Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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jonett, und so ging der Marsch los nach Bona- 
sama hinein. An ein Entrinnen war nicht mehr 
zu denken. 
Bald stießen wir auf eine andere Vorposten- 
linie unter Führung eines Weißen. Der englische 
Sergeant oder dergleichen, bewaffnet von der 
Fußsohle bis zum Scheitel, schlich vorsichtig an 
mich heran und musterte mich mit scharfen Augen, 
stellte aber nur einige Fragen an mich, wer ich 
sei und woher ich käme. In seinen Gesichtszügen 
spiegelte sich eine gewisse Beklommenheit. Wir 
brauchten nicht lange zu marschieren, um beim 
Hause des englischen Kommandanten angelangt 
zu sein. Eigentümlich waren die für mich unver- 
ständlichen Parolen, die die Soldaten und Vor- 
posten beim Begegnen wechselten. Der englische 
Kapitän hatte sich im Hause der Kameruner In- 
dustriebetriebe einlogiert. Lange mußten wir auf 
der unteren Veranda stehen bleiben, bis sich der 
Kommandant bemühte, aus den oberen Gemächern 
herabzukommen. Als ich seiner ansichtig wurde, 
einer jungen, behenden Figur, merkte ich nur zu 
gut, daß er sich bereits bei billigem deutschen 
Weine gütlich getan hatte. Der Kapitän würdigte 
mich anfangs keines Blickes, er sprach nur mit 
den schwarzen Soldaten. Nachdem er gehört 
hatte, daß ich den Vorposten in die Hände ge- 
laufen sei, fragte er sofort einen meiner Begleiter, 
ob ich radfahren könnte. Ich merkte dadurch 
sofort, was der englische Kommandant mit dieser 
Frage bezwecken wollte. Da die Schwarzen nicht 
wußten, wie sie antworten sollten und überhaupt 
die Frage nicht recht verstanden, trat ich vor den 
englischen Offizier hin, streckte ihm den einen Fuß 
hin, damit er meine Radfahrgamaschen sähe, mit 
dem Bemerken, ich sei der gesuchte Radfahrer. 
Er mußte es auch sofort merken, denn unter 
meinem Habit hatte ich die Kakihose und die roten 
Gamaschen, die nebst der Hose auch die gelben 
Schuhe zusammenhielten, welche ich mir von 
einem unserer Lehrer geborgt hatte. Kaum daß 
ich diesen Schritt getan und mich dadurch als 
den lang Gesuchten zu erkennen gegeben, nahm 
mich der Kapitän sofort ins Auge und stellte mit 
mir ein eingehendes Verhör an. Er zog ein 
Notizbuch aus der Tasche und richtete verschiedene 
Fragen an mich, ob ich da und dort gewesen sei. 
Dabei nannte er der Reihe nach all die Orte und 
Plätze, wo mich des Tags hindurch die englischen 
Patronillen suchten. Es war mir klar, die ver- 
schiedenen ausgeschickten Patrouillen erstatteten bei 
ihrer Rückkehr immer getreulich Rapport, daß sie 
mich wohl an diesen und jenen Plätzen, da und 
dort durch die schwarzen Verräter aufmerksam ge- 
macht, suchten, ich ihnen aber immer entwischte. 
Ich kam durch diese Fragen so recht zur über- 
zeugung, daß die Feinde mit dem Aufgebot 
  
möglichst vieler Truppen regelrecht nach 
mir jagten. Dem Kommandanten war es nun 
darum zu tun, herauszubringen, ob er es mit 
Hinsicht auf die verschiedenen Meldungen mit einem 
oder mit mehreren Deutschen zu tun habe. Des- 
wegen gab ich, nachdem ich bereits mehrere der- 
artige Fragen bejaht hatte, die entscheidende Ant- 
wort, indem ich kurzweg erklärte, ich sei der den 
ganzen Tag hindurch gesuchte Deutsche, der Pater 
von der katholischen Mission. Zornigen Blickes 
fragte er mich, warum ich denn nicht gehalten 
hätte, als man mir bei der Haltestelle Bonen- 
dale nachrief; die nach mir ausgesandte Kolonne 
hätte doch auf mich schießen können und dürfen; 
warum ich denn unter solchen gefährlichen Um- 
ständen gar nicht stillstehen wollte. Ich gab die 
bündige Antwort: „Weil ich mich nicht fangen 
lassen wollte." 
Ungeniert legte ich dann dem Offizier 
mein Befremden dar, daß ich es gar nicht 
verstehen könnte, warum denn auch die 
Missionare weggefangen würden. Wir 
hätten so zahlreiche Christenscharen im Busch, und 
durch meine Gefangennahme würden diese auch 
des letzten Paters von der Duala-Station beraubt 
sein; wir Missionare hätten die Pflicht, bei unseren 
schwarzen Christen unter allen Umständen zu 
bleiben, nur die Gewalt könne uns trennen. Der 
Kommandant achtete nicht auf meine Einwände, 
er sah mich halb höhnisch, halb mißtrauisch an 
und stellte, jedenfalls im Glauben, ich sei ein 
Spion, die verfängliche Frage, warum ich denn 
auf einmal während der Nacht von selbst heran- 
gekommen sei, nachdem ich doch tagsüber immer 
entwischte. Unverhohlen gab ich zur Antwort: 
„Ich hatte keinen Ausweg mehr, da mich sonst 
die schwarzen Verräter in Bonendale und 
Bonaberi umgebracht hätten.“ Ich bat sodann 
den Kommandanten, mir doch trockene Kleidung 
zu besorgen, da ich ganz naßgeschwitzt war; auch 
bat ich um etwas Essen; hatte ich doch seit Sonntag 
Mittag (1½ Tage) nichts mehr Ordentliches zu 
essen und zu trinken bekommen. Der Gentleman 
hörte gar nicht darauf, sondern gab der schwarzen 
Wache den Befehl, mich sofort in sicheren 
Gewahrsam zu bringen, und zwar auf die 
Eisenbahnstation. Jch wurde dann von der 
zahlreichen schwarzen Truppe, die um das 
Bahngebäude herumlagerte, in Empfang 
genommen. Der schwarze Feldwebel, nach 
dem Aussehen und den Ordenszeichen zu schließen. 
ein alter, in vielen Kämpfen erprobter Krieger, 
erhielt den Befehl, mich ganz genau zu durch- 
suchen nach Waffen und besonders auch nach 
Messern. Getreulich waltete dieser seines Amtes, 
während scharfe Bewachung mich umstand. Wäh- 
rend ich die Hände hochhalten mußte, wurde ich
	        
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