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Die Pferde der Kompagnie hatten sich in-
zwischen einigermaßen erholt. Da die meisten
aber erst vor wenigen Wochen ohne die Möglich-
keit, sich allmählich zu akklimatisieren, unter den
Sattel gekommen waren und jetzt ohne das ge-
wohnte Kraftfutter täglich große Strecken in an-
strengendem Gelände zurückzulegen hatten, durfte
nicht viel von ihrer Ausdauer erwartet werden.
Ich brach am 5. Mai nachmittags von Horn-
kranz auf; wir schlugen die Richtung auf den
Skanzberg ein und benutzten am 6. den von
Jonker Afrikander angelegten und zuerst aus-
geführten Abstieg, der in ¾ Stunden von der
Hochfläche in das tiefer gelegene Einzugsgebiet
des Kuiseb hinunterführt.
In Nauchas hatte ich den Farmer Kalusa
als Landeskundigen angeworben; unter dessen
Führung erreichten wir am 7. Chausib, wo wir
gute Weide, aber sehr brackiges Wasser vorfanden.
Da wir nach Ansicht Kalusas noch etwa
40 km zurückzulegen hatten, um in den oberen
Gaob zu gelangen, brachen wir nachmittags auf
und sattelten vor Sonnenuntergang in sehr
klippigem Gelände, das etwas Weide bot, ab.
Hierauf kletterte ich mit Oberleutnant Barten-
stein und mit Kalusa auf die Kuppe, an deren
Fuß wir Lager bezogen hatten, um bersicht zu
gewinnen. Die Sonne ging eben unter, als wir
den Gipfel erreichten. Ostlich vor uns lag die
Tafelkuppe des Skanzberges in rote Glut ge-
taucht; die von seinem Westhang steil zu Tal
führenden Schluchten lagen schon in tiefblauem
Schatten; etwas weiter südlich schienen sie alle in
einen breiten Kessel zu münden, und dort leuchtete
auf einmal Feuer auf, wie ein Steppenbrand,
aber von geringer Ausdehnung; als wir genauer
mit dem Glase absuchten, fanden wir kleinere
Lichtpunkte, wie Glühwürmchen, 40 bis 50 zählten
wir, das konnte nichts anderes sein als die ge-
suchte Andreaswerft — jetzt deutlicher noch in
der Dunkelheit erkennbar — einzelne Feuerstellen
und daneben ein kleiner Grasbrand, den der
Abendwind entfacht hatte.
Wir hatten keinen Zweifel mehr. Nur über
die Entfernung konnten wir uns nicht einigen.
Es konnten 25, 30 oder auch 40 km sein. Aber
morgen war der 8. Mai und wir mußten hin-
kommen um jeden Preis.
Ich ließ abkochen und weiden, womit Kalusa
gar nicht einverstanden war; er meinte, die
Hereros hätten ihre Spione und unsere Feuer
würden uns verraten. Aber wir legten sie ver-
deckt an. Angesichts der Anstrengungen, die be-
vorstanden, war mir die befriedigende Lösung der
Magenfrage doch sehr wichtig. 4
Um 8 Uhr abends rückten wir, die Pferde
am Zügel führend, wieder weiter, durch wüstes
Geröll bergauf, bergab, buchstäblich über Stock
und Stein — Richtung Skanzberg. Es ging
sehr langsam, und als ich gegen Mitternacht ab-
satteln ließ, mochten wir etwa 15 bis 16 km
Luftlinie zurückgelegt haben. Einige Pferde hatten
Eisen verloren.
Wir ruhten mit den Zügeln in der Hand bis
2 Uhr, dann ließ ich weiter rücken. Einen Aus-
blick auf die Feuer hatten wir während der Rast
nicht gewinnen können; das Gelände war zu
bergig; ich orientierte mich nach dem Kompaß
und den Sternen. Über uns ging der Skorpion
eben durch die Milchstraße und im Osten stand
ein heller Stern, auf den wir Richtung nahmen.
Da der Mond längst untergegangen war,
kamen wir noch langsamer vorwärts als vor
Mitternacht, und öfters als vorher verankerte sich
ein Dornzweig im Gesicht oder im Rock.
Gegen 6 Uhr wurde es im Osten heller.
Ich ließ nochmals rasten. Der Skanzberg
schien jetzt ganz nah. Sein kantiger Umriß hob
sich scharf gegen den blassen Morgenhimmel ab.
Die Einsicht in das breite Tal zu seinen Füßen
versperrten noch einige Hügelketten; es mochten
noch 6 km bis dahin sein.
Wir brachen gleich wieder auf.
In einem wildbachähnlichen, trockenen Rinnsal
stiegen wir nach der Niederung herunter; man
konnte jetzt erkennen, daß sie das Bett eines sehr
breiten Rivieres darstellte, das sich hier aus den
vom Skanzberg-Abhang kommenden Schluchten
bildet.
Das ganze etwa 5 km breite Flußbett war
in einzelne Rinnsale zerrissen; zwischen diese
schoben sich dichte Busch= und Baumgruppen und
zerklüftete Felseninseln, gäuzlich unübersichtlich,
ein Gelände, in dem sich ein Regiment wie eine
Handvoll Spreu zerkrümeln würde.
In der Mitte dieser Wildnis sahen wir nach
langem Suchen einzelne dünne Rauchsäulen zum
Himmel steigen.
Ich setzte die Kompagnie in diese Richtung
an, indem ich zwei Züge in die vordere Linie
und einen hinter die Mitte nahm. Ich kann
mich heute nicht mehr erinnern, ob ich es ver-
säumt hatte oder nicht, einen Anschlußzug zu be-
stimmen; als wir an den ersten Feuerstellen an-
langten, war der linke der beiden vorderen Züge
bereits abgekommen; auch der hintere, bei dem
die Handpferde waren, war in dem schwierigen
Gelände sehr weit zurückgeblieben. Den hierdurch
entstehenden Aufenthalt benutzten wir zur Unter-
suchung der ersten Pontoks und der hier im
Sande abgedrückten Spuren, die unzweifelhaft
ergaben, daß die Hereros vor etwa acht Tagen
diese Werft flußabwärts ziehend verlassen hatten
und eine deutsche Patrouille erst gestern abend