Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

GV 84 20 
Das zeigt uns, wie tief das Missionswesen in 
Deutschland Wurzel gefaßt hat. Das soll uns ein 
Fingerzeig für die Zukunft sein! 
Auf dem Felde der deutschen Mission in unsern 
Schutzgebieten stehen wir vor Trümmern. 
Diese Trümmer bedeuten aber nun und nimmer 
das Ende der gottgefälligen, segensreichen Arbeit. 
Wenn die Flammen des Weltkrieges, die seit 
mehr als drei Jahren über der leiddurchfurchten 
Erde lodern, gelöscht sein werden, wird sich aus 
der Asche wie der Vogel Phönix das große 
Liebeswerk der christlichen Missionen erheben, mit 
verjüngter Schwungkraft, bereit zu neuem Fluge 
nach den Heidenländern! Wir Deutschen können 
und werden uns von der Aufgabe, Gottes Wort 
allen VBölkern zu verkünden, auch in den Ländern, 
über denen eine andere Flagge weht, nicht ver- 
drängen lassen! Wir werden vor allem die Tore 
unserer eigenen Kolonien den Sendboten der 
christlichen Konfessionen gern und weit öffnen. 
Der Wiederaufbau der Verwaltung in den alten 
Schutzgebieten, in denen die Feinde das deutsche 
Wesen bis auf den Namen auszurotten bemüht 
find, und die Einrichtung einer deutschen Ver- 
waltung in den Ländern, die der Frieden uns, 
so Gott will, als Zuwachs zu unserem Kolonial= 
reiche bringen wird, verlangt, wenn das Werk 
gelingen soll, die Anspannung aller verfügbaren 
Kräfte. 
Der verheerende Einfluß der Ubertragung des 
europäischen Krieges auf die Kolonien und die 
rassenschänderische Verwendung Farbiger auf den 
europäischen Kriegsschauplätzen haben die koloniale 
Arbeit an den Eingeborenen ungeheuer erschwert. 
Das Prestige der Weißen ist erschüttert; ein Teil 
der Eingeborenen ist rückfällig und unbotmäßig 
geworden. Anderseits wäre der bewundernswerte 
Widerstand Deutsch-Ostasrikas undenkbar gewesen, 
ohne die ausdauernde, musterhafte Treue der 
Eingeborenen. Sie darf nicht unbelohnt bleiben. 
  
Wo dagegen in anderen Gebieten die farbige 
Bevölkerung sich ernste Verfehkungen hat zu- 
schulden kommen lassen, werden wir sie streng 
anfassen müssen, aber dabei nicht vergessen dürfen, 
daß viel vom Krieg hervorgerufenes Elend unter 
ihnen zu lindern sein wird. 
Die Missionen sind dazu berufen, an der Er- 
reichung der weitgesteckten Ziele der Kaiserlichen 
Regierung mitzuarbeiten und den staatlichen 
Organen durch die Neubelebung des von den 
Mächten der Entente erschütterten Vertrauens 
der Eingeborenen in die deutsche Verwaltung 
und in die Herrschaft der Weißen überhaupt die 
Wege zu bereiten. Ich weiß, daß unsere Missionare, 
protestantische wie katholische, mit der ersten Ge- 
legenheit hinübereilen werden, um ihre Tätigkeit 
an den Plätzen, von denen der Krieg sie vertrieb, 
wieder aufzunehmen und neue Stätten des Lichtes 
zu gründen. Die deutsche Mission wird wachsen 
mit den größeren Zwecken, und die heimischen 
Gemeinden werden nicht versagen, wenn es gilt, 
die materiellen Grundlagen der üflbberseeischen 
Arbeit im Dienste ihres Bekenntnisses zu stärken 
und zu verbreiten. Wer die Missionen in den 
Schuszgebieten unterstützt, der tut doppelt gut, er 
dient dem Gebot seines Glanbens und fördert 
die Stellung Deutschlands jenseits der Meere. 
Möchte ein baldiger Frieden die Bahn freimachen 
für ein neues und reicheres Erblühen unserer 
Missionsarbeit in einem vergrößerten Deutschland 
über See, zur Ehre Gottes und zum Ruhme 
unseres Vaterlandes!“) 
*) UÜber die katholischen Missionen in den deutschen 
Schutzgebieten unterrichtet am bequemsten das reich 
illustrierte Prachtwerk Professor Dr. J. Schmidlins 
mit dem gleichen Titel (Münster 1913), über die 
evangelischen das Missionsstudienbuch Professor D. J. 
Richters: „Das deutsche Kolonialreich und die 
Mission“ (Basel 1914).
	        
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