Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

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unter gleichzeitiger Verlängerung seiner Form 
bis zum Parallel 6 ½ nördl. Br. so umzugestalten, 
daß er auf einen Abstand von 40 Miles vom 
westlichen Nilufer abgedrängt wurde, so daß 
England in den ungestörten Besitz beider Nilufer 
gelangte. England schlug als östliche Grenze des 
neuen Pachtgebietes den Lauf des Mei, eines 
linken Nebenflusses des Nil, vor, im Norden sollte 
im allgemeinen der Parallel 6° 30“ bis zur Kongo- 
Nil-Wasserscheide die Grenze bilden, doch sollten 
dabei die topographischen Verhältnisse und die 
Stammesgrenzen Berücksichtigung finden. Inner- 
halb einer gewissen Zeit, etwa ein Jahr nach dem 
Zustandekommen dieses neuen Vertrages, sollte 
der Kongostaat verpflichtet sein, alle Stationen 
östlich der neuen Grenze zu räumen. Das gleiche 
sollte für die englischen Stationen gelten, soweit 
sie westlich dieser Grenze lagen. Bis diese kongo- 
lesischen Posten mit Ausnahme von Lado, für 
dessen Räumung eine dreijährige Frist vorgesehen 
war, geräumt seien, solle der Kongostaat ver- 
pflichtet sein, keine Schritte zu unternehmen, das 
ihm westlich der Yei-Grenze zugewiesene Gebiet 
zu besetzen. Das war ein Punkt, auf den Eng- 
land besonderen Wert legte, dem aber die kongo- 
lesischen Gegenvorschläge stillschweigend aber be- 
harrlich aus dem Weg gingen. Andere Punkte 
des Vertragsentwurfes betrafen den Warentrans- 
port für den Kongostaat auf dem Nil durch den 
ägyptischen Sudan, welcher unter gleichen Bedin- 
gungen wie der der ägyptischen oder englischen 
Waren erfolgen sollte, ferner die Anlage von gewissen 
Handelsdepots durch den Kongostaat am Nil, 
denen aber keine extraterritorialen Rechte zustehen 
sollten, ebensowenig wie den auf dem oberen 
Nil fahrenden kongolesischen Handelsschiffen. Die 
englische Regierung versprach ferner, den Bau einer 
Eisenbahn durch eine belgisch-englische Gesellschaft 
vom Nil nach dem Kongostaat zuzulassen. Ein 
letzter Paragraph bestimmte schließlich, daß die 
vom König im Nilgebiet gewährten Konzessionen 
nur für das neu zu vereinbarende Pachtgebiet 
Gültigkeit haben sollten. 
Dieser erste englische Entwurf wurde am 
25. Januar 1902 überreicht, ihm antwortete ein 
kongolesischer vom 6. Februar 1902, der aber 
die eigentlichen Absichten des Königs nicht ent- 
hüllte. Ihm war das angebotene Gebiet in 
seinem unersättlichen Landhunger an sich zu klein, 
er wünschte das ganze Dei-Tal mit seiner Be- 
völkerung zu besitzen und dann vor allem eine 
Ausdehnung des Pachtgebietes nach Nordwest zu 
gegen die französische Grenze hin. Um die Katze 
nicht im Sack zu kaufen und um über die zu 
erwerbenden Gebiete Klarheit zu gewinnen, ent- 
schloß er sich 1902, während die Verhandlungen 
noch schwebten, den durch seine astronomischen 
  
  
Ortsbestimmungen und topographischen Aufnah= 
men im Katangagebiet sich ausgezeichnet haben- 
den Capt. Charles Lemaire an der Spitze einer 
starken zweiten „wissenschaftlichen"“ Expedirion?) 
nach dem Pachtgebiet zu entsenden. Die ge- 
heimen Ziele und Absichten des Königs gehen am 
deutlichsten aus einem Erlaß an den General- 
gouverneur in Boma hervor, der deshalb hier 
folgen möge: 
Bruxelles, le 30 Juillet 1902. 
No. Sp. 1399. 
Obict: Mission Lemairc. 
Monsicur le Gouverneur Général, 
Quelques pourparlers ont eu lieu relative- 
ment au bail à longue durée, dont les limites 
sont fixées par la convention de 1894 qui 
Dorte: 
Folgen die bekannten Bestimmugen des Vertrages. 
I'idẽe anglaise serait de remplacer le bail 
par une cession en toute souveraineté à I'Etat, 
d'une sorte de quadrilatèere formé par la 
rivière Vei, jusqu’au paralleie 6° 307 de lati- 
tude Nord, ce parallele, et à I'Ouest, la eréte 
de partage des caux du Nil et du Congo. I 
serait ltenu compte, dans la délimitation defini- 
tive à adopter, des limites des territoires occu- 
Dés par les iribus. II en résultera des pertes 
et des gains de territoires, entre lesquels il 
faudra due nous cherchions à faire une 
*) In seinem fast krankhaft zu nennenden Bestreben, 
koste was es wolle, im Bahr el Ghazalgebiet, dessen 
angebliche Kupferminen seine Phantasie besonders 
reizen mochten, festen Fuß zu fassen, hatte der König 
fast gleichzeitig eine weitere „wissenschaftliche“ Expedi- 
tion unter den Capt. Royaur und Van Landeghem 
ausgesandt, die von dem Sitz des Asande-Häuptlings 
Doromna aus längs der Kongo-Nil-Wasserscheide er- 
neut nach Hofrah en Nahas und den dortigen Kupfer- 
minen vordringen sollte. Hier hatte Leopold schon am 
15. Mai 1894 durch den Capt. Comm. Nilis mit dem 
Sultan Hassein einen Vertrag wegen des Erwerbes 
der Kupfererglager abschließen lassen, der aber infolge 
er Mahdiunruhen ohne praktische Folgen geblieben 
war. Royaux langte im Februar 1903 in Dorouma an, 
wo er den dortigen Sultan und den von Tamburn 
durch reichliche Spenden von Zündhütchengewehren zur 
Unterstützung seiner Expedition zu bewegen wußte. 
Landeghem wollte über Tamburu, Dem Bekir und 
Dem Ziber, wo er am 19. April 1903 anlangte, nach 
Darfur weiter vordringen, die englischen Behörden 
verlegten ihm aber von Wau aus den Weg. Bereits 
am 27. März 1903 hat die britische Gesandtschaft in 
Brüfsel energisch Einspruch gegen den Vorstoß der Er- 
pedition erhoben. Ende Juni wurde Royaur tele- 
graphisch angewiesen, vorläufig in Tamburun zu bleiben, 
und am 5. Oktober erfolgte von Brüssel angesichts der 
drohenden Stellung Englands die Drahtanweisung an 
Royaux, die Erpedition aufzulösen. Tamburu wurde 
im Dezember 1903 von den sudanesischen Gouverne- 
mentstruppen besetzt. Die erheblichen Kosten dieser 
Expedition waren ganz umsonst ausgegeben.
	        
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