Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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UBberlegenheit legte die Vermutung nahe, daß der 
Gegner die Kräfte am Kamerunberg bedeutend 
überschätzte. Es konnte nur von Vorteil für die 
deutsche Abteilung sein, ihn hierin zu bestärken. 
Je stärker er die Abteilung am Kamerunberg 
einschätzte, desto mehr Truppen mußte er zum 
Angriff auf sie bereitstellen, desto unangenehmer 
fühlte er sie, je weiter er ins Innere vordrang, 
als Bedrohung seiner Flanke. Es war damit zu 
rechnen, daß der Feind ausschließlich seine Nach- 
richten durch die am Kamernnberg ansässigen 
Eingeborenen erhielt; es kam also darauf an, 
auch diese zu tänschen. Durch Aufteilung der 
gesamten Truppe in kleinere Abteilungen, die 
häufig ihre Quartiere wechselten, durch Aufstellung 
neuer, mit Eingeborenengewehren ausgerüsteten 
Truppen, die aber nie am Feinde verwendet 
wurden, und durch weit über den Bedarf hinaus- 
gehende umfangreiche Befestigungsanlagen ist 
jedenfalls unter den Eingeborenen und wahr- 
scheinlich auch beim Feind der erwünschte Eindruck 
erzielt worden. Bestärkt wurde er durch weit 
vorfassende Patrouillenunternehmungen mit starken 
Kräften, die sich bis Mbonjo ausdehnten, als 
dort Anfang November starke feindliche Abteilungen 
festgestellt wurden. 
Das Mitte Oktober unter schweren Verlusten 
vom Feind erzwungene Vorrücken auf Kake und 
Susa an der Nordbahn, dem die Kompagnie 
v. Engelbrechten auf Majuka ausgewichen war, 
eröffnete dem Feind einen neuen Weg nach Buea 
— über Mpundu. Ihn verlegte die von der 
Abteilung Sommerfeld auf dringende Bitte ent- 
sandte Verstärkungsabteilung von 30 Gewehren 
des Leutnants der Reserve Gröpke, die Mpundu 
besetzte. Zwei von dort ausgehende energische 
Vorstöße gegen Mbonjo, einer unter Führung 
von Leutnant Tiede am 3. und der andere unter 
Führung von Leutnant v. Behr am 7. November, 
brachten dem Feinde, der am 6. November Mu- 
juka besetzt hatte, Verluste und störten seine Vor- 
bereitungen. Ein über Bombe auf Mujuka am 
8. angesetzter Flankenstoß mußte abgebrochen 
werden, da der Feind am 7. Mujuka wieder 
räumte. 
Der mit starker Überlegenheit auf Mujuka 
vorgeführte feindliche Stoß, dessen Nebenziel die 
Zerstörung des Bahnkörpers zwischen Mujuka und 
Susa war, hatte den Zweck, die äußerst rührige 
Kompagnie v. Engelbrechten, die entlang und mit 
Hilfe der Bahnstrecke den Feind dauernd störte, 
abzuschütteln, um Truppen und Kraft für den 
Angriff auf den Kamerunberg zu erübrigen. Die 
Größe der Mittel, mit denen dieser Angriff vor- 
bereitet und durchgeführt wurde, beweist, daß der 
Feind sich über die Stärke der am Kamerunberg 
befindlichen Truppen hat täuschen lassen. 
  
Klares Übergangswetter am 12. November 
ermöglichte die Beobachtung der Schiffsbewegungen 
in der Kamerunmündung von Soppo und Buea 
aus. Gegen 11 Uhr vormittags lösten sich von 
der in der Manokabucht liegenden „Cumberland“ 
sieben bis acht kleine Fahrzeuge, die Kurs auf den 
Kamerunberg nahmen. Gleichzeitig konnte zahl- 
reicher Kannverkehr im unteren Mungo festgestellt 
werden. Am 11. hatte außerdem der Komman= 
dant der „Joy'’ in Victoria durch einen Parla- 
mentär die Beschießung ankündigen lassen, falls 
der Ort nicht bis 4 Uhr nachmittags übergeben 
sei. Weisungsgemäß antwortete der das Kom- 
mando führende Offizier, Leutnant der Reserve 
Feldmann: Victoria wird verteidigt. Der An- 
griff am 13. November morgens kam also nicht 
überraschend. Die Truppe war gewarnt und auf 
allen Posten gefechtsbereit. · 
Da Bombe zur Verbindung mit der Kompagnie 
v. Engelbrechten mit 30 Mann besetzt war, standen 
am Kamerunberg noch 150 Gewehre. Gegen sie 
entwickelte der Feind auf Victoria, Tiko und 
Mpundu in drei Angriffskolonnen etwa 2000 Mann 
mit reichlicher Maschinengewehr= und Geschützaus- 
stattung. Der Ausgang dieses ungleichen Kampfes 
konnte nicht zweifelhaft sein. Daß er von der 
schwachen deutschen Truppe trotzdem angenommen 
und tapfer durchgefochten wurde, gereicht ihr zur 
hohen Ehre. Ein besonderes Ruhmesblatt der Ge- 
schichte des Feldzuges in Kamerun bildet aber der 
heldenhafte Durchbruch, den nach zweitägigem, er- 
bittertstem Ringen 8 Europäer und 60 Farbige 
durch einen mehrtägigen Gewaltmarsch über die bis 
4000 m ansteigenden Kuppen des Kamerunberges 
erzwangen. Die tapfere Schar fand Anschluß an 
die 100 km im Innern kämpfende Schutztruppe. 
Vor Victoria erschienen am 13. gegen 8 Uhr 
morgens der französische Panzerkreuzer „Bruix“, 
die englische Jacht „Ivy“, ein Truppentransport- 
schiff sowie mehrere Barkassen. Die Beschießung 
von Victoria und Botha begann Punkt 9 Uhr 
vormittags und dauerte mit geringer Unterbrechung 
zwei Stunden. Verluste von Menschenleben ver- 
ursachte sie nicht, dagegen Gebäudeschaden. Wäh- 
rend der zweiten Hälfte der Beschießung landete 
der Feind an einem außerhalb Bothas liegenden 
unbesetzten Strand eine Kompagnie Seesoldaten, 
die die schwache Abteilung in Botha zurückdrängten 
und einen Hügel zwischen Botha und Victoria in 
unmittelbarer Strandnähe besetzten. Die deutsche 
Abteilung vor Victoria beschränkte sich darauf, 
dem Feind ein Vordringen in Richtung Doniadi- 
kombo zu verwehren, bis sie am 14. mittags ab- 
berufen, mit Bahntransport nach Molyko befördert 
und von dort auf Bonakanda in Marsch gesetzt 
wurde. 
Die wichtigste Aufgabe hatte die bei Tiko
	        
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