Auf den Kriegsschauplätzen 115
Deutsche mit dieser Aufklärungsarbeit über die Kriegslage unbewußt
die Spionage gefördert haben.
Zur Abwehr der Propaganda unter der Bevölkerung der besetzten
Gebiete wurde die „Gazette des Ardennes“ geschaffen. Sie erfreute sich
der Mitarbeit besonnener Franzosen und der Leserschaft weiter Kreise
im besetzten Gebiet. Ihre französischen Mitarbeiter sind, weil sie dem
Feinde Dienste geleistet hätten, nach dem Kriege mit schweren Strafen,
sogar mit Todesstrafen belegt worden.
Hätte eine der feindlichen ähnliche deutsche Propaganda bestanden, so
hätte sie auf jede Unterstützung in den feindlichen Reihen verzichten
müssen. Die feindlichen Völker zeigten einschließlich der internationalen
Sozialdemokratie eine einheitliche nationale Front.
So befanden sich unter in Belgien unschädlich gemachten Organen des
feindlichen Nachrichtendienstes eine ganze Anzahl in der sozialistischen
Bewegung führender Persönlichkeiten. Der sozialdemokratische belgische
Abgeordnete für das große Arbeiterzentrum Charleroi, während des
Krieges in Vlissingen angestellt, schrieb an den Leiter des Nachrichten-
dienstes in Belgien folgendes: „Ich lege Wert darauf, meinen sämt-
lichen Mitarbeitern die Anerkennung des Generalstabes auszusprechen.
Ich bin über ihre Arbeit glücklich und danke Ihnen für die wertvolle
Mitwirkung, die Sie auf solche Weise für die Befreiung des Vaterlandes
vollbringen.“
Im Jahre lols wurde gemeldet, daß ein Führer der sozialistischen
Bewegung in Frankreich als Korporal kriegsgefangen eingeliefert wor-
den sei. Er habe sich auf Anfrage bereit erklärt, nach Frankreich zu
gehen und dort für die Beendigung des Krieges zu wirken. Um seine
Angaben zu prüfen, wurde in Berlin die Entsendung eines in der fran-
zösischen Sozialdemokratie bewanderten Sachverständigen erbeten. Es
erschien der Abgeordnete Südekum und stellte in eingehender Unterhal-
tung fest, daß die Angaben des Franzosen über seine politische Stellung
auf Wahrheit beruhten und daß ihm zugemutet werden könne, seine
Mläne durchzuführen. Der Franzose wurde instruiert, in Zivil gekleidet,
auf einer Reise durch Deutschland über die Verhältnisse dort informiert,
bis Basel geleitet und dort entlassen. Kaum war er in Frankreich ange-
langt, so hallten die französischen Jeitungen wieder von diesem deutschen
Versuch, die Einigkeit und den Kampfwillen des französischen Volkes
zu zerstören. Der französische Sozialist selbst beteiligte sich höhnisch
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