Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXX. Jahrgang, 1919. (30)

  
ichtamtlicher Teis. 
Literatur-Berichbt. 
(louverneur H. Schuce: Deutsch- Ostafrikn im 
Weltkriege. Wie wir lebten und kümpften. Ver- 
Ing: Qucile & Aleyer in Leipzig. Mit fünf Karten 
und vielen farbigen und schwarzen Tafeln. Preis 
20 NMark. 
Vor wenigen Tagen lag ein Buch auf meinem 
Schreilisch, nach dem ich mit einem Gelühl leiser 
Wehmut kriff: das von allen kolonialen Kreisen mit 
Spannung erwartele abschlichende Werk des leizten 
Gourerneurs von Deutsch-Ostafrika. Es gehört zum 
Besten. Vas über Ostafrika cschrieben worden ist 
und wirel hoffemlich auf nicht wenigen deutschen 
W eihnae htstischen zu finden sein. 
rielc ron uns zu Hausec sind in der Beurteilung 
der Leistungen im Kolonialkriege 1911/I8 eiwas ein- 
seitig. Ihr vom Ruhmesgienze der Schutztruppen ge- 
hanntes Auge übersieht leicht die gewaliigen Leistungen 
der Zivilverwaltungen unserer Schutzgebicte, Leistungen 
rieler Junhre, die der kümpfenden Truppe oft erst dus 
Durchhulten ermöglicht, die politischen und wirtschuft#- 
lichen Vornussetzungen für ruhmrolle Kricggsarbeite 
geschaffen huben. Es genügt dus Wort „Eingeborenen- 
olitik“ auszusprechen. Auf dem großartigen und 
ergreifenden Kriegsgemũlde, das uns Ostafrika vier 
lange Jahre hindurch neboten hnt. stcht vorne die 
Heillengestalt. Lettow- Vorbecks. r Dr. Heinrich 
Schnee darf ohne GCberhebung neben ihn (rcten. 
Beide. der Soldat und Zivilgourerneur, haben sich 
nufs wertrollste ergünzt. 
Das Buch stcht hoch über den meisten Erzeugnissen 
der Kricgeliteratur. Wir hören nicht nur von sieg- 
reichen Kümpfen, von der heroischen Ausdauer des 
schlictzlich auf portugicsisches Gebict übergetretenen. 
acht schwere Monnte lung dort von allen Seiten um- 
stellten und geheltzten deutschen Edelwilils, wir schen 
auch, mit hech beispielloser Tatkraft alle Hilfsquclien 
es Landes für den Verzweilliunzsskambe. erschlossen 
1 ür wie unsere Wa n, abgesehni ten 
Heimat, drüben sii- I tc sic neben dem 
Kriegshandwerk' ihre Tebenemiktel angebant, ihr Leder 
für dus Schuhzeug gegerbt, ihr Tuch gesponnen und. 
gewebt, ihre Alcdikameinc, insbesondere das wertrvolle 
Chinin, schliclich schber fabriziert, ihr eigenes Geld 
gebrägt haben. (Glücklich der Sammler, 
fingt. eine der sellenen Mrasrileankchen Kricgsgold- 
münzen mit diem Elefanten aufzutreiben!) 
Aber Auch ist noch mehr. 7 ist die Schlutß- 
ilanz mauncher Richtung unserer ganzen 
ane Kolenialolkiike jellepfalls derjenigen unseres 
größten Schutzgebiets. Der Fricde von Versailles hat 
ja dem Deutschen Reiche seine Kolonien mit der Be- 
gründung ubcsprochen, dalz dus deutsche Volk unfähig 
and unwürdig zum Kolonisieren sei. Beim Lesen 
dieses Buches werden wir uns in zorniger Empörung 
erneut dessen bewutt, welch ungehenre Lüge Englund. 
mit Gicser Behnuptung in die W'ielt gesetzt hat. Lider 
mit Erfolg! 
was unser Feind sagte. Un a wir von der Welt 
bgesperrt waren, konnten wir nicht antworten. Schnec 
zeitgt uns, wie er mit scinen Mnarbeitern die Ruhe 
unter einer Bevölkerung von acht Millionen Eingebo- 
renen bei nur 6000 Europüern aufrechterhalten konntc, 
Denn die belogene Menschheit glaubte. 
  
