Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

W 20 20 
R. G. 29 S. 280). Gerade diese Erwägung hat im 
Preußischen Enteignungsgesetz zur Feststellung der 
Entschädigungspflicht des Unternehmers gegenüber dem 
Pächter und dem Mieter geführt. An einer derartigen 
Bestimmung fehlt es aber in der für die Schutzgebiete 
geltenden Enteignungsverordnung. Eine auddrückliche 
Bestimmung wäre zur Begründung von Schadensersatz- 
ansprüchen des Mieters und des Pächters erforderlich 
gewesen, sei es, daß diesen unmittelbar Ansprüche gegen 
den Unternehmer zugestanden, sei es, daß sie aus- 
schließlich an den Verpächter oder Vermieter verwiesen 
werden sollten. Derartige Bestimmungen sind, wie in 
der angeführten Entscheidung (S. 275) ausgeführt wird. 
in den deulschen Enteignungogesetzen nahezu überall 
für nötig gehalten worden; ohne eine solche Bestimmung 
ist aber ein Anspruch auageschlossen. Aus der Kaiser- 
lihen Verordnung ist die Feststellung eines solchen 
Anspruches auch nicht im Wege der Auslegung zu ent- 
nehmen. Mit Unrecht berufen sich Pink-Hirschberg in: 
Das Liegenschaftsrecht in den deutschen Schutzgebieten 
(Bd. 1, S. 570 unten, 5.11) für die gegenteilige Ansicht 
auf § 2 der „Enteignungsverordnung. Die aus der 
-allgemeinen Fassung“ dieser Bestimmung hergeleitete 
Ansicht, daß hierdurch eine Entschädigungspflicht auch 
für die Rechte bestimmt werde, die durch die Enteignung 
des Grundstücks beeinträchtigt werden, ohne selbst 
Gegenstand der Enteignung zu sein, ist irrig. Paalh 
&·a der Enteignungsverordnung sind Gegenstand der 
Enteignung außer dem Bergwerkseigentum und dem 
Rechte der Besitzergreifung von herrenlosem Lande „das 
Eigentum und alle sonstigen Rechte an Grundstücken“. 
Die Cuteignung kann in der Entziehung und in der 
Beschränlung dieser Rechte besiehen. Hiernach sind 
folgende Fälle der Enteignung denkbar: 
Mn) Entziehung des Eigentums an Grundstücken. 
b) Entziehung sonstiger Rechte an Grundstücken. 
J) Beschränkung des Eigentums an Grundstücken, 
) Beschränkung sonstiger Rechte an Grundstücken. 
Für diese 4 Fälle regelt § 2 die Entschädigungs- 
pslicht. Die Entschädigung besteht für den Fall a in 
dem vollen Werte des Grundstücks oder in der Uber- 
lassung eines anderen Grundstücks (Abs. 2, für die 
Fälle b bis d in einer nach billigem Ermessen fest- 
usetzenden Geldsumme (Abs. 3). Hieraus geht deutlich 
hervor, daß der § 2 der Enteignungsverordnung lediglich 
Rechte betrifft, die selbst Gegenstand der Enteignung 
sind, nicht auch solche, die mittelbar von der Enteignung 
betroffen werden. Auch die Heranziehung der 8§ 14 
und 20 führt zu keinem anderen Ergebnio. Zu den 
Nebenberechtigten des § 14, Abs. 2, die einen Anspruch 
auf die Enkschädigungssumnme haben, gehören die 
Pächter und Mieter nicht, denn ein solcher Anspruch 
ist nur wegen der Rechte eingeräumt, die an dem ent- 
  
