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Spione und Landesverräter
Auf einem Gebiete wie dem des geheimen Nachrichtendienstes gibt
es nur zwei Elemente, auf die Verlaß ist: das sind die leitenden Per-
sonen und diejenigen Spione, die aus reiner Vaterlandsliebe handeln, die
ich die nationalen Spione nennen möchte.
Der deutsche militärische Nachrichtendienst verdankt seine Erfolge
in erster Linie der Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit der in ihm verwendeten
Offiziere. Diese hatten es im Vergleich mit den Nachrichtenoffizieren
des Feindes schwerer als diese. Während letztere nur die deutschen Ver-
hältnisse kennen mußten, war für die deutschen Offiziere im Nachrichten-
dienst die Beherrschung der militärischen, politischen und wirtschaftlichen
Verhältnisse, der Einreise -und Bewegungsmöglichkeiten, der polizeilichen
und sonstigen Abwehrmaßnahmen mehrerer Großmächte und der an-
grenzenden neutralen Staaten notwendig. Während der Nachrichtendienst
der Feinde schon vor dem Kriege über eine weit größere Zahl einge-
arbeiteter Offiziere verfügte und diese im Kriege vereinigen konnte,
während der Feind von allen Behörden und Staatsangehörigen im Aus-
land unterstützt wurde, mußte der deutsche Nachrichtendienst auf diese
Hülfe verzichten und sich seine leitenden Personen erst während des
Krieges suchen und ausbilden.
Das in allen Farben schillernde Volk der Agenten verlangt zur Leitung
vor allem eine in jeder Beziehung überragende Persönlichkeit. Menschen-
kenntnis und nüchterner Blick, auch Gewandtheit in der Behandlung
von Menschen sind unerläßlich. Es ist bezeichnend, daß im deutschen
Nachrichtendienst ein Kavallerieoffizier aus altem Geschlecht und eine
außergewöhnlich gebildete Frau es am besten verstanden, mit den Agenten,
auch den schwierigsten und verschlagensten Elementen, umzugehen. Der
Nachrichtendienst ist ein Herrendienst. Er wird überall dort versagen, wo
er in die Hand anderer Persönlichkeiten gelegt wird. Der Leiter muß
in jeder Beziehung hoch über den Agenten stehen, sonst gebietet nicht