$ 98. Die Gemeinschaft der Lasten und Ausgaben für die bewaffnete Macht. 55
c) Durch die Militärkonventionen haben diejenigen Staa-
ten, welche ihre Kontingente mit der preußischen Armee vereinigt
haben, bestimmte Zusicherungen über die Verwendung der in ihren
Gebieten ausgehobenen Rekruten erhalten '. Je nach der Größe der
Staaten besteht hier eine Verschiedenheit. Baden?) und Hessen’)
bilden je einen Ergänzungsbezirk für sich und werden hinsichtlich
der Ersatzstellung tatsächlich wie Sachsen und Württemberg behan-
delt. Mit dem Großherzogtum Oldenburg ist vereinbart, daß die
aus dem Herzogtum Oldenburg (nicht die aus den Fürstentümern
Lübeck und Birkenfeld) ausgehobenen Wehrpflichligen nur als Ersatz
für die im Art. 3 der Konvention aufgeführten Truppenkörper ver-
wendet werden ?); dasselbe ist den thüringischen Staaten und
Anhalt hinsichtlich der thüringischen und des anhaltischen Infan-
terieregiments zugesichert worden’), und gilt auch für Mecklen-
burg‘). Den übrigen Staaten ist nur das Versprechen erteilt wor-
den, daß die ihnen angehörigen Ersatzmannschaften in demjenigen
preußischen Truppenkörper ihrer Dienstpflicht genügen können, wel-
cher in dem betreffenden Gebiete in Garnison liegt, resp. bei nächst-
gelegenen preußischen Truppenteilen ’”).
stimmt jedoch, daß soweit Württemberg die ihm zufallende Rekrutenzahl nicht
aufbringt, zur Deckung des Mangels Rekruten aus dem preußischen Kontingents-
verwaltungsbezirk an das württembergische Kontingent abgegeben werden. Es be-
rubt dies darauf, daß Württemberg nur einen einzigen Armeekorpsbezirk bildet.
1) Durch die Konventionen wird an dem Rechtssatz, daß für die Zuteilung
der Rekruten an die Truppen das militärische Bedürfnis maßgebend ist, nichts ge-
ändert. Das Militärgesetz von 1874 und das Gesetz über die Ersatzverteilung vom
26. Mai 1893 derogieren zweifellos den Militärkonventionen. Dessenungeachtet sind
die Zusicherungen, welche der Kaiser über die Ausübung des ihm zustehenden
Rechts zur Verteilung der Rekruten an die einzelnen Truppenteile den Bundes-
staaten in den Konventionen erteilt hat, in Kraft geblieben. Dies ist ausdrücklich
vom preuß. Kriegsminister durch Bekanntmachung vom 6. Juni 1893, Armeeverord-
nungsblatt S. 166, konstatiert worden. Dasmilitärische Bedürfnis steht der Beobach-
tung der Konventionen nicht entgegen; es besteht daher zwischen ihnen und dem
erwähnten Rechtssatz kein Widerspruch.
2) Badische Militärkonvention Art. 9, Abs. 2.
3) Hessische Militärkonvention Art. 10, Abs. 2. Die hessische Division wird in
betreff des Ergänzungswesens den Armeekorps gleichgestellt.
4) Dies gilt jedoch nicht von der für Jäger, Festungsartillerie, Pioniere, Train
und Kriegsmarine erforderlichen Quote. Oldenburgische Militärkonvention Art. 4,
Abs. 1.
5) Art. 1 und Art. 3 der thüringischen und der anhaltischen Militärkonvention.
In den thüringischen Staaten findet, sofern dieselben nicht Widerspruch erheben,
die Rekrutierung auch für das preußische Gardekorps statt. Schlußprotokoll zu
Art. 3 der Militärkonvention; Heerordnung 8 2, Ziff. 1.
6) Heerordnung $ 2, Ziff. 6.
7) Militärkonventionen mit Waldeck Art. 2; Schwarzburg-Sondershausen Art.
1—3; Schaumburg-Lippe Art. 1 u. 2 (Jägerbataillon); Lippe-Detmold Art. 1-3; Lü-
beck $ 2; Hamburg $ 2; Bremen $ 2.