Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Die Wahrnehmung des ärztlichen Dienstes bei 
der bewaffneten Macht übernahm der Oberstabs- 
arzt a. D. Dr. Dempwolf. 
Von vornherein entstand die Frage, was 
von dieser bewaffneten Macht im Kriege zu er- 
warten sei. Solange unser ostasiatisches Kreuzer- 
geschwader und die kleinen Kreuzer der austra- 
lischen Station intakt und mobil waren, hatte 
Großbritannien meines Erachtens zwar ein drin- 
gendes Interesse an der Vernichtung der Funken- 
station Bitapaka, konnte sich aber zu dem Zwecke 
nicht auf längere Operationen auf der Gazelle- 
Halbinsel oder gar auf einen Kolonialkrieg einlassen. 
Kleinen Landungskorps bis zu 200 bis 300 Mann 
Kopfstärke glaubte der Befehlshaber der bewaff- 
neten Macht unter Benutzung der Eigenarten des 
Klimas und der Bodenbeschaffenheit gewachsen zu 
sein; besonders wenn der Feind sich nicht allzu 
lange von der Basis an der Küste entfernen 
durfte. Falls unsere Kriegsschiffe vernichtet oder 
anderweit außer Tätigkeit gesetzt werden sollten, 
hatte Großbritannien meines Erachtens eigentlich 
kein militärisches Interesse mehr an der Funken- 
Telegraphenstation zu Bitapaka und am Schutz- 
gebiet. Es war anzunehmen, daß wir in diesem 
Falle unbehelligt bleiben würden. Anders ge- 
staltete sich die Lage, als funkentelegraphisch die 
Nachricht von der Kriegserklärung Japans 
aufgefangen worden war. Es war bekannt, daß 
Japan längst nach den deutschen Besitzungen in 
der Südsee schielte und anderseits, daß Australien 
die Japaner aus der Südsee fernhalten wollte. 
Wenn auch anzunehmen war, daß diese wider- 
streitenden Interessen auf dem diplomatischen 
Wege ausgeglichen würden, so erwuchs jetzt doch 
immerhin eine Möglichkeit von Unternehmungen 
einer der genannten Mächte mit überlegenen 
Kräften. Gegenüber einer starken Flottenlandung 
mit modernen Schießmaschinen konnte die kleine 
bewaffnete Macht des Schutzgebiets nur benutzt 
werden, um Zeit für Unterhandlungen zu ge- 
winnen. 
Der Befsehlshaber der bewaffneten Macht er- 
hielt hiernach von mir die Weisung, die Funken- 
Telegraphenstation Bitapaka gegen jeden 
feindlichen Handstreich und gegen Angriffe 
schwächerer feindlicher Abteilungen unbe- 
dingt zu halten. Stiärkere feindliche Kräfte 
sollten nur solange aufgehalten werden, daß die 
Funkenstation abgerüstet werden könne, wozu von 
den Technikern sechs Stunden als ausreichend be- 
zeichnet wurden. Unsere Mannschaften sollten sodann 
möglichst intakt auf Toma zurückgezogen werden. 
Sollte der Feind sich von vornherein lediglich gegen 
den Gouvernementssitz in Toma wenden, so sollte 
die ganzge bewaffnete Macht unter Aufgabe von Bita- 
paka zum Schutze des Gouvernements verwendet 
  
werden. Da Toma, auf welches zahlreiche Wege 
von allen Teilen der Küste laufen, und das in 
der Richtung zur Küste ganz von offenen Pflan- 
zungen umgeben ist, gegen ein stärkeres Landungs- 
korps überhaupt nicht zu halten war, blieb die 
Verlegung des Gouvernementssitzes nach dem 
Innern von Toma und die Erteilung weiterer 
Weisungen vorbehalten. Nicht nur Rabaul, sondern 
auch der Ort Herbertshöhe sollte unverteidigt 
bleiben, um jeden Anlaß zu einem Bombarde- 
ment dieser Plätze auszuschließen. Operationen 
der bewaffneten Macht sollten dementsprechend 
nur in weiterer Entfernung von den Weichbildern 
beider Orte stattfinden. Und überhaupt sollten 
militärische Unternehmungen in der Nähe der 
Küste schon aus dem Grunde vermieden werden, 
um unsere schwachen Streitkräfte nicht dem Nah- 
feuer der Schiffsgeschütze auszusetzen. 
Da es von vornherein zweifelhaft war, ob die 
Funken-Telegraphenstation Bitapaka gegen ein 
feindliches Landungskorps gehalten werden konnte, 
wurde mit dem Oberingenieur Kleinschmidt ver- 
abredet, eine zweite Funkenstation im Hinter- 
lande einzurichten. Das war so gedacht, daß 
Kleinschmidt die Montage der definitiven Ma- 
schinenanlage in Bitapaka mit allen Mitteln 
forcieren und dann die in Bitapaka in Betrieb 
befindlichen kleineren elektrischen Hilfsmaschinen 
hergeben sollte. Letztere sollten über Herberts- 
höhe bis nach Toma mit dem Lastautomobil der 
Gesellschaft für drahtlose Telegraphie befördert 
werden. Von Toma war, da der leichteste Ma- 
schinenteil immerhin noch 600 kg wog, Transport 
ins Innere mit Ochsenwagen nötig. Ein geeig- 
neter Platz für die Reserve-Funkenstation wurde 
mit Hilfe eines landeskundigen Weißen in der 
Landschaft Taulil, an der rechten Seite des 
Ouellgebietes des Kerawat, auf einer mit hohen 
Bäumen bestandenen Bodenwelle von etwa 120 m 
Meereshöhe, gefunden. Um dahin zu gelangen, 
konnte man von Toma einen mäßig guten 
Fahrweg auf dem Plateau zu der Missionsstation 
Vunadidir und weiter nach dem Dörschen Ratawul 
benutzen. Dann mußte man einem von den Ein- 
geborenen ausgeschlagenen Pfad nach der im 
Tiefland gelegenen Landschaft Taulil folgen. Es 
wurde Anweisung gegeben, diesen Weg für Ochsen- 
verkehr auszubauen, was auch rechtzeitig gelang. 
Die Entfernung von Toma nach jenem Platz 
betrug den Weg entlang etwa 18 bis 20 km 
und in der Luftlinie etwa 8 bis 9 km. 
Wie bereits bemerkt, war Toma mit den 
vorhandenen Mitteln gegen ein stärkeres Landungs- 
korps nicht zu halten. Jch beschloß daher, eine 
weitere Verlegung des Gonvernementssitzes in das 
Hinterland in die Wege zu leiten. Der Platz 
war in der Nähe der Reserve-Funkenstation ge-
	        
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