328 20
die andern großen handeltreibenden Mächte
der Welt zu einer Liga gegen uns vereinigen.“
Meine Herren! Soweit ist es jetzt gekommen!
Die britische Handelspolitik hat sich in der Tat um-
gekehrt. Das England, dessen Söhne so stolze Säße
aussprechen konnten, ist heut ohnmächtig. Bisher
galt die englische Oberhoheit in einem über-
seeischen Gebiete auf der ganzen Welt als Ga-
rantie für die Rechtssicherheit der Person und
des Eigentums. Besonders der deuische Kauf-
mann steckte seinen Fleiß, seine Intelligenz und
sein Kapital fast ebenso gern in Kolonial-Unter-
nehmungen auf englischem Hoheitsgebiet wie auf
deutschem, im Vertrauen auf Englands Kauf-
mannsehre und auf die Billigkeit seiner Recht-
sprechung.
maucher unserer Kaufleute bereit, zu schwören,
daß sein Vermögen während des Krieges in
Englands Schutz sicher anfbewahrt wäre. Es
ist anders gekommen! Der deutsche Kaufmann,
die ganze Welt hat in diesem Punkt gewaltig
lumlernen müssen. Die Liquidationen des deut-
schen Besitzes in den Kolonien Englands sind
mit unerhörter Rücksichtslosigkeit unter Vernichtung
großer Werte vor sich gegangen: die Anusnutzung
des „Trading witu the Enemy'“-Gesetzes, um
sich geschäftlichen Verpflichtungen zu entziehen,
die Vernichtung von Geschäftsbüchern nach gründ-
licher Durchstöberung zum Zwecke des Aufspürens
von Geschäftsgeheimnissen, alles unter der Maske
einer behördlichen Aussichtsführung, das hat ge-
geigt, wie die Regierung, die heute in England
an der Macht ist, diesen Krieg in der Tat zur
Vernichtung des deutichen Handels führt. Lloyd
George hat es kürzlich in seiner großen- Offen=
herzigkeit selbst eingestanden.
Meine Herren! Ich bin mir dessen voll be-
wußt: mit dieser Gesinnung bei unseren Feinden
bleibt der Wunsch und die Hoffuung nach dem
gemeinsamen Aufban der kolonialen Zukunft, auf
die Neuschaffung der verlorenen ideellen Werte
eine Utopie! Es bleibt der Krieg im Frieden,
d. h., auf Afrika angewandt, es bleibt das bis-
herige System eifersüchtigen Wettbewerbs der
Kolonialmächte, unter dem die Emfaltung der
produkliven Kräfte des Landes und der Ausstieg
der Eingeborenen naturnotwendig gelühmt wird.
Noch zu Anfang des Krieges war
Unter diesen Voraussetzungen wird Asrika nicht
den allseits ersehnten Dauerfrieden sichern helfen,
sondern im Gegenteil weiterhin gefährliche Rei-
bungsflächen bieten, an denen sich nur zu leicht
ein neuer Weltbrand entzünden kann.
Meine Herren! Das ist aber nicht die Zu-
kunft Afrikas, von der ich heute abend sprechen
will. Zu dem Bilde Afrikas, wie es mir vor-
schwebt, brauche ich hellere und freundlichere
Farben. Die unerfreulichen und pessimistischen
Gedanken, die uns die Haltung Englands wäh-
rend des Kriegs förmlich aufdrängt, mache ich
mir nicht zu eigen. Meine Herren! Ich lehne
diese Gedankengänge ab, weil kein Friedensschluß
denkbar ist mit der Gesinnung, die heut in
England am Ruder ist. Es ist kindlich, zu
glauben, Deutschland könne sich mit den Expo-
neuten der kriegsvergnügten Borergesinnung
des game dog Sspirits — an den Verhandlungs-
tisch setzen. Wir brauchen einen Umschwung in
allen Ländern zu den besten Aspirationen der
Vergangenheit, und ich darf denienigen für einen
Unverbesserlichen Pessimisten erklären, der einen
solchen Umschwung nicht auch in England für
möglich hält: Der Umschwung muß und er wird
kommen! Deun die Kunockont-Politiker können sich
nur unter einer Voraussetzung halten: nämlich
unter der Voraussetzung, daß sie ihr Versprechen
erfüllen, uus militärisch nmederzuringen und dem
deutschen Volk einen englischen Frieden zu diktieren!
Es ist möglich, daß wir noch lange kämpfen
müssen, bis alle Illusionen, die zum Bestande
dieser Kuockont-Politik gehören, zusammengebrochen
sind, aber sie werden zusammenbrechen! Unsere
Waffen können und werden den Gesundungs-
prozeß beschleunigen, schließlich aber muß sich wie
überall die Natur des Patienten selbst helfen.
Wenn ich also im folgenden die afrikanische
Zukunft schildere, wie ich sie mir denke und wie
Deutschland sie sich wünschen muß, nicht nur um
Deutschlands, sondern um der Menschheit willen,
so setze ich dabei immer voraus, daß noch vor
Kriegsende, in allen Ländern, die Gesinnung zur
Herrschaft kommt, mit der allein das neue Europa,
mit der allein das neue Afrika gebant werden kann.
Das nenue Afrika soll hervorgehen aus der
im Friedensvertrage niederzulegenden Verständi-
gung der beteiligten europäischen Staalen. Die