GV 84 20
Das zeigt uns, wie tief das Missionswesen in
Deutschland Wurzel gefaßt hat. Das soll uns ein
Fingerzeig für die Zukunft sein!
Auf dem Felde der deutschen Mission in unsern
Schutzgebieten stehen wir vor Trümmern.
Diese Trümmer bedeuten aber nun und nimmer
das Ende der gottgefälligen, segensreichen Arbeit.
Wenn die Flammen des Weltkrieges, die seit
mehr als drei Jahren über der leiddurchfurchten
Erde lodern, gelöscht sein werden, wird sich aus
der Asche wie der Vogel Phönix das große
Liebeswerk der christlichen Missionen erheben, mit
verjüngter Schwungkraft, bereit zu neuem Fluge
nach den Heidenländern! Wir Deutschen können
und werden uns von der Aufgabe, Gottes Wort
allen VBölkern zu verkünden, auch in den Ländern,
über denen eine andere Flagge weht, nicht ver-
drängen lassen! Wir werden vor allem die Tore
unserer eigenen Kolonien den Sendboten der
christlichen Konfessionen gern und weit öffnen.
Der Wiederaufbau der Verwaltung in den alten
Schutzgebieten, in denen die Feinde das deutsche
Wesen bis auf den Namen auszurotten bemüht
find, und die Einrichtung einer deutschen Ver-
waltung in den Ländern, die der Frieden uns,
so Gott will, als Zuwachs zu unserem Kolonial=
reiche bringen wird, verlangt, wenn das Werk
gelingen soll, die Anspannung aller verfügbaren
Kräfte.
Der verheerende Einfluß der Ubertragung des
europäischen Krieges auf die Kolonien und die
rassenschänderische Verwendung Farbiger auf den
europäischen Kriegsschauplätzen haben die koloniale
Arbeit an den Eingeborenen ungeheuer erschwert.
Das Prestige der Weißen ist erschüttert; ein Teil
der Eingeborenen ist rückfällig und unbotmäßig
geworden. Anderseits wäre der bewundernswerte
Widerstand Deutsch-Ostasrikas undenkbar gewesen,
ohne die ausdauernde, musterhafte Treue der
Eingeborenen. Sie darf nicht unbelohnt bleiben.
Wo dagegen in anderen Gebieten die farbige
Bevölkerung sich ernste Verfehkungen hat zu-
schulden kommen lassen, werden wir sie streng
anfassen müssen, aber dabei nicht vergessen dürfen,
daß viel vom Krieg hervorgerufenes Elend unter
ihnen zu lindern sein wird.
Die Missionen sind dazu berufen, an der Er-
reichung der weitgesteckten Ziele der Kaiserlichen
Regierung mitzuarbeiten und den staatlichen
Organen durch die Neubelebung des von den
Mächten der Entente erschütterten Vertrauens
der Eingeborenen in die deutsche Verwaltung
und in die Herrschaft der Weißen überhaupt die
Wege zu bereiten. Ich weiß, daß unsere Missionare,
protestantische wie katholische, mit der ersten Ge-
legenheit hinübereilen werden, um ihre Tätigkeit
an den Plätzen, von denen der Krieg sie vertrieb,
wieder aufzunehmen und neue Stätten des Lichtes
zu gründen. Die deutsche Mission wird wachsen
mit den größeren Zwecken, und die heimischen
Gemeinden werden nicht versagen, wenn es gilt,
die materiellen Grundlagen der üflbberseeischen
Arbeit im Dienste ihres Bekenntnisses zu stärken
und zu verbreiten. Wer die Missionen in den
Schuszgebieten unterstützt, der tut doppelt gut, er
dient dem Gebot seines Glanbens und fördert
die Stellung Deutschlands jenseits der Meere.
Möchte ein baldiger Frieden die Bahn freimachen
für ein neues und reicheres Erblühen unserer
Missionsarbeit in einem vergrößerten Deutschland
über See, zur Ehre Gottes und zum Ruhme
unseres Vaterlandes!“)
*) UÜber die katholischen Missionen in den deutschen
Schutzgebieten unterrichtet am bequemsten das reich
illustrierte Prachtwerk Professor Dr. J. Schmidlins
mit dem gleichen Titel (Münster 1913), über die
evangelischen das Missionsstudienbuch Professor D. J.
Richters: „Das deutsche Kolonialreich und die
Mission“ (Basel 1914).