Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

G 248 2 
indigènes pour l’occupation, à un titre quel-- 
conque, de parties du sol, ne sera reconnu par 
le gouvernement et ne sera protégé par lui, à 
moins duc le contrat ou la convention ne soit 
fait à P’intervention de Tofficier public commis 
par P’administrateur général et d’apreès les 
frögles due ce dernier tracera dans chaque cas 
articulier. 
2. Nul n'a le droit d'’orcuper sans titre des 
terres vacantes, ni de dépossder les indigènes 
des terres du’ils occupent; les terres vacantes 
doivent etre considérées comme appartenant 
à I'Etat. 
Wenn diese Vorschrift die Eingeborenen davor 
schützen sollte, ihrer Ländereien durch Zugriffe der 
Weißen verlustig zu gehen, so war sie durchaus 
im Sinne der Kongoakte, vorausgesetzt, daß ein- 
wurfsfrei und klar festgestellt wurde, was unter 
„terres vacantes“, herreuloses Land, zu verstehen 
war, und daß diese herrenlose Gebiete unparteiisch 
und unter Anhörung der Eingeborenen ermittelt 
wurden. Eine solche vernünftige und sachgemäße 
Regelung der Landfrage schien diese Ordonnance 
auch anzustreben, denn bei ihrer Veröffentlichung 
wurde in einer gleichzeitig ergangenen Prokla- 
mation gesagt: „Le décrct a pour but T’assurer, 
dans les formes qui seront prescrites, la recon- 
naissancc des droits acquis, et de permettre 
organisation régulière, dans un avenir pro- 
chain, de la propriété foncière de I’Etat. En 
attendant, pour éGCviter des contestations et des 
abus, l’administrateur générol, autorisé par le 
Souverain, arrôte . . ... Es folgt dann die 
oben angeführte Ordlonnance. 
Aber schon sechs Jahre später wurde durch ein 
geheimes, erst viel später allgemein bekannt ge- 
wordenes Dekret vom 21. September 1891 dieser 
anscheinend liberalen und nach dem Sinn der 
Kongoakte allein möglichen Land= und Wirt- 
schaftspolitik ein jähes Ende bereitet. Die Agen- 
ten des Staates wurden angewiesen, schleunigst 
die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um dem 
Staat die Verfügung über die Naturerzeugnisse, 
namentlich das Elfenbein und den Kautschuk, zu 
sichern. In der Folge wurde in dem allergrößten 
Teil des Staatsgebietes der Landbesitz der Ein- 
geborenen auf die von ihnen derzeit angebauten 
Felder beschränkt und keine Rücksicht auf ihre Ge- 
wohnheiten und Bedürfnisse bei Todesfällen oder 
Epidemien, die Dörfer zu verlegen bzw. durch 
Klärung unberührter Waldstrecken die mangels 
regelmäßiger Düngung bald erschöpften Felder 
anderweitig zu ersetzen, genommen. Die neue 
Domanialpolitik erklärte alle Produkte des Waldes 
als Staatseigentum, ihre Sammlung von seiten 
der Eingeborenen als Diebstahl und den Ankauf 
  
derselben durch freie Faktoreien europäischer Kauf- 
leute als Hehlerei. 
Allen Beschwerden der durch diese Maßnahmen 
in ihrer Existenz bedrohten Handelsgesellschaften 
und Einzelkaufleuten gegenüber erklärte der 
Kongostaat, gestützt auf die rein theoretischen Gut- 
achten einer Reihe von belgischen und fremd- 
ländischen, französischen, englischen, deutschen und 
russischen Rechtskundigen, daß am Kongo die voll- 
ständigste Handelsfreiheit herrsche. Er müsse aber 
mit einer vorhandenen Tatsache rechnen. Fast das 
ganze Staatsgebiet sei herrenlos. Ihm stehe das 
von allen zivilisierten Staaten befolgte Sonve- 
ränitätsrecht zu, sich diese herrenlose Gebiete an- 
zueignen und frei darüber zu verfügen. Er habe 
sogar die Pflicht, nichts zu vernachlässigen, um aus 
den Staatsdomänen allen erreichbaren Nutzen zu 
ziehen, um damit dann den allgemeinen Inter- 
essen des Landes zu dienen. Der Kautschuk als 
natürliches Produkt des ihm gehörigen Landes 
sei sein Eigentum. Die Ausbeutung der Staats- 
ländereien, der Verkauf ihrer Erträgnisse bedeute 
nicht Handel treiben. Das sei seine Privatange- 
legenheit. Die Berliner Akte verbiete Monopole 
und Handelsprivilegien. Da aber der Staat keinen 
Handel treibe, würde man vergeblich nach einem 
Handelsmonopol suchen. Grund zu einer Be- 
schwerde sei höchstens vorhanden, falls der Staat 
systematisch die Erteilung von Konzessionen an 
andere als an Belgier und Kongountertanen ver- 
weigere. Da aber alle Welt gleichmäßig behandelt 
werde, werde die Gleichheit zwischen den Natio- 
nalen und Fremden vollkommen gewahrt. Der 
Handel habe daher keinen berechtigten Grund zu 
Klagen. Wenn er beengt und gehindert werde, so 
sei nicht der Staat daran schuld, sondern Um- 
stände, die er nicht geschaffen habe und aus denen 
cinen Vorteil zu ziehen, er das volle Recht habe. 
Mit dieser Ansicht stand freilich das von dem 
Urheber der Berliner Kongokonferenz feierlich 
verkündete Ziel und die grundlegende Idee der- 
selben, allen handeltreibenden Nationen den Zu- 
tritt zum Innern von Afrika zu erleichtern, in 
einem schneidenden Gegensatz. Denn den Ge- 
dankengängen dieser Konferenz entsprechend schien 
der Kongostaat dazu berufen, alle Schranken für 
den Handel beseitigen und niederlegen zu helfen 
und seine sonstigen Aufgaben auf die Regierung 
und Verwaltung des ihm zufallenden Gebietes zu 
beschränken. 
Nach der Veröffentlichung des noch dazu sehr 
milden Berichtes der Untersuchungskommission 
über die Zustände am Kongo vom 30. Oktober 
1905 erschienen in Brüssel in Jahre 1906 zwei 
Bücher, die im Lande sehr großes Aufsehen er- 
regten: In seiner „Etude sur la situation de 
I Etat Indépendant du Congo“ legte der Brüs-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.