Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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wird, ähnlich wie es in den dichtbevölkerten 
Gegenden des südlichen Togo der Fall ist. Die 
Besucherzahl ist sehr verschieden: sie betrug auf 
dem gänzlich isolierten Basongo nicht mehr wie 
120 Personen, sie erreichte auf der Station 
Luluaburg 500 bis 600, auf der Missionsstation 
St. Joseph 2000, auf der Missionsstation Hemptinne 
und in Tshitadi 3500. Die Besucher sind auch 
hier ganz Überwiegend Frauen. Der Lokalhandel 
in geringfügigeren Werten ist Sache der Frauen. 
Erst der Handel über größere Entfernungen mit 
Reisen, die ein Übernachten außerhalb des eigenen 
Dorfes verlangen, und der Handel mit den hoch- 
wertigeren Schafen und Ziegen wird Sache der 
Männer. Auf den Märkten werden in erster 
Linie die Eingeborenen = Nahrungsmittel gegen- 
einander getauscht: Palmöl, Maniok, Mais- 
mehl, Bataten, Hühner, Tauben, Ziegen, 
Schafe, Ameisen (eine außerordentlich ge- 
schätzte Leckerei), Pilze, daneben Matten, Farben 
zum Bemalen des Körpers in rot und weiß, 
Messer und Hacken der Hausindustrie der Ein- 
geborenen. Es erscheinen aber auch farbige 
Händler und Händlerinnen mit kleinen Beständen 
an europäischen Stoffen und verkaufen diese zu 
recht hohen Preisen. Die Stoffe sind die be- 
kannten Amerikani, Kainicki, ein roter Stoff 
„Tukulla“ und englische, belgische und deutsche 
Buntdrucke, die die Händler von den Dampfer- 
besatzungen oder von den weiter entfernten Fak- 
toreien bezogen haben. Vielleicht ist dieser Handel 
mit Stoffen ein Fingerzeig für eine sich im Be- 
zirk niederlassende Firma, auch die von ihrem 
Sitz entfernteren Märkte durch Wanderhändler ähn- 
lich, wie es schon jetzt in der Province orientale 
von Stanleyville aus geschieht, besuchen zu lassen. 
Die für kaufmännische Unternehmungen wich- 
tigsten Orte sind: Luebo, Luluaburg, Tshitadi, 
Mushenge, Lodi, Tshikapa, Brabanta und die 
Regierungs= und Missionsstationen. 
Für den Einkauf durch Europäer stellen sich 
die Lebensmittelpreise") etwa wie folgt: 
Maniokwurzeln, 40—60 St. 1,00 Fr. 
Maiskolben, 500 St. 1,00. 
Bohnen, 1 kg 0,30 Fr. (1 1 0,06 Fr.) 
Erdnüsse,. 1 D0,85 (1- 0,06 ) 
Reis, 1 = 0,25—0,50 = (1-0,06 -) 
Süßkartoffeln, 1kg 0,10 
Zwiebeln, 1 - 0,75— 1,00 = 
Eier, das Stück 0,05— 0,10 Fr. (0,015 Fr.) 
Hühner, : 0,25— 1,00 = (0,42 -) 
2,00 — 4,00 
Enten, ODA 
*) Jn den Klammern die von Wissmann 1881.85 
nach seinen Tauschartikeln, in ersfter Linie Kattun, 
Messingnägeln, Perlen, Kaurimuscheln, Pulver, errech- 
neten Preise. 
  
— 
Ziegen, das Stück 4,00—14,00 Fr. (1,76 Fr.) 
Schafe, 7,00—18,00 (1,76 -) 
Tauben, OD 0,50 
Fische, 1 kg 1,50 (0,06 „) 
Die Preise werden innerhalb dieser Grenzen 
durch die Zahl der vorhandenen Europäer und 
die Menge der vorhandenen Lebensmittel bestimmt. 
In den meisten Gegenden läßt sich der einzelne Ein- 
geborene noch für 0,05, höchstens für 0,10 Fr. pro 
Tag ernähren. Die Verpflegung der sehr gut 
gehaltenen Arbeiter der Bahn Bascongo—Katanga 
stellte sich auf 0,07 Fr. pro Tag und Kopf. Als 
Zahlungsmittel kursieren auf den Eingeborenen- 
märkten noch ganz üÜberwiegend die alten ein- 
heimischen Zahlungsmittel: die Kupferkreuze im 
Werte von 3 und 5 Fr., mit denen in gewissen 
Gegenden besonders die Frauen gekauft werden, 
Kauris — in Luebo hatten 500 Muscheln den 
Wert eines Franken, Wissmann gibt den Wert eines 
Kauri noch auf 1 Cent. an —, Djimbus — eine 
andere Muschelart —, spitze Muscheln, aus Loanda 
stammend, namentlich bei den Bakubas beliebt 
und zwischen Kwilu und Lubue, in Werten von 
2 und 5 Fr., Eisenbarren von 20 cm Länge und 
2 cm Höhe und Breite bei den Bashilele, Ba- 
kongo und Babunda, d. h. im Westen und Nord- 
westen des Bezirks. Bei den Bapunda soll man 
in der Gegend von Kamtscha noch heute für eine 
solche Eisenstange einen Knaben kaufen können, 
ein Beweis für die hohe Bewertung des Eisens 
bei diesen kriegerischen Stämmen und für die 
Armut jener Gegend an Mineralien. Im Osten 
werden diese alten Zahlungsmittel durch die aus 
Europa stammenden blauen und weißen Glas- 
perlen in verschiedenen Formen verdrängt. Bar- 
geld ist auf diesen Eingeborenenmärkten nur aus- 
nahmsweise sichtbar, ja, man kann zuweilen sehen, 
daß der glückliche Besitzer einiger Franken diese 
selbst als Ware den Leuten anbietet, die ihre 
Steuer noch nicht bezahlt haben. Jedenfalls fehlt 
der Münze in dem weitaus größten Teil des Be- 
zirks noch vollkommen der Charakter des allge- 
meinen Zahlungsmittels. 
Neben den Stoffen sind als europäische Artikel 
gewünscht in erster Linie Salz, das überall ver- 
langt wird und für das man ohne Schwierigkeiten 
überall die erforderlichen Lebensmittel eintauschen 
kann. Außerdem sind es der niedrigen Kultur- 
stufe der Eingeborenen entsprechend Hacken für 
die Feldbestellung, Messer, Löffel, Töpfe und 
Blechtassen für die Träger, vor allem auch Pulver 
und Gewehre. An den größeren Orten kann 
auch mit einem beschränkten Absatz von Näh- 
maschinen und Eisenteilen für den Hausbau ge- 
rechnet werden. Im allgemeinen zieht der Ein- 
geborene es vor, für gute Waren etwas mehr zu
	        
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