Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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Seine Gewinnung geschieht auf zweierlei Weise. 
Finden sich in den Quarzriffen Lagen mit hoch- 
prozentigem Eisengehalt, so begnügt man sich 
damit, erzreiche, lose, über der Lagerstätte im 
Verwitterungsschutt herumliegende Blöcke aufzu- 
lesen und in der Hand zum Ofen zu fördern. In 
erzärmeren Gegenden wird das Magneteisen da- 
gegen aus rezenten Seifen, wie sie sich nach jedem 
stärkeren Regenguß an geeigneten Stellen der zahl- 
reichen Wasserläufe zusammengeschwemmt finden, 
gewonnen. Dieses feinkörnige, von der Natur 
aufbereitete Roherz ist sehr rein und läßt sich 
mühelos aufsammeln. Daher wird auch diese 
Arbeit von den Weibern und Kindern verrichtet. 
Weil meist nur kleine Mengen gesammelt werden, 
so kann das Erz recht weit gefördert werden, ehe 
es zur Verhüttung gelangt. 
Leider habe ich selbst nie einem Verhüttungs- 
prozeß beiwohnen können. Es war mir nicht 
möglich, das große Mißtrauen, das die einge- 
borene Bevölkerung mir gegenüber hegte, in diesem 
Fall zu überwinden. Dazu kam eben dann noch, 
daß, wie ich schon vorher einmal hervorhob, in- 
folge von Überschwemmung des Landes mit euro- 
päischen Produkten die Arbeit des Verhüttens nicht 
mehr lohnend genug war. So sah ich zwischen 
Carnot und Gaza keinen einzigen Ofen mehr 
im Betrieb. Und doch muß man nach den zahl- 
reichen, alten Schlackenhalden schließen, daß die 
Zeit der Blüte der Eisengewinnung noch gar nicht 
allzulange verflossen ist. Wieweit hieran das Vor- 
dringen des Europäers, wieweit ein allmählicher 
Rückgang der Bevölkerung infolge der Schlaf- 
krankheit schuld sein mögen, wage ich nicht zu 
entscheiden. In anderen Gebieten, so zum Bei- 
spiel zwischen Buar und Buala, waren von der 
mißtrauischen Bevölkerung Erze, Holzkohle und In- 
strumente schon seit Tagen, ehe meine Karawane 
in ihre Gegend kam, irgendwo in der Steppe ver- 
steckt worden, und die erkalteten Ofen standen 
verlassen da. 
Die Ofen sind aus rotem Lateritlehm erbaut. 
Sie sind bis zu 2 m hoch und haben die Gestalt 
einer Urne. Oben sind sie offen, unten befindet 
sich die Offnung, aus der Schlacken und Eisen 
ausfließen. Bisweilen lagen noch einige, gleich- 
falls aus Lateritlehm hergestellte Formen herum, 
in denen das Eisen zu länglichen, 20 bis 30 cm 
großen Stücken gegossen wurde. Wieviel Holz= 
kohle zur Verhüttung gebraucht wird, wie dieselbe 
dem Roherz beigegeben wird, in welcher Weise 
vermittels Blasebälgen für die nötige Zugluft 
gesorgt und wie sie dem Ofen zugeblasen wird, 
darüber habe ich nichts feststellen können oder 
doch wenigstens nichts im Gedächtnis behalten. 
Das aus den Schmelzöfen gewonnene Eisen 
wird dann in den Schmieden verarbeitet. Unter 
  
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einem auf Pfählen stehenden Strohdach befindet 
sich auf dem festgestampften Erdboden die Esse, 
die auch wieder aus rotem Lateritlehm gebaut ist. 
Zwei Jungen bedienen die beiden aus Fell be- 
stehenden Blasebälge, die auf großen, pfeifen- 
kopfähnlichen Tongebilden liegen und von denen 
vermittels ebenfalls aus Lateritlehm geformter 
Röhren die Luft der Esse zugeführt wird. Bei 
guter Bedienung ist der Luftzug stark und erhitzt 
das mit Holzkohle untermischte Eisen bis zur 
Weißglut. Hat das Eisen eine geeignete Tem- 
peratur, so wird es vermittels selbstgefertigter 
eiserner Zangen aus der Glut geholt, auf einen 
Stein, der als Amboß dient, gelegt und mit einem 
runden, länglichen Eisen, das bequem in der 
Hand liegt und einen Hammer recht gut vertritt, 
bearbeitet. Trotzdem ist es fast unglaublich, wie 
die Schmiede auf eine derartig einfache Weise die 
mit vielen Verzierungen und Widerhaken, die zur 
Befestigung der Giftstoffe dienen, geschmückten 
Pfeilspitzen herstellen können. Von sonstigen Waffen 
werden von den einheimischen Schmieden noch vor 
allem Dolche und im Norden auch Wurfmesser 
hergestellt. Wahrscheinlich werden auch Speer- 
spitzen geschmiedet, obwohl sie wohl meistens ein- 
geführt werden. Ferner werden noch außer den 
zum Schmiedehandwerk nötigen Instrumenten 
kleine eiserne Hacken und Kratzen, wie sie die 
Weiber zur Bestellung der Farmen benutzen, her- 
gestellt. Auch Schmucksachen versteht der Baja- 
Schmied zu schmieden; die vielen eisernen Arm-, 
Fuß= und Halsringe legen Zeugnis davon ab. 
Erwähnenswert ist noch die Herstellung von eisernen 
Glocken, die bei festlichen Gelegenheiten mit einem 
Stock in gleichmäßigem Takt als Begleitung zur 
Trommel geschlagen werden. Sind es auch nur 
verhältnismäßig wenig Sachen, die der Baja aus 
Eisen herstellt, so sind es doch gerade die Gegen- 
stände, die für seinen Lebensunterhalt unbedingt 
nötig sind. Erst wenn man dies richtig erkaunt 
hat, wird man die grundlegende Bedeutung, die 
das Eisen im Leben des einfachen Bajas ein- 
nimmt, recht würdigen können. 
Die Ausbeutung anderer Erzlagerstätten als 
der beschriebenen Eisenvorkommen habe ich im 
Baja-Land nicht feststellen können. Um so mehr 
nahm mich dies wunder, als in den einschlägigen 
französischen und deutschen Schriften (leider ist es 
mir nicht möglich, mir augenblicklich dieselben im 
Ausland zugängig zu machen, so daß ich mir 
spätere Angaben darüber für eine kommende 
günstigere Zeit vorbehalten muß) von reichen 
Kupfererzvorkommen, die z. B. bei Gaza 
und Kunde sowie anderen Orten des Baja- 
Landes vorhanden sein sollten, häufig geschrieben 
worden ist. Der für jene Berichterstatter zwin- 
gende Grund, um Kupfererzlagerstätten à# ver-
	        
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