Auf den Kriegsschauplätzen 119
Marschrouten zu unterbinden. Er legte auch keinen besonderen Wert
darauf, daß die in Holland bekannte Organisation durch die holländi-
schen Behörden gestört wurde. Denn je mehr sich der feindliche Nach-
richtendienst auf bekannten Bahnen bewegte, desto leichter war er zu
verhindern.
Die Mitglieder jedes „service“ hatten Decknamen, Stichworte und
Erkennungszeichen, um sich untereinander zu legitimieren. Ihre Nach-
richten waren auf kleine Papierstreifen geschrieben, in Lebensmitteln
oder anderwärts versteckt. Sie schreckten vor Gewalttätigkeiten zur Er-
reichung ihrer Ziele nicht zurück und setzten ihrer Verhaftung teilweise
den stärksten Widerstand mit der Waffe entgegen, sodaß mehrere Feld-
polizeibeamte ihr Leben verloren. Während es für die Franzosen im be-
setzten Gebiet keine Eisenbahnen und keine Post gab, und das Verlassen
des Wohnortes von der Erlaubnis des Ortskommandanten abhängig
war, herrschte in Belgien eine gewisse Freizügigkeit, konnten Eisen-
bahnen, Fahrräder und Post im Interesse der Kriegführung nicht ganz
der freien Benutzung zum Zweck der wirtschaftlichen Betätigung aller
belgischen Betriebe entzogen werden.
Jedes Urteil gegen Spione wurde öffentlich angeschlagen. Aber auch
dies schreckte die Bevölkerung nicht ab. Es veranlaßte sie nur, vielfach
strafunmündige Kinder als Nachrichtenträger und Kuriere zu benutzen.
Ein eigentümlicher Weg für den deutschen Nachrichtendienst erschloß
sich an der holländischen Grenze, der ursprünglich nicht für ihn bestimmt
war. In Lüttich und Lille wurden Briefsammelstellen der Bevölkerung
für ihre Angehörigen in Frankreich festgestellt. Die Beförderung geschah
durch Boten über Belgien, Holland und England.
An der belgisch-holländischen Grenze wurden mehrere Personen er-
griffen, die sich mit dieser Briefvermittlung viel Geld verdienten, dar-
unter auch Frauen, die, unter ihren Röcken verborgen, ganze Stapel
von Briefen auf dem Umweg über Holland und England hin und her
trugen. Sie waren auf das Freudigste überrascht, als ihre Festnahme
nicht mit der Verurteilung zu der nach dem Gesetz verdienten sirengen
Strafe führte, sondern ihr Postbetrieb sozusagen legalisiert wurde. Sie
erfüllten getreulich und dankbar die ihnen auferlegten Verpflichtungen,
indem sie ihre Post aus Frankreich und England beim Uberschreiten der
holländisch-belgischen Grenze ablieferten, sie nach Durchsicht zurücker-
hielten und auf bequemerem und ungefährlicherem Wege als früher sie