18 Kriegsvorbereitung
samen Deutschland ungeheuer. Indes blieb es meist beim Versprechen.
Tatsächlich erhielten die im russischen Solde Stehenden meist nur einen
kargen Lohn.
Der größte Teil der Geldmittel wurde von der eigenen Organisation
in der Heimat und im Ausland verschlungen. Deren Größe hatte
mangelhafte Leitung und Aufsicht, dies wiederum eine Förderung der
Korruption der mit der Sache befaßten russischen Beamten, Polizei
und auch Offiziere zur Folge. Der russische Nachrichtendienst verdankte
seine Erfolge weniger seiner Tüchtigkeit, als dem Umstande, daß das
Einsetzen der Spionage im Osten sowohl die deutschen Militär= wie
Polizeibehörden überraschte, die bis zum Anfang des Jahrhunderts nur
an einen französischen Nachrichtendienst gewöhnt waren. Die infolge-
dessen unzureichende deutsche Abwehr bescherte dem Gegner bald greif-
bare Erfolge und ermunterte ihn zu immer stärker werdender Betätigung.
Die Leitung lag beim Generalstabe in St. Petersburg. Von dort aus
wurden in Verbindung mit den Militär-Attachéss und den Konsulaten
Berlin, Wien und das Ausland bearbeitet. Jeder Militärbezirk an der
russischen Wesigrenze hatte eine Nachrichtenabteilung in Stärke von 6
bis 10 Offizieren unter einem Stabsoffizier des Generalstabs. Die
Nachrichtenabteilungen in Petersburg und Wilna arbeiteten gegen
Deutschland, die in Kijew gegen Österreich, die in Warschau gegen
beide Länder. Sie „bearbeiteten“ die im Grenzgebiet garnisonierenden
höheren Stäbe der deutschen und österreich-ungarischen Truppen. Unter-
stellt war ihnen als Vermittler die Grenzwache und die Grenzgendar-
merie, der im übrigen die Kleinspionage in den Grenzprovinzen als
dem voraussichtlichen Kriegsschauplatz zufiel. In allen europäüschen
Hauptstädten warb die russische Geheimpolizei, die „Ochrana“, Agenten,
die sie den Militärattachs zu weiterer Verwendung überwies. Die
Militärattachés betätigten sich von Deutschland aus auch gegen Oster-
reich und fanden dort in den nationalen Gegensätzen fruchtbaren Boden.
Die deutsche Grenzbevölkerung war durch Schmuggel und durch das
Geld des russischen Nachrichtendienstes verseucht. Mit einer kaum zu
schildernden Ungeniertheit betätigten sich die Organe des letztern weit
in das deutsche Gebiet hinein. Der eigentliche Gebieter im deutschen
Grenzgebiet war der russische Grenzoffizier. Besonders erfolgreich arbei-
tete der Chef der Grenzgendarmerie in Wirballen, Oberst von Mjassoje-
doff. Daß er alljährlicher Jagdgast des deutschen Kaisers in Rominten