64 & 73. Das Post- und Telegraphenwesen.
3) In Konkursen. Auf Anordnung des Konkursgerichts haben
die Post- und Telegraphenanstalten alle für den Gemeinschuldner ein-
gehenden Sendungen, Briefe und Depeschen dem Verwalter auszu-
händigen, welcher zur Eröffnung derselben berechtigt ist!). Diese An-
ordnung kann das Konkursgericht auf Antrag des Gemeinschuldners
nach Anhören des Verwalters aufheben oder beschränken’).
y) In zivilprozessualischen Fällen haben das Postge-
setz S 5 und das Telegraphengesetz $ 8 ebenfalls Beschränkungen des
Briefgeheimnisses vorbehalten. Die Reichs-Zivilprozeßordnung hat in-
dessen die Beschlagnahme von Briefen, telegraphischen Depeschen und
anderen Postsendungen nicht zugelassen. Nur in denjenigen Fällen,
welche nach 8 3 des Einführungsgesetzes zur Zivilprozeßordnung nicht
nach den Vorschriften der letzteren zu behandeln sind, weil sie nicht
vor die ordentlichen Gerichte gehören, könnte auch nach dem In-
krafttreten der Zivilprozeßordnung eine richterliche Beschlagnahme
von Briefen, Depeschen und Postsendungen stattfinden, wofern die-
selbe nach den Bestimmungen der Landesgesetze gestattet ist. In
Wirklichkeit dürfte dies kaum irgendwo der Fall sein).
d) Die Rechtsfolgen einer widerrechtlichen Verletzung des
Briefgeheimnisses bestimmen sich nach den Bd. I, 8 48 entwickelten
Grundsätzen, welche auf diesen Fall einfach Anwendung finden. Die
Folgen sind teils disziplinarische, teils privatrechtliche, teils straf-
rechtliche.
«) Jeder Post- und Telegraphenbeamte, welcher das Briefgeheim-
nis in dem oben dargelegten Umfange verletzt, verübt eine Verletzung
seiner Amtspflicht und setzt sich dadurch einer Disziplinarbe-
strafung aus. Zum Tatbestande gehört nichts weiter als die Ver-
letzung der Dienstpflicht; es ist nicht erforderlich, daß irgendein
Schaden oder Nachteil durch dieselbe herbeigeführt worden ist. Für
die Verfolgung des Beamten kommen die Vorschriften des Reichsbe-
amtengesetzes zur Anwendung‘).
B) Wenn die Verletzung des Briefgeheimnisses einen in Geld schätz-
baren Schaden verursacht hat, so ist der schuldige Post- und Tele-
graphenbeamte verpflichtet, dem Beschädigten Ersatz zu leisten).
y) Einige besonders schwere Fälle der Verletzung des Briefgeheim-
nisses sind als Verbrechen oder Vergehen im Amte mit öffentlicher
1) Konkursordnung $ 121, Abs. 1. Vgl. Aschenborn S.70, Anm. l4a und
WolckeS. 71.
2) Ebendas. Abs. 2.
3) Insbesondere kann $ 91, I, 10 der preuß. allgem. Gerichtsordnung nicht mehr
Anwendung finden. Ebensowenig das Reskript vom 31. Oktober 1791 (Gad, Haft-
pflicht S. 36, Note 22). Sie sind bereits durch Art. 33 der preuß. Verfassungsurkunde
für beseitigt anzusehen. Auch im Verwaltungsstrafverfahren und im Disziplinarver-
fahren findet eine Beschlagnahme von Postsendungen nicht statt. Aschenborn
S. 69, Anm. 11.
4) Vgl. Bd. 1, S. 484 ff. 5) Vgl. Bd. 1, S. 474 ff.