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darüber waren verschieden; es sollen aber etwa
2000 Mann gewesen sein, was ich für zustimmend
halte. Es handelte sich um „Highländer“ in
kurzen Röcken und Buren und Soldaten in
Uniformen, wie solche auch in England getragen
werden. Außerdem wurden etwa 800 Pferde
und 1400 Esel und Maulesel gelandet. Futter
für diese habe ich nur wenig bemerkt, dagegen,
daß Wasserkondensatoren und Feuerlöschapparate
(Dampfspritze) mitgebracht wurden.
Die Deutschen hatten den demontierten Funken-
turm bereits am 14. September, abends 7 Uhr,
gesprengt; die Bahn wurde erst am 18. abends
gesprengt.
Die Engländer richteten sich nunmehr in Lüde-
ritzbucht ein.
Militärgouverneur wurde der bisherige eng-
lische Konsul in Lüderitzbucht, Müller. Dieser
war zur Zeit des Ausbruchs des Krieges in der
Kapkolonie oder in England gewesen und kam
mit den englischen Truppen nach Lüderitzbucht.
Außer Konsul Müller sollen die Engländer auch
andere frühere Bürger aus Lüderitzbucht aus
Kapstadt mitgebracht haben.
Konsul Müller gab am 20. September durch
eine Proklamation bekannt, daß die Stadt besetzt
sei, forderte die Bürger auf, sich den englischen
Münschen zu fügen, sicherte ihnen Schutz und
Schadenersatz für zugefügten Schaden zu ufsw.
Dagegen würde man gegen Unruhen usw. streng
vorgehen. Am 21. mußten sich sämtliche Män-
ner, ihre Waffen zur Ablieferung mitbringend,
melden. Hausuntersuchungen wurden vorge-
nommen. Am 22. September vormittags kam
sehr überraschend der Auftrag, die Männer sollten
sich reisebereit machen, um mittags an Bord eines
Schiffes (Passagierdampfer) nach Kapstadt gesandt
zu werden, ohne daß der Grund für diese Maß-
nahme oder die Absichten der Engländer näher
bekanntgegeben wurden. Es war indessen in
Lüderitzbucht bereits amtlich bekanntgegeben, daß
man in der Union sämtliche Deutsche und ÖOster-
reicher nach Robertsheight als Kriegsgefangene
geführt hatte. Die verheirateten Frauen mußten
ihren Männern folgen, die alleinstehenden und
unverheirateten Frauen konnten freiwillig folgen.
Zur Zeit der Besetzung waren in Lüderitzbucht
wohl noch etwa 500 Weiße anwesend. Hiervon
wurden wohl nur etwa 200 Personen an diesem
Tage abgeführt.
Die Großkaufleute hatten durchgesetzt, daß die
Chefs sowie je ein Angestellter bleiben durften.
Alle Einwohner sollten jetzt einen Paß haben,
und zwar sollte dieser bis spätestens am 25. Sep-
tember, 4 Uhr nachmittags, zugeteilt sein.
Am 26. September, nachmittags 4 Uhr, wurden
wir eingeschifft;".) mit mir zusammen fuhren genau
100 Personen, 56 Männer, der Rest Frauen und
Kinder. Wir wurden mit dem Viehtransport-
dampfer (l!) „Clou Macmillan“ nach Kapstadt
geführt.
Es befanden sich an Bord keine Kabinen,
sondern wir waren beauftragt, Bettzeug mitzu-
bringen. Die Verhältnisse an Bord dieses
schmutzigen Viehdampfers, wo wir in den Ställen
unter Deck untergebracht wurden, waren unglaub-
lich elend: nur Engländer können es wagen,
einer wehrlosen und friedlichen Zivilbevölkerung
derartiges zu bieten! Die Schiffsoffiziere sowie
das uns begleitende Militär waren jedoch an-
ständig und haben ihr möglichstes für uns getan.
Der Mut und die Ruhe der Deutschen waren
bewundernswert. Als der Schlepper, der uns
zum Viehdampfer bringen sollte, vom Kai ab-
fuhr, sangen diese „Kriegsgefangenen“ trotz allem
nochmals „Deutschland, Deutschland über alles“
und „Heil dir im Siegerkranz“, was den Eng-
ländern sehr imponierte.
In Lüderitzbucht waren nunmehr wohl nur
noch etwa 30 bis 40 Männer und etwa 100 bis
120 Frauen und Kinder zurückgelassen worden.
Die Zurückgebliebenen waren außer den Groß-
kaufleuten nur noch einige Angestellte am Wasser-
werk und Elektrizitätswerk (um diese Anlagen im
Gange zu halten) sowie die noch in Lüderitzbucht
befindlichen zwei Beamten der Bahn. Der Rest
der Bahnbeamten war oben im Lande, da die
Betriebsleitung rechtzeitig verlegt worden war.
Da die Engländer Personal für Elektrizitäts-
und Wasserwerk mitgebracht hatten, war man
allgemein der Ansicht, daß der Rest mit dem
letzien Transport nach Kapstadt geschickt werden
würde. Ich habe in Kapstadt nichts mehr über
das Schicksal dieser Leute erfahren.
Die Engländer hatten viele Geschütze
mitgebracht und begannen sofort, die Stadt
zu befestigen. Die Einwohner durften sich nur
beschränkt in der inneren Stadt bewegen. Man
konnte aber doch bemerken, daß auf den Anhöhen
kleine Forts gebaut und Geschütze hinaufgebracht
wurden, so z. B. auf die Anhöhe, wo die katholische
Mission liegt. Das Fort lag mit Richtung gegen
den Burenkamp. Ebenso wurden Geschütze auf
den Diamantberg hinter der deutschen Kaserne
gebracht. Ferner befestigte man die Stadt gegen
die Seeseite; so z. B. wurde bei der Ausfahrt
bemerkt, daß auf den „Nautilus-Berg“ vier Ge-
schütze gebracht worden waren. Die Hoeifischinsel
war abgesperrt, so daß Beobachtungen dort nicht
*) Auch der Berichterstatter, obwohbl Angehöriger
eines neutralen Staates, war mitausgewiesen worden.