Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

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aufforderte, ihr umgehend einen gedruckten Bericht 
über den Stand der Verhandlungen mit dem 
Kongostaat und über die wegen des Niltals vor- 
handenen Staatsverträge vorzulegen. 
Dossier Bahr el Ghazal 44—2. Der fran- 
zösische Gesandte richtete unter dem 27. Mai 1894 
au den Kongostaat im Auftrag seiner. Regierung 
folgende Note: 
Le scussigné . . , a reçu l'ordre de son 
Gouvernement de faire savoir à S. E. M. le 
comte de Grelle-Rogier, Sec. d'’Etat pour les 
Aff. Etr. de Etat 1. du Congo, duc le Gouv. 
Français, après avoir pris connaissance de 
TF’arrangement intervenu le 12 de ce mois entre 
le Gouv. de la Grande-Bretagne et le Gouv. de 
I’Etat I. dans la region des Grunds Lacs et 
du Haut-Nil, se trouve dans lobligation de 
  
formuler les reserves les plus expresses à 
Tégard d’'un acte dont les stipulations 
Paraissent en contradiction tant avcc les 
accords dui existent entre la France et 1'Etat I. 
du’avec la situation internationale de certaines 
contrées du basin du Haut-Nil. 
(S.) Bourée. 
Mit den etwas dunkeln Schlußworten dieser 
kategorischen Note waren die Rechte Agyptens 
und indirekt der Türkei als der Schutzherrin 
Agyptens über den ägyptischen Sudan sowie die 
Aufrechterhaltung der Integrität des ottomanischen 
Reiches, an welcher Fiktion die französische Politik 
damals noch festzuhalten für gut fand, gemeint. 
Die Dossiers enthalten keine Angaben über 
den Gang der Verhandlungen des Kongostaates 
mit Frankreich, die die zitierte französische Note 
alsbald unvermeidbar machte.“) Ob sich der König 
*) Aus anderen Akten ist aber zu ersehen, wie der 
issn rer gegenüber die Uberschreitung des 
n. Br. r gte 
Der ch 8 des Vertrages vom 5. Februar 1885 
legte die Grenze zwischen den beiden Stgatsgebieten 
fest, sowejt sie damals aneinander grenzten, d. h. 
zum 17.9 ö. Gr. Weiter östlich grenzte der Liodabt 
im Norden nicht an französisches Gebiet, weil es ein 
solches damals noch nicht gab. 
Die Tragweite des § 5 bezog sich nicht darauf, 
die beiderseitigen Gebiete n#bzugrenzen, sondern es sollte 
dieser Paragraph nur darlegen, inwieweit Frankreich 
auf Grund der dem Vertrag beigefügten Karte die 
Neutralität des Besitzes der Association Internationale 
anzuerkennen bereit war. Diese in § 5 angegebenen 
Grenzen waren aber nicht für alle geiten unwider- 
ruflich festgelegt. Sie stellten nur den Besitz der 
Association zu joner Zeit dar, der sich durch spätere 
Verträge oder durch Neubesetzungen von Gebieten jeder- 
zeit ändern konnte. Die wirklichen politischen Grenzen 
des Kongostaates wurden durch förmliche territoriale 
Abmachungen mit den Nachbarstaaten bestimmt. So 
fielen die Grenzen des Gebietes, das der Kongostaat 
am 1. August 0% Frankreich als neutrales Gebiet 
notifizierte, nicht völlng mit denjenigen zusammen, auf 
die sich der § 5 des französisch-kongolesischen Vertrages 
  
in dieser Angelegenheit mit der Bitte um Hilfe 
und Unterstützung nach London gewendet hat, ist 
nicht zu erkennen. Jedenfalls ward die englische 
Regierung über den Gang der Verhandlungen 
zwischen dem König und der französischen Regie- 
rung durch ihren Pariser Botschafter täglich auf 
dem laufenden gehalten, tat aber nichts, um dem 
König zu helfen. 
Das geht aus einer Note Salisburys an den 
Kongostaat vom 11. Dezember 1896 (Dossier 
Bahr el Ghazal 44—2 Documents diplomati- 
dues III) hervor, in der es heißt: 
„Le Gouv. de Sa Majesté eut connaissance 
des grandes lignes de l’arrangement avec la 
France uvant qu’il fut complet, et ne s'opposa 
pas au désir de Sa Majesté le Roi des Belges 
de le signer, mais le Gouv. Britannique ne prit 
bart à cet arrangement en aucune maniere, et 
in annonça au Parlement le 16 acüt 1894, due 
le territoire situk au Nord de Lado et dans le 
vorsant oecidental du Bassin du Nil restait 
compris dans la sphère T'influence Britan-- 
niqduc, sous la réserve des droits de la Turquie 
et de I’Egypte, comme avant la signature de 
’arrangement.“") 
bezog. Indem die französische Regierung von dieser 
Notisikation ohne jede Bemerlung Kenntnis nahm, er- 
kannte sie selbst an, daß die Grenzen, innerhalb deren 
sie die Associarion anerkannt hatte, nicht für alle Zeiten 
unveränderlich seien. Das Protokoll von 1887 ist an 
sich schon der beste Beweis dafür, daß die französische 
Regierung den 4. Parallel nicht als unbedungte Grenze 
des Besitzes des Kongostaates Frankreich gegenüber 
ansah. Wenn sie geglaubt hätte, unbedingte Rechte 
auf die Gebiete nördlich des 4. Parallel zu haben, so 
würde sie doch höchst wahrscheinlich nicht dem Kongo- 
staat, ohne eine Entschädigung zu fordern, die Gebiete, 
die sich möglicherweise im Osten des Ubangi befinden 
konnten, überlassen haben. Anderseits würde, wenn 
es zutreffend gewesen wäre, daß der Kongostaat vom 
4. Parallel durch den Bertrag vom 5. Februar 1885 
unbedingt begrenzt wird, es vollständig überflüssig ge- 
wesen sein, daß Frankreich in dem Protokoll von 1887 
anführte. daß der Kongostaat keinerlei politische 
Rechte im Norden dieses Parallels auf dem rechten 
Ufer des llbangi auszuüben habe. 
*) Der König hatte alsbald nach Abschluß des Ver- 
trages mit England vom 12. Mai 1894 die wirtschaft- 
liche Ausbentung der ihm soeben überlassenen Pacht- 
gebiete der von ihm gegründeten Sociécté Générale 
Alricaine übertragen. Der Vertrag vom 25. Juli 1894 
bestimmte, daß die Gesellschaft berechtigt sein solle. 
Kautschuk, Gummi, Ropal, Elfeubein, Straußenfedern 
und andere Produkte zu sammeln, Bergbau zu be- 
treiben und Pflangungen von Kaffee, Tabak usw. an- 
zulegen. Hierbei sollten aber die Hechue- und Interessen 
der Eingeborenen geschont und ihnen die Gelegenheit, 
Holz zu sammeln und * Kulinren auszudehnen, nicht 
beschnitten werden. Die Gesellschaft hatte alle gesetz- 
lichen Stenern und Abgaben zu nuagen sowie für jedes 
Kilogramm Kautschuk 0,30 Cents Domanialgebühr zu 
ichten. 
entri ár 4 
umittelbar darauf, am 1. August 1894, schloß der 
Bankier Alex. Brown de Tiège namens der Société
	        
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