140 $ 75. Das Bankwesen.
geführt wurde!), Ein Hoheitsrecht des Reiches wird durch den
Betrieb von Bankgeschäften nicht ausgeübt; vielmehr steht das Reich
bei dem Abschluß von Geschäften dieser Art dem Publikum in der-
selben Stellung wie eine Privatbank gegenüber. Der Staat macht, wenn
er Bankiergeschäfte übernimmt, von seiner Staatsgewalt keinerlei An-
wendung, sondern er kontrahiert als Subjekt des Privatrechts, als Fis-
kus. Zu den wesentlichen Funktionen des Staates gehört daher der
Betrieb von Bankgeschäften irgendwelcher Art nicht. Aber die Ge-
schäfte der Bank dienen zugleich zur Förderung der öffentlichen Wohl-
fahrt, indem sie den Geldumlauf regeln, die Zahlungsausgleichungen er-
leichtern und für die Nutzbarmachung verfügbaren Kapitals sorgen. Der
Staat überschreitet daher die aus seinem Begriffe sich ergebende Auf-
gabe nicht, wenn er eine Öffentliche Anstalt zur Erreichung dieses
Zweckes errichtet. Der Geschäftsbetrieb einer solchen Staatsanstalt ist
kein gewöhnliches Gewerbe, wie das eines Bankiers oder einer
Privatbank, da es nicht vorzugsweise oder ausschließlich zum Zwecke
des Vermögenserwerbes, sondern in erster Reihe zur Förderung
der allgemeinen staatlichen Aufgaben und der öffentlichen Wohlfahrt
dienen soll. Ein finanzieller Gewinn ist selbstverständlich bei der Ver-
waltung der Reichsbank ebenso wie bei dem Betriebe der Post- und
der Eisenbahnen weder ausgeschlossen noch als unwesentlich zu be-
trachten, aber die Erzielung eines Ueberschusses soll und darf nicht
auf Kosten der allgemeinen volkswirtschaftlichen und handelspolitischen
Zwecke angestrebt werden.
Um die Erreichung dieser Zwecke der Reichsbank zu ermöglichen
und zu erleichtern und um die Interessen des Publikums, welches
sich der Bank bedient, mit denen des Reichsfiskus auszugleichen, ist
die Geschäftstätigkeit der Reichsbank nicht einfach den allgemeinen
Grundsätzen des Privat- und Handelsrechts unterworfen worden, son-
dern es ist in einzelnen Beziehungen für die Reichsbank ein Sonder-
recht geschaffen worden, durch welches sie teils günstiger, teils un-
günstiger wie Privatbankiers gestellt worden ist. In allen diesen Be-
ziehungen gelten hinsichtlich der Reichsbank ganz dieselben prinzipiel-
len Erwägungen wie hinsichtlich der Reichspost, und nur die tatsäch-
liche Gestaltung und Anwendung ist eine verschiedene, indem es sich
bei der Post um Transportgeschäfte, bei der Bank um Geldgeschäfte
handelt’).
Die Aehnlichkeit wird aber durch einen tiefgreifenden Unterschied
erheblich verringert, der gerade für die staatsrechtliche Stellung der
Reichsbank von der größten Wichtigkeit ist. Während nämlich die
1) Vgl. oben S. 50 ff.
2) Beide Geschäftskreise berühren übrigens einander sehr nahe, da der ganze
Verkehr mit Postanweisungen, Postaufträgen und Postschecks in das Gebiet des Bank-
geschäfts hineinragt und andererseits der Giroverkehr der Reichsbank der Ueber-
mittelung von Geld (Kapital) dient.