Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

9. Der Sturz Tassilos. 33 
Dobda, als Abt Wissenschaft und fromme Zucht gelehrt, während in dem der 
Nonnen, einer Stiftung Tassilos III., die büßende Irmingard, die Tochter 
Ludwigs des Deutschen, als Vorsteherin gepriesen und als Selige verehrt 
wird. Indessen war hier im Jahre 1215 die alte Zucht verfallen und der 
Erzbischof dachte das Frauenstift aufzulösen und dessen Besitz zur Gründung 
eines Hilfsbistums zu verwenden, aber der Papst bestimmte Herrenwörth, seit 
1130 ein Chorherrenstift, zum Mittelpunkt des kleinen Sprengels, der nur 
zehn, allerdings ausgedehnte und ins Gebirge tief hineinreichende Pfarreien 
umfaßte, und ernannte den jeweiligen Propst zum Bischof. Da er aber vom 
Erzbischof von Salzburg eingesetzt und belehnt wurde, erlangte er nie die 
Stellung eines Reichsfürsten. 
Um dieselbe Zeit hat Kaiser Friedrich II. dem Hause Wittelsbach 
auch die schöne, fruchtbare Rheinpfalz als erbliches Lehen verliehen und 
seit 1214 herrscht nun auch der Bischof von Speyer über bayerisches Gebiet 
gleich dem von Eichstätt, während jene von Würzburg und Bamberg mehr 
als Grenznachbarn, Lehensherren und Schutzvögte in Betracht kommen. In- 
dessen wird auch der Bamberger noch bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts 
zu den Landtagen der Herzoge von Bayern entboten, gleich den Kirchen- 
fürsten von Salzburg, Regensburg, Freising, Eichstätt, Augsburg, Passau 
und Brixen, welche diesem Rufe bis 1244 Folge leisten, ein Zeichen, daß 
die völlige politische Unabhängigkeit von der herzoglichen Gewalt erst jetzt 
errungen wurde. 
9. Der Sturz Tassilos. 
Von M. Doeberl"!). 
Um die Wende des 5. und 6. Jahrhunderts begegnen uns die Bayern in 
ihren neuen Wohnsitzen südlich der Donau. Ihr Gebiet erstreckte sich damals 
zwischen Lech und Enns, Alpen und Donau. Bald nach ihrer Einwanderung er- 
scheinen sie in politischer Abhängigkeit vom merowingischen Frankenreich. Wann 
und wie diese Abhängigkeit begann, erzählt keine Quelle; sicher aber ist, daß 
schon der Frankenkönig Theudebert (534—48) eine Art Oberherrschaft über sie 
ausübte 
Der bayerische Stammesstaat erscheint seit seinem Auftreten in der 
Geschichte unter Herzogen aus dem Hause der Agilolfinger. Die ge- 
schichtlich sicher beglaubigten Herzoge aus diesem Geschlechte sind: in der zweiten 
Hälfte des 6. Jahrhunderts Garibald I. und Tassilo l.; in der ersten Hälfte des 
7. Jahrhunderts Garibald II.; um das Jahr 700 Herzog Theodo mit seinen 
Söhnen Theobald, Theodebert und Grimoald und (dem Sohne oder Enkel) 
Tassilo II.; in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts Hugibert und Oatilo, 
endlich von 748—88 Tassilo III. 
1) Bgl. „Entwicklungsgeschichte Bayerns“ I. S. 67 ff. München 1906. Oldenbourg. 
Kronseder, Lesebuch zur Geschichte Bayerns. 3
	        
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