Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

W 303 2O 
Freiherrn von Watter, die 6. Kompagnie 
unter Hauptmann Weiß und die 1. reitende 
Gebirgsbatterie unter Hauptmann Trainer, 
der eine Halbbatterie 96 n. A. unter Ober- 
leutnant d. Res. von Weiher zugeteilt war. 
Bis Otjiwarongo wurde die Bahn benutzt, 
von dort der Vormarsch über Outjio, Okau- 
kuejo durch das Amboland zum Kunene an- 
getreten, nicht ohne große Schwierigkeiten für 
Mann und Tier. In Ombika, 12 km südlich 
Okankuejo, dem Sitz unserer Nordetappe, mußte 
die Truppe infolge Schwierigkeiten, die Wasser- 
versorgung und Nachschub boten, ungefähr drei 
Wochen liegen bleiben. Erst am 30. November 
konnte die Ableilung weitermarschieren. Am 
16. Dezember gegen 7 Uhr morgens trafen wir 
im Kunenelager ein. Der Lagerplatz war von 
der vorausgeschickten 2. Kompagnie erkundet. 
Er befand sich an einem Wasserloch etwa 1500 m 
diesseits des Kunene und ungefähr 20 km süd- 
lich des Ferts Naulila. Patronillen der 2. Kom- 
pagnie unter Oberleutnant Suling hatten be- 
reits kleinere Gefechte mit den Portugiesen 
gehabt. Um 9 Uhr morgens wurde ich mit 
Leutnant Vahle zum Führer befohlen. Wir 
erhielten den Auftrag, die Lage und Stärke 
des Forts Naulila sowie den Anmarschweg zu 
erkunden. Dieser sollte so gewählt werden, daß 
wegen der feindlichen Haltung des Eingeborenen- 
stammes der Onguangua unter weitem Aus- 
holen nach Süden der Angriff mit der Haupt- 
abteilung möglichst von Osten erfolgen konnte. 
Gegen 10 Uhr ritt die Patrouille in Stärke 
von 2 Offizieren, 25 Reitern und einigen Ein- 
geborenen zur Erkundung ab. Vollkommen 
unbekanntes, wegeloses Gelände, mit dichtem 
Mopanebusch bewachsen, erschwerte das Vor- 
wärtskommen sehr. Eine Orientierung war 
nur nach der Sonne und dem Kompaß möglich. 
Das Reiten in der Mittagssonne während der 
heißesten Jahreszeit war für Mann und Tier 
überaus anstrengend. Zwischen 3 und 4 Uhr 
nachmittags sahen wir endlich beim Heraus- 
treten aus dem dichten Busch auf etwa 1000 m 
Entfernung eine größere, versteckt liegende Ein- 
geborenenwerft und das Fort selbst vor uns 
liegen. Es bestand aus Lehm und Backstein- 
bauten, um die herum Gräben ausfgeworfen 
waren. Außer einer kleinen Reiterabteilung 
von etwa 25 bis 30 Mann konnten wir trotz 
längerer Beobachtung keine weitere feindliche 
Truppe feststellen. Gegen 9 Uhr abends kehrte 
die Patrouille unversehrt ins Lager zurück. An 
demselben Tage war durch eine Patronille 
unter Führung des Leutnants der Reserve 
von Boetticher der Anmarschweg für die 
2. Kompagnie am linken Kuneneufer entlang 
  
erkundet worden. Der Angriff wurde auf den 
18. festgesetzt. Der Angriffsplan war folgender- 
maßen gedacht: Die 2. Kompagnie, zwei be- 
rittene Züge und einen Maschinengewehrzug stark, 
greift, am Fluß vorgehend, den Feind in Flanke 
und Rücken an und sucht ihm den Nückzug 
über den Fluß abzuschneiden. Die Haupt- 
abteilung unter Führung von Major Franke 
greift, wegen der bereits erwähnten feindlichen 
Haltung des Eingeborenenstammes Onguangua, 
in weitem Bogen nach Süden ausholend, das 
Fort aus östlicher Richtung an. Am 18., 
4 Uhr 15 Minnten morgens, sollte die 2. Kom- 
pagnie das Feuer eröffnen, als Zeichen, daß 
der Angriff einheitlich von der ganzen Ab- 
teilung ausgenommen werden könnte. 
Am 17., nachmittags 3½ Uhr, brach die 
Hauptabteilung auf. Die 2. Kompagnie blieb 
im Lager zurück, da sie infolge des kürzeren 
Anmarsches zum Fort erst in der Nacht abzu- 
reiten brauchte. Die Kompagnie hatte den Be- 
fehl bekommen, solange es hell war, ihre Tiere 
ununterbrochen zum Wasser hin= und zurück- 
zuführen. Der Gegner, von dem man annahm, 
daß er das deutsche Lager von weit her beob- 
achtete, sollte auf diese Weise über unsere 
Stärke getäuscht werden. Gleichzeitig sollten 
die durch das Hin= und Herführen der Tiere 
entstehenden Staubwolken den Abmarsch der 
Hauptabteilung verschleiern. Beide Maßnahmen 
hatten den gewünschten Ersolg. Am 18., 
morgens um dieselbe Zeit, in der unser An- 
griff auf das Fort begann, eröffnete der Feind 
mit Artillerie von einem Berge aus auf dem 
anderen Flußufer das Feuer auf das verlassene 
Lager. Ein Teil der feindlichen Streitkräfte 
war so dem eigentlichen Kampffeld entzogen. 
Unsere Hauptabteilung war nach 2½ stündigem 
Marsch auf dem durch dichten Mopanebusch 
geschlagenen Weg auf einer ringsum durch Ge- 
büsch gedeckten Grasfläche zur Ruhe über- 
gegangen. Um 2 Uhr nachts wurde der Vor- 
marsch lautlos fortgesetzt. Um 4 Uhr 15 Mi- 
nuten morgens sollte laut Verabredung der 
Angriff durch die 2. Kompagnie eröffnet werden. 
Die Hauptabteilung war zu dieser Zeit in die 
unmittelbare Nähe des Forts gelangt. Die Uhr 
zeigte 4 Uhr 15 Minuten. Es wurde 4,30, 
4,15, noch immer kein Schuß von Kunene her 
zu hören. Da, gegen 4,50, als die Spitze der 
im Marsch befindlichen Hauptabteilung aus dem 
dichten Busch heraustrat, fiel plötzlich ein ein- 
zelner Schuß. Wir waren entdeckt. Dem 
Warnungsschuß folgte unmittelbar eine Reihe 
von Infanteriesalven auf unsere sich noch in 
Marschkolonne befindende und infolge der Uber- 
raschung für Augenblicke ins Stocken geratene
	        
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