Auf den Kriegsschauplätzen 77
rollende Eisenbahnzüge, sah Städte, Dörfer und rauchende Fabrik-
schornsteine, und dies alles nur in einem Geländestreifen, dessen Breite
von der Flugweite begrenzt war. Ihre Meldungen ließen erst dann
Schlüsse auf die Absichten der obersten Führung des Feindes zu, wenn
sie bereits zur Tat wurden und die Zeit zu Gegenmaßnahmen oft nicht
mehr ausreichte. Sie meldeten nichts über die Stimmung der feind-
lichen Truppen, über die Lage der Bevölkerung in den Städten und
Dörfern, nichts über die Rüstungen im Hinterlande oder gar jenseits
der Meere. Nichts darüber, was die Fabriken an Kriegsmaterial her-
stellten, und dabei gewannen gerade diese Dinge bei der Länge des
Krieges und bei der wachsenden Bedeutung der Technik an Wichtigkeit.
Die Ausdehnung der Kampffronten überstieg jedes im Frieden er-
wartete Maß. Der etwa 2400 km langen Kampffront deutscher Trup-
pen standen die Engländer im allgemeinen mit 135, die Franzosen mit
800 und die Russen mit 1400 km gegenüber. Sie alle verfügten im
eigenen oder verbündeten Lande über ihr ausgedehntes, die Deutschen
aber in Feindesland nur über ein vielfach zerstörtes, schwer zu hand-
habendes Verkehrsnetz. Deutschland kämpfte auf verschiedenen und weit
auseinanderliegenden Kriegsschauplätzen. Seine Gegner dagegen im
wesentlichen jeder für sich in nur einem eng begrenzten, festliegenden
Gebiet. Jede Uberraschung mußte für das an gahl unterlegene deutsche
Heer verhängnisvoll werden. Der deutsche Nachrichtendienst auf den
Kriegsschauplätzen fand daher in rein militärischen Feststellungen seine
hauptsächlichste und ausreichende Beschäftigung.
Der Gegner dagegen erkannte nach den Niederlagen des russischen
Heeres und denen der verbündeten Heere auf französischem Boden, daß
Deutschland militärisch nicht zu besiegen war. Je länger der Krieg dauerte,
um so mehr wurde die militärische Kriegführung der Entente durch die
politische und wirtschaftliche ergänzt, um so mehr war die militärische
Kriegführung nur dazu bestimmt, den Druck auf die deutsche Front
aufrecht zu erhalten und den endgültigen Sieg der wirtschaftlichen und
politischen Kriegführung einzuheimsen und zu sichern. Deshalb war
der Nachrichtendienst der Entente auf den Kriegsschauplätzen von Anfang
an mit politischen Zielen durchsetzt. