Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 65. Die Formen der Verwaltungsakte. 189 
rechts zu beurteilen, sofern nicht dieselben durch spezielle, zugunsten 
des Fiskus eingeführte Rechtssätze modifiziert sind. Es ergibt sich zu- 
gleich hieraus, daß die Entscheidung von Streitigkeiten über die aus 
solchen Verträgen entstehenden Befugnisse und Pflichten im Wege des 
gerichtlichen Prozesses zu treffen ist. Ein sehr großer Teil der ge- 
samten Verwaltungstätigkeit des Staates steht demnach nicht unter 
eigentümlichen staatsrechtlichen Regeln, sondern unter denen des 
Privatrechts und Zivilprozesses. In zwei Beziehungen aber kommen 
staatsrechtliche Prinzipien zur Anwendung. 
a) Hinsichtlich des Subjekts, welches den Vertrag für den 
Staat schließt. Der Staat wird nur durch diejenigen Verträge ver- 
pflichtet, welche ein Bevollmächtigter desselben innerhalb seiner Stell- 
vertretungsbefugnis, d.h. ein Beamter des Staates innerhalb seiner Kom- 
petenz, abgeschlossen hat. Dieses für alle juristische Personen geltende 
Prinzip hat die Folge, daß die Frage nach der Gültigkeit eines für den 
Staat abgeschlossenen Geschäftes zum Teil nach staatsrechtlichen Regeln 
zu beurteilen ist. Die Vollmacht einer Behörde bestimmt sich nach 
dem ihr zugewiesenen Geschäftskreise, und die Befugnis einer be- 
stimmten Person, namens einer Behörde zu handeln, beruht auf der 
Berufung dieser Person zur Führung des betreffenden Amtes. Die 
Gültigkeit eines Vertrages, welcher zum Zwecke der Staatsverwaltung 
abgeschlossen worden ist, hängt demnach von der Bejahung der bei- 
den Vorfragen ab, ob demjenigen, welcher im Namen des Staates den 
Vertrag geschlossen hat, in rechtsgültiger Weise das Amt übertragen 
worden ist, und ob der Abschluß des in Rede stehenden Vertrages zu 
dem Geschäftskreise dieses Amtes gehört. Beide Fragen sind staats- 
rechtlicher Natur. Die erste ist nach den über die Anstellung von 
Staatsbeamten geltenden Rechtsgrundsätzen, die zweite nach den staats- 
rechtlichen Vorschriften über das Behördensystem und die Kompetenz 
der einzelnen Behörden zu entscheiden. In beiden Beziehungen aber 
muß man sich hüten, die Ansätze des Staatshaushaltes mit Rechtsregeln 
zu verwechseln. Das Staatsoberhaupt kann durch die Anstellung eines 
Beamten, welchem ein Gehalt zugebilligt wird, ohne daß dasselbe im 
Budget ausgeworfen ist, eine Rechtsverletzung sich zu Schulden kom- 
men lassen; dessenungeachtet aber bleibt die Uebertragung des Amtes 
und die damit verbundene Vollmacht völlig rechtswirksam, wenn sie 
in den vorgeschriebenen Formen erfolgt ist. Ebenso sind die von 
einer Behörde innerhalb ihrer gesetzlichen Kompetenz abgeschlossenen 
Verträge völlig rechtswirksam, wenngleich sie die im Etat angesetzten 
Summen übersteigen. Inwieweit der Beamte dafür von seinem Vor- 
gesetzten zur Verantwortung gezogen, vielleicht zum Ersatz angehalten 
werden kann, ist eine den Dritten nicht berührende Frage. 
b) Hinsichtlich des Inhaltes der Verträge. Im allgemeinen be- 
steht auf dem Gebiete des Verkehrsrecht volle Freiheit der Kon- 
trahenten, innerhalb der gesetzlichen Schranken zu vereinbaren, was
	        
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