  
eigneten Grundstücke oder Rechte bestehen. Unter 
Rechten an Grundstücken versteht aber das BGB. nur 
die in den 8§ 903 bis 1203 aufgeführten dinglichen 
Rechte, zu denen das Recht des Mieters und des 
Pächters nicht gehört. Eo erscheint ausgeschlossen, daß 
die unter der Herrschaft s erlassene 
Enteignungsverordnung diesen Sprachgebrauch außer 
acht gelassen hätte. Bei der deutlichen Aulehnung an 
das Preußische Enteignungsgesetz (vergl. § 2 Ent. V. 
mit §§ 8. 7 des Pr. G., insbesondere auch den Auedruck 
,voller 2 "1 gert- ) wäre es gegenüber der ausdrücklichen 
Bestimmung des § 11 Pr. Ent. G. auch nicht zu ver- 
stehen, wenn in der Kaiserlichen Verordunng die aus- 
drückliche Festsetzung eines Anspruchs der Pächter und 
Mieter unterblieben wäre, falls ein solcher Anspruch 
überhaupt hätte gewährt werden sollen. Billigkeit-- 
gründe. würden zwar dafür sprechen, kämen aber ebenso 
3. B. für den Käufer eines Grundstücks in Frage, das 
hor der Eigentumsübertragung auf ihn Gegensiand 
eines Enteignungsverfahrens wird, dem aber, falls er 
nicht durch eine Vormerkung gesichert ist, ein Ent- 
schädigungsanspruch in der Enteignungsverordnung 
ebensowenig eingeräumt ist wie in dem Preußischen 
Enteignungsgeses (vergl. R. G. 29, S. 277 Mitte). 
Wenn in § 20 der Kaiserlichen Verordnung neben den 
Rechten, die an dem Zu enteignenden Grundstück 
entstehen, auch die Rechte erwähm sind, die gegen den 
Eigentümer geltend gemacht werden kömen, so sind 
darunter solche Rechte zu verstehen, die, ohne Rechte 
an Grundstücken zu sein, doch wie die durch Vormerkung 
gesicherten gegen den jeweiligen Eigentümer geltend 
gemacht werden können. Dem Pächter und Mieter 
eines Grundstücks stehen überdies auch nicht Rechte 
gegenüber dem Eigentümer als solchen zu, sondern 
ledigli gegen den Verpächter oder Vermieter, der 
mit dem Grundstückdeigentümer nicht identisch zu sein 
braucht. Wollte man aber auch unter die Rechte, die 
gegen den Eigentümer geltend gemacht werden können, 
die der Pächter und der Mieter einbegiehen, so würde 
immer noch keine über den Nahmen des vollen 
Grundstückswertes hinausgehende Ersatzpflicht des 
Unternehmers begründet sein, es wäre dann nur der 
Schluß zulässig, daß auch diese Berechtigten sich an 
die an Stelle des Grundstücks tretende Entschädigung 
halten dürsen. Diese Ansicht würde also zu einem 
Ergebnis führen, das nicht minder unbefriedigend 
wäre als das Fehlen eines Entschädigungsanspruch 
der Mieter und der Pächter. Denn dann hätte der 
Eigentümer diese Berechtigten zu entschädigen, ohne 
selbst vom Unternehmer hinreichend entschädigt zu 
werden. Hiernach ist also ein Entschädigungsanspruch 
zu verneinen, soweit er sich auf die Kaiserliche Ver- 
ordnung vom 14. Februar 1903 stützt. 
  
Nr. 26. 
Auszug aus einem Schiedsspruch über den Bandel in Bezugsrechten auf folonlalantelle 
vom 19./25. Kugust 1913. 
Beim Verkauf eines Bezugsrechts ist Gegenstand 
des Kaufvertrages ein Recht, welches den vor Abschluß 
des Kaufvertrages von der Gesellschaft bekanntgegebenen 
Bedingungen entspricht. Werden diese Bedingungen 
infolge Einspruchs der Aufsichtsbehörde nachträglich 
dahin geändert, daß der Bezug, welcher ursprünglich 
zum Neunwert erfolgen sollte, von der Zuzahlung eines 
Agios abhängig gemacht wird, so ist damit dem Ver- 
käufer seine Leisiung infolge eines von keiner der Par- 
teien zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden, 
und es können die Beteiligten voneinander lediglich 
die Rückgewährung ihrer bisherigen Leistungen be- 
anspruchen. 
Entscheidung der Schiedskommission des Zentral- 
verbands des Deutschen Bank= und Bankiergewerbes 
für Angelegenheiten des Handels in um#h nicht 
notierten Werten vom 19./25. August 1918.
	        
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