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Menschenmaterial (schätzungsweise 10 000 bis
12 000 schwarze Soldaten) nicht ausbleiben.
Dabei fällt noch der überlegene Vorrat an
Waffen, Munition und sonstigem Kriegs-
material, der fortlaufend ergänzt werden kann,
mit ausschlaggebend ins Gewicht. Trotzdem kann
das bisherige Ergebnis der feindlichen Unter-
nehmungen als von entscheidender Bedeutung
nicht angesehen werden. Die Widerstandskraft
und Ausdauer der heldenmütigen Verteidiger
Kameruns sind noch lebendig und nicht über-
wlinden.
Im Interesse einer geregelten Ver—
proviantierung der Bewohner des Schutz-
gebiets hat der Gouverneur verschiedene
Kriegsmaßnahmen getroffen.
So erging u. a. am 20. August 1914 eine
Verordnung, in welcher die Ausfuhr von Lebens-
mitteln jeglicher Art, mit Ausnahme Mundvorrats
zum eigenen Bedarf, von Heiz= und Feuerungs-
material, Schmiermaterial für materielle Anlagen
und Beleuchtungsmaterial, aus dem Schutzgebiet
verboten worden ist.
Weiter ist am 18. September 1914 in einem
Runderlaß der gesteigerte Anbau von Nah-
rungsmitteln angeordnet worden. Danach sind
in größerem Umfang Verpflegungsfarmen anzu-
legen. Neben der Anlage amtlicher Farmen, auf
denen sowohl Nahrungsmittel für Europäer als
auch für Eingeborene anzubauen sind, sollen auch
die Eingeborenen zur selbständigen Anlage von
Verpflegungsfarmen angehalten werden.
Um der Erregung und Neigung zu Ausschrei-
tungen und Rohheiten vorzubengen, die sich bei
den Eingeborenen, zumal wenn durch falsche
Nachrichten noch aufgereizt, unter der Wirkung
des Alkohols bis zum offenen Aufstand steigern
können, war schon durch Verordnung vom 9. August
1914 der Verkauf von alkoholischen Ge-
tränken an Eingeborene verboten worden.
Da mit Plünderung an den von uns zurräu-
menden Plätzen des Schutzgebiets zu rechnen war,
ist später das Alkoholverbot gegenüber Ein-
geborenen dahin ergänzt worden, daß die Be-
schlagnahme und Vernichtung der in den
Handelsniederlassungen der gefährdeten Bezirke
lagernden Bestände an für den Gebrauch der Ein-
geborenen bestimmten alkoholischen Getränken
angeordnet wurde.
In Ajoshöhe ist ein Kriegsgefangenen-
lager eingerichtet.
Die Engländer haben begonnen, die Ver-
waltung des von ihnen besetzten Kameruner Ge-
biets mit Maßnahmen für den Handel einzu-
leiten. Ende Dezember 1914 ist vom englischen
Kolonialministerium die Liverpooler Handels-
kammer verständigt worden, daß die Operationen
in Kamerun so weit gediehen seien, um den Hafen
von Duala für den Handelsverkehr freizugeben;
für die Wareneinfuhr bleibe vorläufig der bisherige
deutsche Zolltarif in Kraft. Der Handel komme
nur für die von den Verbündeten besetzten Ge-
biete der Kolonie in Betracht und sei naturgemäß
mit dem Feinde verboten; für die Einfuhr von
Lebensmitteln sei besondere Erlaubnis des Oberst-
kommandierenden in Duala erforderlich.
Ob auf diese Einladung außer den beiden,
bisher in Duala ansässigen englischen Firmen
noch weitere den Handel dort aufnehmen werden,
ist bei der gegenwärtigen, für die Feinde noch
unsicheren militärischen Lage im Schutzgebiet und
bei der Behinderung der englischen Handels-
schiffahrt, die derzeit durch den Seekrieg in
Europa eingetreten ist, wenig wahrscheinlich.
.
Aus unseren früheren Veröffentlichungen über
die Kriegsereignisse in den Schutzgebieten ist be-
kannt, welche empörenden Handlungen sich am
27. September 1914 und in den folgenden Tagen
die vereinigten Engländer und Franzosen bei und
nach der Ubergabe von Duala haben zuschulden
kommen lassen und einer wie demütigenden und
rücksichtslosen Behandlung die Deutschen und ihr
Eigentum in Duala trotz der Zusicherung, Leben
und Eigentum zu schützen, durch die Feinde aus-
gesetzt waren. Gegen dieses geradezu planmäßig
böswillige Auftreten der Feinde hat ein Ober-
beamter des Bezirksamts Duala, als er
wenige Tagenach dem Fall Dualas nach Lagos in die
Gefangenschaft gekommen war, bei dem General-
gouverneur von Nigerien, Sir F. Lugard,
zuerst mündlich Verwahrung eingelegt und
diesem Schritt durch einen schriftlichen
Protest besonderen Nachdruck verliehen.
Dieses Schriftstück sei hier dem Wortlaut nach
anhangsweise wiedergegeben.
„Als hier anwesender Vertreter der politischen
Verwaltung der Kolonie Kamerun halte ich mich
für verpflichtet, von der mir von Ener Erxzellenz
in der Audienz vom 2. Oktober erteilten Erlaubnis
Gebrauch zu machen und Euer Erzellenz eine
Darstellung der Vorgänge nach der Ubergabe
Dualas zu unterbreiten. Diese Darstellung wird
und muß zunächst nur eine sehr kurze sein. Eine
weitere Ausführung wird vorbehalten. Ich werde
mich jeder Kritik enthalten und nur eine Dar-
stellung des objektiven Tatbestandes geben; ich
fühle mich aber, um jedes für die deutsche Re-
gierung nachteiliges Präjudiz zu vermeiden, ver-
pflichtet, in meiner eingangs erwähnten Eigen-
schaft namens und in Vertretung des abwesenden
und nicht erreichbaren Kaiserlichen Gouverneurs