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Stellungen. Colonel Burn war im stetigen
Vormarsch südwärts auf den Rufiji, und die
Flotte begann mit der Vermessung der Kanäle
des Rufiji-Deltas.
Am 24. Januar entsandte General Cunliff
ein Bataillon Nigerier, um die Deutschen aus
Nyandote, 15 Meilen südlich Mkindu, zu ver-
treiben. Dieses konnte jedoch den Feind, der
in größerer Stärke wie erwartet angetroffen
wurde, nicht aus seinen Stellungen werfen,
sondern ging auf Kibongo zurück.
An demselben Tage ergab sich Grawert bei
Likuju mit 40 Deutschen, 200 Askaris, 1 Feld-
geschütz und 2 Maschinengewehren einer Ab-
teilung Northeyscher Truppen. Es scheint, daß
die Zufuhr dieser feindlichen Abteilung gänz-
lich versagt hatte. ,
Utete wurde am 21. Januar von der 2. Ost-
afrikanischen Brigade besetzt, und mit Beginn
des Februar war das nördliche Rufiji-Ufer so-
zusagen vom Feinde frei.“
Die vorstehende Darstellung der Lage zeigt,
wie weit die einzelnen Teile der geringen deutschen
Streitkräfte auseinandergezogen und vor eine wie
schwierige Aufgabe sie gestellt waren, um das
noch in ihrem Besitz befindliche Gebiet zu ver-
teidigen. Ein Vergleich der sich an den genannten
Frontstellen einander gegenüberstehenden beider-
seitigen Streitkräfte läßt die zahlenmäßige Über-
legenheit der britischen Truppen ohne weiteres
erkennen, auch ohne daß General Hoskins über
deren Gliederung und Stärke nähere Angaben
macht. Wenn auch in der nächsten Zeit die
Witterungsverhältnisse die beiderseitigen Opera-
tionen nicht unerheblich beeinflußt haben, so ist
doch zu bemerken, daß ihr ungünstiger Einfluß
sich anscheinend mehr bei den britischen als bei
den deutschen Truppen fühlbar gemacht hat. Die
Gründe, die allerdings General Hoskins dafür
anführt, sind durchaus gesucht und wohl lediglich
zur Entschuldigung eigener Unzulänglichkeit heran-
gezogen. General Hoskins übersieht geflissentlich
die Tatsache, daß die deutschen Truppen damals
schon über drei Jahre, und zwar dauernd, im
Felde standen, daß Europäer wie Farbige bis
dahin sozusagen auch noch nicht eine Stunde
Ruhe gehabt hatten, daß sie, abgeschnitten von
der Außenwelt, alles das entbehren mußten, was
dem Gegner in überreichem Maße zur Verfügung
stand, und daß sie schließlich infolgedessen körper-
lich und seelisch viel mehr zu ertragen hatten, als
dem Gegner je zugemutet worden ist. General
Hoskins kann es sich auch nicht versagen, auf das
Gebiet der Greuel hinüberzuschweifen und einen
heuchlerischen Vergleich zwischen deutscher und
englischer Kriegführung in bezug auf die Behand-
lung der Landeseinwohner zu ziehen. Er ver-
läßt sich dabei anscheinend darauf, daß wir nicht
in der Lage sind, seine Behauptungen nachprüfen
zu können. Allerdings liegen uns eingehendere
Nachrichten noch nicht vor, aber einiges ist doch
schon zu uns gedrungen, und das genügt, um zu
wissen, daß die englische Kriegführung in Ostafrika
mit der grausamsten Behandlung der eingeborenen
Bevölkerung verbunden ist. Das, was er den
deutschen Truppen zum Vorwurf macht, ist aller
Wahrscheinlichkeit nach nicht nur erfunden, sondern
trifft vielmehr in weit höherem Maße die eng-
lische Kriegführung.
Nachstehend das, was General Hoskins zu
berichten weiß:
„Alles schien gut zu gehen, als am 25. Ja-
nuar ein heftiger Regen begann, der in die
regenreichste Zeit seit langen Jahren überleitete.
Um den 27. waren die Verbindungswege von
der Brücken und die Uberflutung der Straßen
unterbrochen; die Operationen in allen Gegenden
wurden hinfort ernstlich durch den unzeitigen
Regen gehindert."“
General Hoskins ergeht sich dann in Schilde-
rungen der Schwierigkeiten, die sich für die
Transportverhältnisse ergaben und den Einfluß
der Regenzeit auf die Gesundheitsverhältnisse
von Mensch und Tier. 1916 habe man Truppen
in höher gelegenen und verhältnismäßig ge-
sünderen Ortlichkeiten unterbringen können.
1917 sei das nicht möglich gewesen, ohne sie
überhaupt aus den eben erst eroberten Gebieten
zurückziehen zu müssen. Es sei sicher, daß auch
der Feind mit all den Schwierigkeiten und Nach-
teilen sich habe abfinden müssen, aber doch in
weit geringerem Maße, da doch seine Weißen
mehr an die klimatischen Verhältnisse Deutsch-
Ostafrikas gewöhnt waren und seine einge-
borenen Soldaten aus dem Lande stammten.
„Er konnte auf die innere Linie zurückgehen,
hatte erprobte altgediente Truppen, aus denen
zu dieser Zeit alle Unbrauchbaren ausgeschie-
den waren, und hatte die Macht, aus dem
Lande zu leben, in das er zurückging. Letz-
teres wird noch durch die Tatsachen besonders
beleuchtet, daß überall da, wo wir nur das
nehmen und bezahlen mußten, was die Ein-
geborenen entbehren konnten, die Deutschen
unbedenklich alles nahmen. Und nachdem sie
Männer, Weiber und Kinder so weit als möglich
als Träger ausgenutzt hatten, schickten sie sie
hungernd zurück, indem sie so die Schwierig-
keiten unserer vorgehenden Truppen vermehrten."“