Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Die erbeuteten Gewehre werden wohl 
ein paar alte Vorderlader der Eingebo- 
renen gewesen sein. Es ist demnach wirklich eine 
Tat von außerordentlicher Bedeutung, die der 
Gouverneur von Britisch-Njassaland seinem Kolo- 
nialsekretär melden konnte. 
Im Anschluß daran dürfte es von Interesse 
sein, zu erfahren, auf welche Weise der Dampfer 
„Hermann von Wissmann“ seiner Zeit den 
Engländern in Sphinrhafen in die Hände feiel.“) 
Vor kurzem ist darüber folgender Bericht des 
Bezirksamts Neulangenburg eingegangen. 
„Nach Angabe eines Schwarzen, der dabei 
zugegen war, hat sich die Gefangennahme der 
Dampferbesatzung wie folgt zugetragen: 
An dem fraglichen Morgen — nach der Mit- 
teilung des Schiffsführers Mosler am 13. August 
1914 — nach Angabe von anderer Seite am 
7. August 1914 — bei Tagesgrauen, als die 
Europäer noch in ihren Zelten lagen und schliefen, 
erschien der englische Dampfer und gab mehrere 
Schüsse ab. Mosler wurde von seinem Diener 
geweckt mit dem Bemerken, die Engländer schössen, 
es müsse wohl Krieg sein. Mosler glaubte dieses 
nicht, zog sich aber an und fuhr mit seinem Boot 
an Bord, um den ihm bekannten Kapitän des 
englischen Dampfers zu begrüßen. Dort an- 
gekommen, wurde er festgehalten und ihm be- 
deutet, daß er Kriegsgefangener sei. Jetzt wurden 
einige englische Askari zu dem noch in seinem 
Zelt schlafenden Maschinisten Wagner geschickt, 
mit dem Befehl, ihn an Bord zu bringen. Dieser 
lehnte es ohne entsprechende schriftliche Aufforde- 
rung ab. Die Askari kehrten deshalb auf den 
Dampfer zurück. Dann gingen sie in Begleitung 
einiger Engländer nochmals an Land und holten 
Wagner nebst den indischen Handwerkern. Nach- 
dem dies geschehen war, sollen die Askari auf 
Befehl der Engländer drei Freudensalven ab- 
gegeben haben. Nach Angabe des schwarzen 
Gewährsmannes sollen die beiden Deutschen an 
den Händen gefesselt worden sein. 
Die Nachricht von der Mobilmachung ging 
in Neulangenburg am 9. August 1914 nach- 
mittags ein, die von der Kriegserklärung Eng- 
lands am 15. August 1914. Trotzdem alle Nach- 
richten nach Sphinrhafen (Bezirk Ssongea), wo 
der Dampfer zur Zeit auf Helling lag, durch 
Eilboten bestellt wurden, war es nicht möglich, 
die Dampferbesatzung noch rechtzeitig zu benach- 
richtigen.“ 
Soweit die kriegerischen Ereignisse. 
4 r—i 
*) Agl. unsere 1. Mitt. (D. Kol. Bl. 1914, Nr. 23). 
  
  
Über die allgemeine Lage in der Kolonie 
um Mitte März d. IJs. ist amtlicherseits fol- 
gendes bekannt geworden: 
„Deutsch-Ostafrika ist frei vom Feinde, 
ausgenommen die Insel Mafia und den 
Longidoberg (nordwestlich vom Kilimandscharo 
an der deutsch-englischen Grenze), die von Eng- 
ländern besetzt find. Wir halten Taveta in 
Britisch-Ostafrika (östlich vom Kilimandscharo) 
besetzt. Vor der Küste befinden sich folgende 
englische Kriegsschiffe: Linienschiff „Goliathe, 
Kreuzer „Weymouth-, „Hyacinth-, Astraea:, 
* Pyramus--, nach Gefangenenaussage auch Dart- 
mouth-, Hilfskreuzer -Kinfauns Castle= und ein 
zweiter Hilfskreuzer gleichen Typs, ferner armierter 
Kabeldampfer - Duplex-, vier armierte Walfisch- 
fänger, ein Wasserflugzeug (letzteres im März ein- 
getroffen). Von den englischen Schiffen liegen 
stets einige, darunter die „Weymouthe, vor der 
Rufidjimündung, die übrigen fahren längs der 
Küste hin und her und haben nach der Blockade- 
erklärung noch eine Anzahl Daus, darunter auch 
solche, die versteckt an Land lagen, weggenommen. 
Unsere Truppen haben sich durchweg 
hervorragend bewährt. Verpflegung und 
Sanitätswesen funktionierten gut. Ein 
„Rotes -Kreuz“-Komitee und ein Liebesgaben- 
Komitee haben unter Leitung von Frau Gou- 
verneur Schnee größere Summen aufgebracht und 
sich wirksam betätigt. Der Gesundheitszustand 
der Truppe und Bevölkerung war im all- 
gemeinen günstig. 
Die Ruhe unter den Eingeborenen ist — 
abgesehen von ein paar üblichen Viehräubereien 
von Warundi, die zur Rechenschaft gezogen 
wurden — nicht gestört worden. Die Haltung 
der Eingeborenen war, von wenigen Einzel- 
ausnahmen abgesehen, loyal; die Stimmung 
der mohammedanischen Bevölkerung en- 
thusiastisch für den deutschen Sieg, für den 
in den Moscheen gebetet wird. Das Angebot 
von Rekruten aus allen Teilen der Kolonie 
war größer, als eingestellt werden konnten. 
Unter den Eingeborenen einiger Bezirke trat in- 
folge ungünstiger Regenverhältnisse November bis 
Januar Nahrungsmittelknappheit ein. Die Aus- 
sichten sind indessen jetzt, nachdem im Februar 
reichliche Regenfälle eingesetzt haben, für den 
größten Teil der Kolonie gut. Die Kopfsteuern 
sind im ganzen Schutzgebiet glatt ein- 
gegangen und bleiben hinter dem Erträgnis des 
Vorjahres nur unwesentlich zurück. 
In einem großen Teil des nördlichen 
Portugiesisch-Ostafrika sind die Ein- 
geborenen aufständisch. Ein Vorgehen der 
Portugiesen gegen die Eingeborenen auf dem 
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