Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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umkehren, um die Gastfreundschaft Serenos 
nicht zu verletzen. 
Als man im Fort angelangt und abgesessen 
war, fragte Sereno sogleich nach dem von 
Kapitän Moor hinterlassenen Schriftstücke. 
Sereno las es und gab es dann Jensen mit 
dem Bemerken: „Da, lesen Sie selbst!“ Jensen 
konnte die undeutliche Schrift nicht entziffern 
und gab daher das Schriftstück Sereno zurück 
mit der Bitte, es vorzulesen. Dieser las: 
„Befehl des Kapitäns Moort?), den Gou- 
verneur (Governador) von Damaraland 
und seine Begleitung gefangenzuneh- 
men. Es ist diesen jedoch gestattet, mit 
portugiesischer Bedeckung sich nach dem 
Fort Kuamati“") zu begeben.“ Jensen über- 
setzte dies dem Dr. Schultze-Jena und dieser 
erwiderte: „Sagen Sie dem Leutnant, daß 
ich im Vertrauen auf seine Offiziersehre 
seiner Einladung zum Besuche des Forts 
Folge geleistet habe, und daß ich mich 
nicht gefangen gebe, auch ebensowenig 
nach Kuamati reite. Ich bleibe keine 
Minute länger hier. Wenn der Leutnant 
auf mich aufpassen will, dann kann er 
das an meinem Lagerplatz tun an der 
Eriksonsdrift.“ Damit wendeten sich die 
Herren ihren Pferden zu, um abzureiten. 
Sereno aber gab seinen Soldaten, die 
die Gruppe bis dahin umstanden hatten, 
den Befehl: „An die Gewehre.“ Das trieb 
die Herren zur Eile an, und Oberleutnant 
Lösch kommandierte „aufgesessen“ und „Galopp 
Marsch“, selbst zum Fortausgang voranreitend. 
Dr. Schultze-Jena und Roeder waren am 
weitesten hinten, dann folgte dem Ausgange 
zu Jensen, der zwischen Oberleutnant Lösch 
und Leutnant Roeder ritt. Dr. Schultze-JZena 
und Leutnant Roeder waren noch nicht 
in Bewegung, als Sereno das Feuer-= 
kommando gab, selbst aber hinter einer 
Lehmhütte verschwand. Dr. Schultze-Jena 
griff mit der rechten Hand nach seinem Gewehr, 
bekam es aber nicht mehr aus dem Gewehr- 
schuh heraus, weil eine Kugel ihm von 
hinten das Herz durchbohrte und gleich- 
zeitig die linke Zügelhand in der Puls- 
schlaggegend durchschlug. Er fiel tot 
vom Pferde. Lentnant der 
Roeder erhielt einen Bauchschuß von 
hinten. Oberleutnant Lösch war vor 
Jensen reitend außerhalb des Stachel- 
*) Governador ist die portugiesische Begeichnung 
für Begirksamtmann, Primero Governador oder Go- 
vernador General ist 
Kuamati liegt etwa 15 km östlich Naulila und ist 
Hauptgrengfort gegen den Unkuanjamastamm. 
der eigentliche Gonverneur. 
Reserve 
  
drahtzaunes angelangt, als ihn das 
tödliche Geschoß erreichte. Er machte 
einen mächtigen Luftsprung vom Pferde 
aus und fiel zu Boden. Jeusen erhielt 
einen Streifschuß am Gesäß und versuchte 
zu entkommen. In der Erregung hatte er 
jedoch die Richtung verloren und geriet ins 
Uferschilf, wo ihn Kaffern, die seine Spur ver- 
folgten, aus dem Schlamm zogen. Man brachte 
ihn ins Fort zurück. Dort lagen Dr. Schultze= 
Jena und Roeder mitten im Hofe, so wie sie 
gefallen waren. Oberleutnant Lösch war eben- 
falls tot, er hatte einen Schuß durch die linke 
Beckengegend, der Ausschuß befand sich am 
linken Oberschenkel. Wahrscheinlich war die 
Hauptschlagader von der Kugel durchschlagen 
worden, denn der Blutverlust war außer- 
ordentlich groß, das linke Hosenbein war ganz 
voll von dickem geronnenem Blute. Von der 
Stelle, wo er gefallen war, hatte er sich noch 
bis in den Schatten eines Kaffernpontoks ge- 
schleppt, dann muß ihn das Bewußtsein ver- 
lassen haben. Roeder lebte noch. Drei 
unserer Eingeborenen, die ebenfalls 
schwer verwundet wurden, warf man 
noch lebend in den Kunene den gierigen 
Krokodilen zum Fraß. Ein vierter Ein- 
geborener, Dr. Schultze-Jenas Bambuse 
Andreas, entkam durch die Flucht. 
An der Eriksonsdrift war inzwischen 
der Chef von Humbe in Begleitung des 
Dr. Vageler, Mitglieds der damals in 
Angola weilenden deutschen Studien- 
kommission, eingetroffen. Außerdem be- 
gleiteten ihn der lange Jahre in Angola an- 
sässige Holländer van der Kellen und zwei 
Portugiesen. Dr. Vageler hatte bereits kurz 
nach Ausbruch des Krieges versucht, sich nach 
Deutsch-Südwest zu begeben, wurde aber auf- 
gehalten und mußte nach Humbe zurückkehren. 
Mit dem Chef von Humbe war er bereits 
vorher bekannt, und als er nun hörte, daß der 
Bezirksamtmann von Outjio, Dr. Schutze-Jena, 
den Chef von Humbe zu sprechen wünschte, 
ersuchte und erhielt er die Erlaubnis, den Chef 
von Humbe nach Eriksonsdrift zu begleiten. 
Als sie nun die Herren daselbst nicht 
antrafen, beauftragte man den Ge- 
freiten Kimmel, nach Naulila zu reiten 
und die Herren davon in Kenntnis zu 
setzen, daß der Chef von Humbe do sei. 
Dr. Vageler sagte noch zum Gefreiten Kimmel: 
„Um Himmelswillen reiten Sie schnell, mir 
ahnt nichts Gutes.“ Der Chef von Humbe 
versicherte, daß Kimptel ganz ruhig reiten 
könne, ihm passiere nichts, er könne auch 
getrost sein Gewehr mitnehmen. Daun
	        
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