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Am 7. Oktober erreichte uns die Nachricht,
daß mehrere größere, mit Kanonen ausgerüstete
Flußdampfer vor Jabassi lägen, ein heftiges
Granatfeuer auf das Bezirksamt und die Euro-
päerwohnungen eröffnet hätten, und daß etwa
1500 schwarze Soldaten sowie viele Europäer
gelandet worden seien. Es entspann sich dann
ein heftiges Gefecht, bei dem es jedoch der nur
etwa 300 Mann starken deutschen Schutztruppe
unter Führung von Hauptmann Heedicke gelang,
die Engländer zurückzuschlagen. Annähernd
150 Farbige und 15 Engländer sollen dabei
auf feindlicher Seite gefallen sein, während von
der deutschen Truppe nur 5 farbige Soldaten —
3 davon beim Kentern eines Bootes — den Tod
fanden. Am Tage darauf wurde die Kanonade
auf Jabassi aufs neue eröffnet, diesmal mit
solcher Heftigkeit, daß die deutsche Truppe, welche
keine Kanonen, sondern nur Maschinengewehre
besaß, vor den feindlichen Granaten nicht stand-
halten konnte und sich von Jabassi zurückziehen
mußte.
Hierdurch wurde den Engländern auch der
Weg nach Nyamtang frei. Anfänglich hofften
wir, daß sie sich mit der Einnahme Jabassis be-
gnügen würden. Gestärkt wurden wir in diesem
Glauben durch eine Notiz der „Kamerun-Post",
nach welcher aus Togo gemeldet wurde, daß
Engländer Privateigentum respektieren. Als wir
jedoch durch Eingeborene erfuhren, daß sie in
Jabassi nicht nur die Regierungsgebäude, son-
dern auch sämtliche Geschäfte deutscher
Firmen und deren Wohnungen, sogar die
Basler Missionsstation ausgeraubt und den
dortigen Missionar abgeführt hätten, da wurde
es uns immer klarer, daß auch Nyamtang nicht
verschont bleiben würde. Es vergingen jedoch
noch vier Wochen, bis sie es wagten, den Weg
dahin zurückzulegen.
Es war am 6. November, als während
des Mittagessens einer unserer Zöglinge uns
meldete, daß englische Soldaten sich auf dem
Hofe herumschlichen. Wir begaben uns sofort
alle auf die vordere Veranda. Kaum hatten die
Soldaten uns bemerkt, als etliche auch schon ihre
Gewehre auf uns anlegten. Andere zerrten
und stießen uns in Gegenwart von Eingeborenen,
unter denen wir jahrelang gearbeitet hatten, die
Treppe hinunter und zwangen uns, ohne Be-
deckung in den glühenden Strahlen der Mittags-
sonne zu stehen und zuzusehen, wie verschiedene
Soldaten durch die Zimmer gingen und alles
Greifbare an Geld, Uhren und anderen Wert-
sachen in ihre Rucksäcke wandern ließen. Als
bald darauf ein Oberst mit anderen Offizieren
erschien und ich mein Befremden darüber äußerte,
daß Engländer eine Missionsstation in solcher
K G —
Weise überfallen, sowie mich über die schmachvolle
Behandlung von seiten englischer Soldaten be-
schwerte, erhielt ich zur Antwort: „Krieg ist
Krieg“. Auf unsern Hinweis, daß wir ameri-
kanische Bürger seien, erwiderte uns der Oberst,
daß er strenge Weisung habe, alle Weißen,
ohne Ausnahme, gefangen zu nehmen und
somit auch wir bis zum nächsten Morgen zur Ab-
reise bereit sein müßten. Sofort wurden alle Ein-
gänge des Hauses mit Posten bestellt, Schützen-
gräben wurden rings um den Hügel ausgeworfen,
Kanonen, Maschinengewehre und Zelte aufgestellt,
so daß der eben noch friedlich daliegende Missions-
hof, auf welchem auch die etwa 700 schwarzen
Soldaten sich niedergelassen hatten, einem Kriegs-
lager glich. Meine Bitte, doch wenigstens
Missionar Orthner, der auch Amerikaner ist, zu
erlauben, zum Schutze des Eigentums dazubleiben,
wurde einfach abgewiesen. Auf meine Frage,
was denn aus dem Missionseigentum und dem
persönlichen Besitz werden würde, erhielt ich zur
Antwort, daß das Missionseigentum wohl dem-
selben Schicksal verfallen würde, welches Kirchen-
eigentum in Frankreich beim Einzug der Deutschen
getroffen habe, und daß wir von unserem per-
sönlichen Eigentum nur so viel mitnehmen dürften,
als wir auf dem Missionsgrundstück Träger auf-
bringen könnten. Da nun aber am Morgen
dieses Tages die meisten unserer Schüler nach
Hause gegangen waren, bedeutete dies für uns,
daß wir den größten Teil unseres Eigentums
zurücklassen mußten. Schweren Herzens machten
wir uns daran, das Notwendigste in etlichen
Koffern und Kisten unterzubringen; aber wir
kamen nicht sehr weit, denn als der Tag sich
neigte, sagte man uns, daß kein Licht gebrannt
werden dürfte. Wir trugen dann alles, was
nicht eingepackt werden konnte, in zwei kleine
Zimmer, die sicher verschlossen werden konnten.
Unser Vieh sowie unser Proviantbestand, zu-
sammen im Wert von etwa 1100 Mark, wurde
requiriert. Als ich eine Quittung darüber
forderte, sagte man mir, daß ich sie am nächsten
Morgen bekommen würde; ich habe sie jedoch
trotz aller meiner Bemühungen bis heute nicht
erhalten. In Duala gab mir ein Offizier, als
ich ihn auf unsern Verlust aufmerksam machte,
zur Antwort, ich solle froh sein, überhaupt etwas
gerettet zu haben.
Daß unser Abschied von der Stätte unserer
langjährigen Wirksamkeit unter solchen Umständen
ein recht schmerzlicher war, läßt sich denken.
Besonders schwer wurde es meiner Frau, die
infolge des Erlebten sich am Morgen so elend
fühlte, daß sie sich kaum aufrecht halten konnte.
Recht froh waren wir deshalb, als es uns in
dem letzten Augenblick noch möglich wurde, eine