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Matandu-Linie gänzlich geräumt hatten und
anscheinend auch nicht vorhatten, die Kilwa—
Liwale-Straße zu halten, schien auf ihre all-
gemeinen Rückzugsabsichten aus der Gegend von
Kilwa über Likawaje und den Mbemkuru--
Fluß auf Massassi hinzuweisen. .
Der Rückzug des Feindes aus der Umgebung
des Utungi-Sees dauerte den April über an,
und gegen Mitte des Monats wurde es offen-
sichtlich, daß sich stärkere Massen etwa 20 Meilen
(32 km) südwestlich von Kilwa-Kiwindje
sammelten. Patrouillenzusammenstöße kamen
in dieser Gegend täglich vor, und bei einer
dieser Gelegenheiten zeichnete sich eine Abteilung
des Gold-Coast-Regiments dadurch aus, daß
sie eine dreimal stärkere feindliche Abteilung in
einen Hinterhalt lockte und ihr 40 Mann an
Verlusten beibrachte.
Am 138. April griffen 400 Mann der 40. Pa-
thans und 200 Kings African Rifles mit zwei
Geschützen des Gold-Coast-Regiments unter
dem Befehl des Majors Tyndale von den
40. Pathans eine feindliche Abteilung an, die
bis auf wenige Meilen am Lumbo heran-
gerückt war. Der Feind schien überlegen zu
sein und nach einem mehrere Stunden an-
dauernden scharfen Gefecht, in welchem es auf
beiden Seiten beträchtliche Verluste gab, zogen
sich unsere Truppen auf Lumbo zurück, wo sie
sich eingruben. Wenn auch dieser Angriff hin-
sichtlich seines Zieles fehlschlug, so hatte er doch
zur Folge, daß die bei Kilwa stehenden Truppen
von jeder weiteren Bedrohung aus dieser Richtung
erlöst wurden.
Am 20. April wurde uns das deutsche La-
zarett in Mpanganja, 10 Meilen (16 km) west-
lich Utete, übergeben und wurden sogleich Schritte
getan, die 70 Europäer und 140 Askari, von
denen ein großer Teil Erholungsbedürftige
waren, fortzubringen. Das Lazarett war durch
das Ansteigen des Rufiji so abgeschnitten worden,
daß die Räumung nur mittels Einbäumen, die
durch das Schilf gerudert oder gestakt wurden,
ausgeführt werden konnte. Die Strömung im
Flusse selbst war so heftig, daß sie nicht einmal
mit einem kräftigen Motorboot überwunden
werden konnte.
Die durch die außergewöhnliche Regenzeit
verursachten Krankheiten hatten um diese Zeit
unser europäisches Personal in einem sehr be-
denklichen Umfang vermindert. Der Mangel
an britischen Offizieren wurde in allen fechtenden
Verbänden der Küstengegend ernstlich fühlbar.
Auch war es mit Schwierigkeiten verbunden,
die Feldbahn, von der die Truppen südlich des
Matandu-Flusses hinsichtlich ihrer Versorgung ab-
hängig waren, in Betrieb zu halten. Bei
Kibambawe gab der Fluß zu mancher Besorg-
nis Anlaß und am 14. April erreichte er seinen
höchsten Stand; bei der Fähre war die Flut-
höhe sechs Fuß höher als die bisher von den
anwohnenden Eingeborenen gekannte. Der
Verkehr über den Fluß wurde unsicher und
gefährlich, und elf Mann ertranken, als sie am
19. übersetzen wollten. Im Hinblick auf die
wachsenden Schwierigkeiten des Nachschubs am
mittleren Rufiji war ich genötigt, die dort be-
findlichen Nigerier weiter zu verringern. Dies
konnte indessen ohne Gefahr geschehen, da die
Deutschen, nachdem sie ihre Streitkräfte in dieser
Gegend allmählich vermindert hatten, von
Ngewembela am 22. April südwärts abzogen.
Am 5. Mai eröffnete plötzlich ein kleines
Geschütz das Feuer von den Mangrowesümpfen
auf dem Festland westlich von Kilwa-Kissiwani
auf ein dort im Hafen vor Anker liegendes
Schiff. Es wurden sofort mit der Marine
verabredete Maßnahmen getroffen, der Feind
verjagt und ein Posten auf dem Festlande er-
richtet. In der Gegend von Kilwa setzte der
Feind seinen Rückzug aus dem Gebiet nördlich
des Matandu fort und verstärkte seine Streit-
kräfte am Ngaura-Fluß, 20 Meilen (32 kmy) süd-
westlich von Kilwa-Kiwindje. Um den 20. Mai
war Mpotora') von den Deutschen vollkommen
geräumt worden; die dortigen Streitkräfte be-
wegten sich teils südwärts gegen Liwale, teils
ostwärts über Likawaje.
Inzwischen war Loge-Loge am Rufiji von
uns am 9. Mai besetzt worden, und Mitte des
Monats war sowohl der Rufiji von Utete bis
Kibambawe als auch die Gegend etwa 20 Meilen
(32 km) südlich des Flusses vom Feinde frei.
Ende Mai hatte der Feind teils infolge des
Druckes durch unsere Streitkräfte, teils wegen
der Überschwemmung und der Erschöpfung der
Lebensmittelvorräte, im allgemeinen die ganze
Gegend nördlich des Matandu aufgegeben und
hatte sich auch 50 Meilen (80,5 km) ostwärts
von Ssongea zurückgezogen.
Heftiger Regen hielt noch bis Mitte Mai
im Gebiet der Küste an, und einige Zeit muß
noch vergehen, bis der unseren Verbindungs-
linien zugefügte Schaden behoben ist und das
wasserdurchtränkte Land wieder für Fuhrwerks-
verkehr geeignet ist.
Im März befanden sich vier Kompagnien
unter Langenn“') bei Mpepo, in der Nähe des
Zusammenflusses des Ruhudje und Pitu, und
als Northey seine Stellung bei Lupembe ge-
schwächt hatte, um Murrays Kolonne zu ver-
*) Lage nicht feststellbar.
*) Wahrscheinlich Major v. Langenn-Steinkeller.