Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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verbleiben. Auch der französische Verwaltungs- 
offizier Leutnant Saint Pere stellte mir nachher 
auf Antrag eine gleichlautende Aufenthaltsbewilli- 
gung für den franzöfischen Distrikt aus. 
Die Notwendigkeit voraussehend, unsere beiden 
Geschäftshäuser in Akwa und Bellstadt mit 
ihren umfangreichen Warenbeständen im Werte 
von rund 400 000 . scharf zu bewachen, um fie 
vor einer Plünderung der aus Rand und Band 
geratenen Negerbevölkerung zu schützen, ordnete 
ich sogleich in unserem Akwa-Geschäft eine all- 
gemeine Tag= und Nachtbewachung durch unsere 
mit Buschmessern bewaffneten Kru-Jungen an. Es 
war allerhöchste Zeit, denn unsere deutschen 
Nachbarfirmen, das Missionshaus Bonaku, das 
Doktorhaus der Basler Mission und die Missionars- 
wohnung in Bonanjo, waren zum größten Teil 
von den in Scharen herbeigeströmten Eingeborenen 
ausgeplündert. Als ich zum Zwecke der üÜber- 
wachungsanordnung mich in unser Bellstadt-Haus 
begab, mußte ich die mich bestürzende Wahr- 
nehmung machen, daß nach Aufbrechen der fest 
verriegelten Türen bereits englisches Militär 
Einzug in unsere durch Schweizerflagge und Auf- 
schrift deutlich erkennbare Missionshandlung Bell- 
stadt gehalten hatte. Die Kru-Jungen, die noch 
der inzwischen gefangen genommene Missionskauf- 
mann Link zur Hausbewachung instruiert hatte, 
wurden von den Engländern weggejagt. Von 
den Militärwachen wurde ich verhindert, die Ge- 
schäftsräumlichkeiten zu betreten, wahrscheinlich aus 
dem Grunde, um es mir unmöglich zu machen, 
festzustellen, was die englische Militärverwaltung 
schon an Waren aus unseren Lagerräumen weg- 
geschleppt hatte. Ich machte geltend, daß ich als 
Vorsteher des Duala-Geschäftes der Basler Mis- 
sionshandlung jedenfalls das Recht beanspruchen 
könne, unsere Häuser zu betreten und unser 
Eigentum zu besichtigen. Es wurde mir entgegen- 
gehalten, daß ja ausschließlich Deutsche im Bell- 
stadt-Haus gewohnt hätten und daß das Haus, 
weil unbewohnt, besetzt worden sei. Ich erwiderte, 
daß wohl Angestellte deutscher Nationalität hier 
gewohnt hätten, aber das ändere nichts an der 
Tatsache, daß die Basler Missionshandlung ein 
schweizerisches Unternehmen sei und als solches 
im Handelsregister eingetragen sei. Die Wohnung 
durfte ich dann kurz betreten, aber die Geschäfts- 
räumlichkeiten blieben mir verschlossen. Alle meine 
Bemühungen in dieser Richtung waren vergeblich. 
Ein zweiter Versuch, wenigstens in den Woh- 
nungen unseres Bellstadt-Oauses nach dem Rechten 
zu sehen, brachte mir eine Begegnung mit dort 
internierten deutschen Gefangenen. Ein Kaufmann 
versuchte mich zu sprechen, da er von Missionar 
St. bezüglich Verwahrung seines Eigentums mir 
eine Bitte vorlegen wollte. Kaum hatte der Be- 
  
treffende seine Absicht kundgegeben, wurde ich von 
dem wachhabenden englischen Unteroffizier zu einem 
Leutnant geführt. Nach ihrer geheimen Unter- 
redung forderte mich der Leutnant auf, in seiner 
Gegenwart meine sämtlichen Hosen= und Rock- 
taschen zu kehren, und versuchte peinlich genau 
festzustellen, was ich von schriftlichen Aufzeichnungen 
bei mir trug. Natürlich hatte ich in keiner Weise 
anfechtbare Aufzeichnungen bei mir, aber doch 
hielt es der junge Offizier für seine Pflicht, mir 
Ermahnungen in dieser Richtung zu erteilen, unter 
Androhung schwerer Strafen bei Nichtbefolgung. 
Vom englischen General, bei dem ich mich über 
die mir als Schweizer gewordene Behandlung 
und Nichtachtung der Rechte der Basler Missions- 
handlung als Schweizerfirma beschweren wollte, 
wurde ich zum Political Okficer Paul gewiesen, 
in dessen Ressort die Angelegenheit gehöre. Dieser 
unfreundliche Offizier erwiderte mir auf meine 
Vorstellungen wegen Verweigerung des Betretens 
des Bellstadt-Geschäftes und der Leibesvisitation: 
„Es ist Kriegszeit! Sie haben sich den getroffenen 
Anordnungen zu fügen! Wa,s, die Basler Mission 
neutral! Gehen Sie mir damit! Auch Sie 
Deutschschweizer sind ja Dreiviertels-Reichsdeutsche! 
Es kann Ihnen nicht erlaubt werden, das Bell- 
stadt-Geschäft zu betreten. Im übrigen mache 
ich Sie darauf aufmerksam, daß Sie in große 
Schwierigkeiten geraten werden, wenn wir Ursache 
haben, Ihres Verhaltens wegen gegen Sie vor- 
zugehen.“ 
Ich muß hierzu bemerken, daß ich den Eng- 
ländern in keiner Weise Veranlassung zu derartigen 
wiederholten Vermahnungen gab. Je länger je 
mehr fühlte ich aber das Bestreben heraus, uns 
Neutralen das Verbleiben in Kamerun unerträg- 
lich zu gestalten, um in uns den Entschluß der 
Abreise zur Reise zu bringen. Speziell wir 
Deutschschweizer waren den Engländern und wohl 
auch den Franzosen ein Dorn im Auge, da sie 
an unsere Neutralität nicht recht glauben wollten 
und uns als deutschfreundlich vermuteten. Bei 
einer Besprechung über die Bewachung unserer 
Geschäftshäuser entfuhr dem Kapt. Paul die Be- 
merkung, es wäre am besten, ich würde mit 
meiner Frau heimreisen. 
Unverhofft erschien in der dritten Woche des 
Oktober an einem Nachmittag zu unserem großen 
Erstaunen ein englischer Leutnant mit einer An- 
zahl schwarzer Soldaten in unserer Wohnung und 
befahl uns, mit ihm zu Herrn Paul zu gehen. 
Auch unsere sämtlichen Kru-Jungen, die uns in 
Akwa als Haus= und Geschäftswachen dienten, 
mußten folgen, und ebenso unser ganzes Haus- 
personal, wie Koch, Waschmann und Hausdiener. 
Wie Verbrecher neben schwarzen Soldaten mit 
aufgepflanzten Bajonetten marschierend, waren wir 
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