthält nicht 
Vorschriften über das Verfahren in bürger- 
lichen Rechtsstreitigkeiten, sondern grenzt die 
sachliche Zuständigkeit der Polizeibehörden gegenüber 
derjenigen der Gerichte ab und gehört dem preußi- 
schen Staatsrecht an. Es gilt daher nicht in 
den Schutzgebieten. 
3. Gegenüber einer Klage auf Schadenersatz 
wegen Ausweisung aus einem Schutzgebiet ist 
der Reichsfiskus nicht passivlegitimiert. Der 
eine Ausweisungsverfügung des Gouverneurs bestäti- 
gende Beschwerdebescheid des Reichs-Kolonial= 
amts ist auch ein Akt der „Verwaltung eines 
Schutzgebiets“, für den, sofern überhaupt eine Ver- 
bindlichkeit des Fiskus begründet wäre, nur der 
Landesfiskus des Schutzgebiets haftete. 
  
5 des Gesetzes über die Einnahmen und Aus- 
gaben der Schutzgebiete vom 30. März 1802 (Reichs- 
Gesetzbl. S. 369). 
Der Sachverhalt, ist dtt gleiche wie in Nr--ö der 
Koloniolrechtlichen En ungen. 
Die gegen das Urteil des Landgerichts (Nr. 5) 
eingelegte Berufung hat das ““*. t aus fol- 
genden Gründen zurückgewiesen 
Der Kläger behauptet, daß seine Ausweisung aus 
Deutsch-Südwestafrika ungesetzlich gewesen sei, und 
will sich an den Fiskus des * en Reichs wegen 
6 des em durch die Ausweisung verursachten 
shealten nn für diesen Anspruch ist zu- 
raniis- es handelt siche um eine bür erliche Rechts- 
rt . 6x srunh gu 
einen vermögensrechtlichen Anspruch (Haftung de - 
Uagten für das o7 Verschulden eines Dritten). 
e Einw welche vom Bellagten gegen 
die Rüseret des Fee 65 — dem 86 des 
Pren ußischen Gesetzes vom 11. Mai 1842 herge- 
eitet werden, sind verfehlt. Dieses Gesetz gil#t über 
haupt nicht in den Schutzgebieten. Voch 
des Schutzebietsgesetes vom 10. September 1 
gelten in Schutzgebieten die im § 7 des Gesetzes
	        
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