Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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den verächtlichen Blicken und schadenfrohen Zu— 
rufen des in den Straßen zahlreich herumlungern- 
den Dualapöbels ausgesetzt. Bei Herrn Paul an— 
gekommen, schrie mich dieser hochfahrige frühere 
Pflanzer — jetzt englischer Verwaltungsoffizier im 
Hauptmannsrang — an: „Sie werden auf Befehl 
des Generals kriegsgefangen gemacht, da An- 
schuldigungen gegen Sie vorliegen.“ Ich wollte 
entgegnen, daß ich als neutraler Schweizer das 
Recht beanspruchen müsse, den Grund meiner Ver- 
haftung zu erfahren, aber schroff fuhr mir Paul 
zwischen die Worte mit dem Befehl: „Sprechen 
Sie nicht! Sie werden jetzt gleich in den Ge- 
fangenenraum — ein Zimmer Ihres Bellstadt- 
Hauses — geführt.“ Hier wurden wir wie die 
deutschen Kriegsgefangenen behandelt, meine 
Kleider wurden untersucht, ob ich keine Waffe 
bei mir trage, auf Fluchtversuch wurde Erschießen 
angedroht und scharfe Bewachung bei Tag und 
Nacht durchgeführt. Nach drei Tagen erhielt 
meine Frau mit dem ebenfalls in die Gefangen- 
schaft mitgenommenen 2½ jährigen Kinde des 
Herrn Link die Erlaubnis, wieder in unsere 
Wohnung nach Akwa zurückzukehren. Meine Ge- 
fangenhaltung blieb aufrecht, ohne daß mir die 
leiseste Andeutung des Grundes gemacht worden 
wäre. Am vierten Tage endlich kam Kapt. Paul 
mit noch einem Offizier, die mir eröffneten, meine 
Angelegenheit werde untersucht, und ich hätte in 
den nächsten Tagen vor einem Kriegsgericht zu 
erscheinen, aber wieder wurde mir jede Angabe 
der Art der gegen mich vorliegenden Anschuldi- 
gungen verweigert. Ich zerbrach mir den Kopf, 
was ich wohl gegen die Engländer gefrevelt haben 
könnte, kam aber zu keinem Resultat. 
Endlich am sechsten Tage wurde ich zur Ver- 
antwortung gezogen, jedoch nicht, wie mir an- 
gedroht wurde, vor ein Kriegsgericht gestellt, 
sondern vor einen englischen Oberst gebracht. 
Dieser Herr, der mich (im Gegensatz zu Herrn 
Paul)h freundlich behandelte, sagte — wie ich den 
Eindruck hatte, gewissermaßen als Entschuldigung 
meiner Inhaftnahme —, sie, die Engländer, 
würden die Rechte der Neutralen nach Möglich- 
keit respektieren, aber in Kriegszeiten seien eben 
manchmal Härten nicht zu vermeiden. Gegen 
mich hätten viele Anschuldigungen vorgelegen. Es 
erschien mir ganz unverständlich und als eine 
empörende Willkür, daß auch dieser Offizier nicht 
auf die Anklagen, die mich ins Gefängnis brachten, 
eingehen und keine Einzelheiten nennen wollte. 
Schließlich, auf meine wiederholten Bitten hin, 
bequemte er sich, wenigstens eine meiner angeb- 
lichen Verschuldungen mir, dem Angeklagten, kund- 
zutun: Nach Aussage von Eingeborenen soll ich 
heimlich in der Nacht mit einem Kanu Botschaft 
an die im Innern kämpfenden Deutschen über- 
  
sandt haben. Was für Eingeborene mich verklagt 
hatten, durch welche Mittelspersonen und an 
welche Deutsche und wohin ich eine Mitteilung 
gesandt haben soll, wurde mir nicht gesagt. 
Gleichfalls verheimlicht wurde mir die Angabe 
des Inhalts meiner angeblichen Mitteilung und 
wie und wann sie erfolgt sein sollte. Diese An- 
klage war eine so plumpe Erfindung, die den 
Stempel der Unwahrheit auf der Stirne trug, daß 
ich mit einem einzigen Hinweis die Unmöglichkeit 
dieser absurden Behauptung dartun konnte. 
Offenbar hatte sich der Oberst schon vorher von 
der Unglaubwürdigkeit der Geschichte überzeugt 
und gab sich mit meiner Erklärung sofort zu- 
frieden, ohne die anderen gegen mich vorliegenden 
Anschuldigungen, die wahrscheinlich ähnlicher Art 
waren, weiter zu erwähnen. Ich verwahrte mich 
dagegen, je Spionage getrieben zu haben. Ich 
sprach es dann auch offen aus, daß, wenn diese 
Anklagen von Eingeborenen herrühren, sie sicher- 
lich aus der Absicht entstanden seien, unser Ver- 
bleiben in Duala unmöglich zu machen, denn 
der schlimmere Teil der Duala-Bevölkerung hatte 
großes Interesse an unserem Wegzug, da diese 
Schwarzen hofften, nachher um so leichter unser 
Akwa-Geschäft ausplündern zu können. Ander- 
seits wäre es auch denkbar, daß die Engländer 
selber die Anschuldigungen gegen mich konstruiert 
haben, um eine Handhabe für meine Ausweisung 
aus Kamerun zu bekommen. Auf Auskünfte über 
bestimmte Verhältnisse, Streitkräfte der Deutschen 
in Kamerun u. a. m., die die Engländer von mir 
wünschten, ließ ich mich nicht ein, wofür sie mir 
augenscheinlich übelwollten. 
Nach meiner Freilassung in unser Akwa- 
Geschäft zurückgekehrt, mußte ich zu meiner nicht 
geringen Uberraschung feststellen, daß während 
meiner Gefangenhaltung englisches Militär die 
Türen zu den Lagerräumen unseres Akwa-Ge- 
schäftes aufgebrochen und andere Schlösser an die 
Türen angebracht hatte, zu denen mir die Schlüssel 
vorenthalten wurden. Durch Wachen vor Gewehr 
wurde mir der Zutritt sogar zum Geschäftshofraum 
verwehrt. In unseren mit Waren aller Art an- 
gefüllten Lagerräumen hausten nun die Engländer 
als die unumschränkten Eigentümer. Mit Hilfe 
unserer Kru-Jungen hatten wir bis dahin die An- 
stürme der plündernden Horden der Eingeborenen- 
Bevölkerung auf unsere Geschäftslokalitäten ab- 
wehren können, aber, wie es schien, nur zu dem 
Zwecke, die Waren als Beute für die Engländer 
und Franzosen aufzubewahren. Es ist empörend, 
wie Angehörige der englischen und französischen 
Nationen die Neutralität unserer Häuser und der- 
jenigen unserer Mission, die sämtlich durch Hissung 
von Schweizerflaggen als schweizerisches Besitztum 
kenntlich gemacht waren, mißachteten. Einmal
	        
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