Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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Die Pferde der Kompagnie hatten sich in- 
zwischen einigermaßen erholt. Da die meisten 
aber erst vor wenigen Wochen ohne die Möglich- 
keit, sich allmählich zu akklimatisieren, unter den 
Sattel gekommen waren und jetzt ohne das ge- 
wohnte Kraftfutter täglich große Strecken in an- 
strengendem Gelände zurückzulegen hatten, durfte 
nicht viel von ihrer Ausdauer erwartet werden. 
Ich brach am 5. Mai nachmittags von Horn- 
kranz auf; wir schlugen die Richtung auf den 
Skanzberg ein und benutzten am 6. den von 
Jonker Afrikander angelegten und zuerst aus- 
geführten Abstieg, der in ¾ Stunden von der 
Hochfläche in das tiefer gelegene Einzugsgebiet 
des Kuiseb hinunterführt. 
In Nauchas hatte ich den Farmer Kalusa 
als Landeskundigen angeworben; unter dessen 
Führung erreichten wir am 7. Chausib, wo wir 
gute Weide, aber sehr brackiges Wasser vorfanden. 
Da wir nach Ansicht Kalusas noch etwa 
40 km zurückzulegen hatten, um in den oberen 
Gaob zu gelangen, brachen wir nachmittags auf 
und sattelten vor Sonnenuntergang in sehr 
klippigem Gelände, das etwas Weide bot, ab. 
Hierauf kletterte ich mit Oberleutnant Barten- 
stein und mit Kalusa auf die Kuppe, an deren 
Fuß wir Lager bezogen hatten, um bersicht zu 
gewinnen. Die Sonne ging eben unter, als wir 
den Gipfel erreichten. Ostlich vor uns lag die 
Tafelkuppe des Skanzberges in rote Glut ge- 
taucht; die von seinem Westhang steil zu Tal 
führenden Schluchten lagen schon in tiefblauem 
Schatten; etwas weiter südlich schienen sie alle in 
einen breiten Kessel zu münden, und dort leuchtete 
auf einmal Feuer auf, wie ein Steppenbrand, 
aber von geringer Ausdehnung; als wir genauer 
mit dem Glase absuchten, fanden wir kleinere 
Lichtpunkte, wie Glühwürmchen, 40 bis 50 zählten 
wir, das konnte nichts anderes sein als die ge- 
suchte Andreaswerft — jetzt deutlicher noch in 
der Dunkelheit erkennbar — einzelne Feuerstellen 
und daneben ein kleiner Grasbrand, den der 
Abendwind entfacht hatte. 
Wir hatten keinen Zweifel mehr. Nur über 
die Entfernung konnten wir uns nicht einigen. 
Es konnten 25, 30 oder auch 40 km sein. Aber 
morgen war der 8. Mai und wir mußten hin- 
kommen um jeden Preis. 
Ich ließ abkochen und weiden, womit Kalusa 
gar nicht einverstanden war; er meinte, die 
Hereros hätten ihre Spione und unsere Feuer 
würden uns verraten. Aber wir legten sie ver- 
deckt an. Angesichts der Anstrengungen, die be- 
vorstanden, war mir die befriedigende Lösung der 
Magenfrage doch sehr wichtig. 4 
Um 8 Uhr abends rückten wir, die Pferde 
am Zügel führend, wieder weiter, durch wüstes 
  
Geröll bergauf, bergab, buchstäblich über Stock 
und Stein — Richtung Skanzberg. Es ging 
sehr langsam, und als ich gegen Mitternacht ab- 
satteln ließ, mochten wir etwa 15 bis 16 km 
Luftlinie zurückgelegt haben. Einige Pferde hatten 
Eisen verloren. 
Wir ruhten mit den Zügeln in der Hand bis 
2 Uhr, dann ließ ich weiter rücken. Einen Aus- 
blick auf die Feuer hatten wir während der Rast 
nicht gewinnen können; das Gelände war zu 
bergig; ich orientierte mich nach dem Kompaß 
und den Sternen. Über uns ging der Skorpion 
eben durch die Milchstraße und im Osten stand 
ein heller Stern, auf den wir Richtung nahmen. 
Da der Mond längst untergegangen war, 
kamen wir noch langsamer vorwärts als vor 
Mitternacht, und öfters als vorher verankerte sich 
ein Dornzweig im Gesicht oder im Rock. 
Gegen 6 Uhr wurde es im Osten heller. 
Ich ließ nochmals rasten. Der Skanzberg 
schien jetzt ganz nah. Sein kantiger Umriß hob 
sich scharf gegen den blassen Morgenhimmel ab. 
Die Einsicht in das breite Tal zu seinen Füßen 
versperrten noch einige Hügelketten; es mochten 
noch 6 km bis dahin sein. 
Wir brachen gleich wieder auf. 
In einem wildbachähnlichen, trockenen Rinnsal 
stiegen wir nach der Niederung herunter; man 
konnte jetzt erkennen, daß sie das Bett eines sehr 
breiten Rivieres darstellte, das sich hier aus den 
vom Skanzberg-Abhang kommenden Schluchten 
bildet. 
Das ganze etwa 5 km breite Flußbett war 
in einzelne Rinnsale zerrissen; zwischen diese 
schoben sich dichte Busch= und Baumgruppen und 
zerklüftete Felseninseln, gäuzlich unübersichtlich, 
ein Gelände, in dem sich ein Regiment wie eine 
Handvoll Spreu zerkrümeln würde. 
In der Mitte dieser Wildnis sahen wir nach 
langem Suchen einzelne dünne Rauchsäulen zum 
Himmel steigen. 
Ich setzte die Kompagnie in diese Richtung 
an, indem ich zwei Züge in die vordere Linie 
und einen hinter die Mitte nahm. Ich kann 
mich heute nicht mehr erinnern, ob ich es ver- 
säumt hatte oder nicht, einen Anschlußzug zu be- 
stimmen; als wir an den ersten Feuerstellen an- 
langten, war der linke der beiden vorderen Züge 
bereits abgekommen; auch der hintere, bei dem 
die Handpferde waren, war in dem schwierigen 
Gelände sehr weit zurückgeblieben. Den hierdurch 
entstehenden Aufenthalt benutzten wir zur Unter- 
suchung der ersten Pontoks und der hier im 
Sande abgedrückten Spuren, die unzweifelhaft 
ergaben, daß die Hereros vor etwa acht Tagen 
diese Werft flußabwärts ziehend verlassen hatten 
und eine deutsche Patrouille erst gestern abend
	        
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