Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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druck wenig, der mir aus dem September und 
Oktober vorigen Jahres blieb. 
Der materielle Schaden, den wir erleiden, ist 
sehr bedeutend; namentlich aber ist es die un- 
gerechte und brutale persönliche Behandlung, die 
uns eine kaum wieder gutzumachende Einbuße 
unseres Ansehens in den Augen der Kameruner 
Bevölkerung erleben ließ. 
II. 
Am 28. September erschien nachmittags ein 
englischer Offizier mit schwarzen Soldaten bei uns 
in Bonabela oder Deido, dem ästlichen Teile 
von Duala. Er befahl uns, wir hätten uns bereit- 
zuhalten. In 30 Minuten werde er uns abholen 
und ins Regierungshospital bringen, wo man 
unsere Namen aufschreiben werde. Der Umstand, 
daß wir Schweizer seien, ändere an dem Befehl 
nichts. Auch meine Frau müsse mit. Mitzunehmen 
brauchten wir nichts, hieß es, die Sache werde bald 
erledigt sein. So schlossen wir unsere Wohnung 
ab und warteten. Hätten wir geahnt, daß man 
im Sinne habe, sämtliche Europäer, auch uns 
Schweizer, zwei und mehr Tage im Spital ge- 
fangen zu halten, so hätten wir natürlich Reserve- 
kleider und Mundvorrat mitgenommen, um we- 
nigstens das Allernötigste zu haben. Verschiedene 
Umstände bewirkten, daß wir nicht mit den Übrigen 
von Deido abgeführt wurden und schließlich in 
unsere Wohnung zurückkehren durften. Mit Hilfe 
eines Landsmannes bekam ich dann vom „Poli- 
tical okficer-, Herrn Paul, einen Ausweis des 
Inhalts, daß ich Schweizer sei und das Recht 
habe, in Deido zu wohnen. Daß dieser Aus- 
weis auch vom französischen = Officier des affaires 
politiques unterschrieben sein müsse, sagte mir 
Herr Paul erst zwei Wochen später, als mir das 
Fehlen dieser Unterschrift beinahe Unannehmlich= 
keiten gebracht hatte. Der französische Offizier 
war so freundlich, mir dieses Versäumnis nicht 
anzurechnen. Er blieb sich in seiner Höflichkeit 
gleich bis zum Tag seiner Abreise von Duala, 
während die Höflichkeit des Engländers Paul, 
mit dem wir es hauptsächlich zu tun hatten, 
rasch abflaute. Es ist daher nicht zu verwundern, 
daß er eine Bitte um Erlaubnis zur Weiter- 
führung der Missionsarbeit rundweg abschlug und 
mich auf „nach dem Kriege“ vertröstete. Nach 
den ersten, mißlungenen Versuchen, die Deutschen 
aus Jabassi zu vertreiben, wurde die Stimmung 
sehr kalt. Herr Merfield, ein deutschredender 
Engländer, erklärte uns, ihre Niederlagen wären 
ohne die Tätigkeit von Spionen nicht möglich 
gewesen. Daß dieser Verdacht auf uns fallen 
würde, hatten wir nicht vergeblich befürchtet. 
Herr B. wurde unter diesem Verdacht kriegsge- 
fangen abgeführt und mir wurde erklärt, es sei 
  
Befehl des kommandierenden Generals, wir Neu- 
trale müßten auch fort. Wir hätten uns bereit 
zu machen bis nächste Woche, wo dann ein 
Dampfer abfahren werde. Das wurde vier= bis 
sechsmal wiederholt, damit wir es ja verstehen 
sollten. Man suchte es uns mit allen möglichen 
Gründen auszureden, etwa heim in die Schweiz 
reisen zu wollen, und man hätte es gern gesehen, 
wenn wir uns nach Fernando Po hätten 
setzen lassen, wo wir hätten darben müssen. 
Herr Paul hatte mir anerboten, ich könne 
mein Besitztum behufs Aufbewahrung zu ihm 
bringen lassen. Aber auch wenn die Umstände 
eine Benutzung dieses Anerbietens erlaubt hätten, 
wäre es mir fraglich erschienen, ob es einen Wert 
gehabt haben würde. Ich hatte genug gesehen, 
wie das Eigentum Neutraler „aufbewahrt“" wurde, 
vom Privateigentum gar nicht zu reden, das die 
Engländer zu schützen versprochen hatten. Ob- 
schon sie gebeten wurden, das Missionseigentum 
in den verschiedenen Häusern schützen zu wollen, 
geschah nichts, um die Plünderung zu verhindern. 
Die regelmäßige Antwort auf unsere Bitte um 
Bewachung der Missionshäuser war: „Zu diesem 
Zweck haben wir keine Soldaten übrig; wir müssen 
alle gegen die Deutschen schicken.“ Dabei sahen 
wir aber müßige Soldaten zu Hunderten herum- 
sitzen. Erst als sich die Plünderungslust 
auch auf Faktoreien erstreckte, deren In- 
halt den derzeitigen Machthabern selbst 
begehrenswert erschien, wurden jene richtig 
bewacht. So kam es, daß nicht nur das Privat- 
eigentum der Missionare verschiedener Nationalität, 
sondern auch die Möbel sowie die Lager der 
Missionsagentur und Missionsbuchhandlung ge- 
raubt wurden. Das geschah keineswegs nur 
durch Eingeborene, sondern die Soldaten 
der vereinigten Marinemächte waren meist 
die Anführer, meist schwarze, hie und da 
aber auch weiße. Einen schwarzen Soldaten 
trafen wir daran, mit einem Haumesser eine Tür 
im Missionsgehöfte zusammenzuhacken. Das erste, 
was er den Zimmern entnahm und an Einge- 
borene verteilte, war Wäsche. Was weiter folgte, 
konnten wir nicht mehr beobachten, da ein anderer 
Negersoldat uns unliebsame Zuschauer vor der 
Spitze seines Bajonetts wegbeförderte. Diese 
Räuber müssen englische Soldaten gewesen sein, 
da sie uns zu einem englischen Offizier brachten. 
Ein anderes Mal trafen wir einen französischen 
Neger in Uniform damit beschäftigt, den Kassen- 
schrank unserer Agentur zu öffnen. Ich hörte 
nachher, er habe zum Offnen desselben drei Tage 
gebraucht und merkte auch, daß das Fehlen jeg- 
lichen Bargeldes darin auch weiße Franzosen nicht 
befriedigt hatte. Ein solcher, der auch etwas 
deutsch sprach, erkundigte sich bald darauf auf
	        
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