Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

38 Das öffentliche Sachenrecht. 
derartig beschränkte Enteignung ist aber in Wirklichkeit nicht 
sehr gebräuchlich, auch soweit das Gesetz sie zuläßt. Man kann 
im voraus meist gar nicht berechnen, wieweit der verbleibende 
Rest des ursprünglichen Eigentums dem sich entwickelnden Unter- 
nehmen noch störend werden kann “*. 
Auf alle Fälle muß es sich immer um einen Eingriff in das 
Grundeigentum handeln, der.sich ausdrücken läßt als ein Recht 
des Unternehmers an dem betroffenen Grundstück, 
ein Recht, das ihm durch die vollzogene Enteignung begründet 
werden soll. Inwieweit das Grundeigentum für solche Rechte zu- 
gänglich ist, entscheidet das bürgerliche Recht. Nur für Rechte, 
die danach möglich sind, ist die Enteignung zu gebrauchen ®®.. 
Erbbaurechte können so begründet werden; in dem Maße, 
wie das B.G.B. sie zuläßt. _ 5 | 
Desgleichen Grunddienstbarkeiten oder beschränkte 
persönliche Dienstbarkeiten; eine nach bürgerlichem Rechte 
unmögliche Dienstbarkeit ist auch durch Enteignung nicht her- 
stellbar. | | 
‚ Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld, Nießbrauch und. Mit- 
eigentum kommen nicht in Betracht, weil sie nicht geeignet sind, 
das Grundstück dem öffentlichen Unternehmen in der erforderlichen 
Weise zur Verfügung zu stellen ®!. ' 
4 Layer, Prinz. d. Ent. S.358ff.; Grünhut, Ent.R. S. 74; Schelcher, 
Sächs. Ent.Ges. S. 181 ff.; Koffka, Ges. über d. Eut. S. 30; Eger, Ges. über 
d. Ent. 18. 38 £. 
5° Seydel, Bayr. St.R. II S. 355: „Gegenstand des Enteignungsanspruches 
ist der Erwerb des Eigentums oder eines sonstigen dinglichen Rechts an fremder 
unbeweglicher Sache.“ Daß der Ausdruck „Dienstbarkeiten“ im Bayr. Zw.Abtr.- 
Ges. Art. I nur im Sinne zivilrechtlicher Beschränkungen des Eigentums 
aufgefaßt werden darf, vgl. Henle, Zwangs-Ent. S. 72; Bayr. V.G.H. v. 15. Der. 
1885 (Entsch. VI S. 241) 
sı Öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkungen haben je- 
weils ihren eigenen Grund und ihre eigene Art. Vgl. unten $ 40. Es ist unzu- 
lässig, unter Verwendung der allgemeinen Enteignungsgesetze solche auf anderem 
Wege oder in anderer Gestalt begründen zu wollen. Das ist nicht bloß die 
Wirkung des ergangenen Sondergesetzes, das sich seines Bereiches bemächtigt 
hätte (Eger, Ges. über d. Ent. I S. 39 u. 458), sondern gilt auch ohne Sonder- 
gesetz. Die Enteignung ist nicht dafür gegeben. Das schließt nicht aus, daß ein 
besonderes Gesetz das Enteignungsverfahren oder Stücke davon auch für solche 
Zwecke anwendbar erklärt, noch weniger schließt es aus, daß die zu. gewährende 
Entschädigung nach den gleichen Regeln bemessen und festgestellt werden’ soll. 
Ebensowenig kommt es für die Lehre von der Enteignung in Betracht, daß 
die allgemeinen Enteignungsgesetze gern die Gelegenheit benutzen, um öffentlich- 
rechtliche Eigentumsbeschränkungen, welche bei den gleichen Anlässen zur Wirk-
	        
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