wic die ganze schwarze Berölkerung mit uns und lür 
uns arbeitete, wie dic Askari Treuc hielien in Not 
und Tod. All dus. weil wir — nach englischer I.üge 
— verhaßt waren uls Peiniger des schwarzen Mannes. 
weil wir oh unserer grausamen Eingeborenenpoliuk 
nicht würdig sind, Kulturarbeit unter den primitiven 
Völkern der lrde zu leisten! „Deutetc“, so fragt 
Schnee mit Recht, „der blühende wirtschaktliche Zu. 
stund, in dem sich Deutsch-Ostafrikua vor dem Kricge 
belnnd. auf ein Versagen auf deem Gelicte der kolo- 
nialen Zivilisntion hin? Kann wirklich jemand glauben. 
duß ein grausum unterdrücktes Volk sich gegen seine 
Bedrücker so verhulten hälte? Sind die gerndezu er- 
staunlichen Leistungen der Schwarzen Handlungen 
von I##uten, die durch Zang niedergchalten wurden 
und nur den Befreier herbeisehnten?* Aueh in der 
Frage der Eingcborenenbehandlung Eilt dus Wort: 
4 ihren Früchten sollt ihr sie erkennen."“ Während 
die Eingeborenen Deutsch-Osiafrikas im Kricge treu 
zu uns hiciten, brachen in den englischen Nuchbar-- 
kolonien wiederholt Aufstünde aus, obwohl dort kein 
woißer Feind im Lande stand wie bei uns. Sowohl 
in I’gundn als auch in Britisch-Niussaland erhoben 
sich Eingeborenenstümme. In der letzteren Kolonie 
schlugen sie die englischen Beamten tot. Ein Hünpt- 
ling but sogar den deutchen Gouverncur keen die 
Engländer um Hilfe. Eine beißcnde lronie des Schick- 
sals ist C§S auch. duß gernde den Belkgiern, dic wgen 
barburischer Behandlung der Eingeborenen — mun 
denke an dic sogenannten Kongogreucl! — perüchrinn 
sind, der westhche Teil Deutsch-Ostafrikas von den 
alliterten und as-Oziicrten Kulturhücern beim Friedens- 
schluß übertragen worllen 
In cinen hellen Ton cer Zuversicht und der bo- 
stimmten Hoffnung auf eine neuc koloniale Welt- 
sendung des deutschen Volkes klingt das Heldenlicd 
von Ostafrika aus. Schnec schlicht mit den schönen 
und schlichten Worten: „LDeutschlund hat auf kolo- 
ninlem Gebiet gezeigt, duß cs den westlchen Völkern 
mindesiens gleichwertig ist. Mögen dicjenigen, die, 
insbesondere in bezug uuf Behandl ung von Eingebo- 
renen, anderes bchaumien, mit ihren Angaben heraus- 
commen und sie dem Sprueh eines unpaiteiisehen 
Gerichtshofs unterwersen. Ich stche für Osinfriku ein 
und übernehme nach jeder Richtung hin die Verant- 
wortung. Ich zweille nicht, dall meine Kollegen in 
den anderen dentschen Kolonien das Gleiche tun 
können. Das deutsche Volk darf die Entscheidung 
des Friedens in bezug auf die Kolonien nicht als end- 
güllig hinnehmen. Es muß auf die Revision des Ver- 
traks dringen. Nur wenn wir Arungen in der Wel 
in großen Kolonien wiedtr ein Feld der seetittcam 
aben, kunn Deutschlund darnuf rechnen, in fri 
lichem W ettbewerb der Nationen eine seiner Volkszuhl 
und seinen Fühigkeiten angemcssene Siellung. zurück- 
uerlungen. An diescm Zie ue wir 
an wollen wir festhalten. 
romimenden- Ceschicchuern Shlin, namentlich aber 
auch den Alünnern, die unsern zur cit verlorenen 
Kolonialbestz bis zum Acersten, in Ostafrika bis 
zum europüischen Krichgsende verteidigt haben. L#n 
Münnern — und auch den Frauen unserer Alrikancr. 
pest sind wir
	        
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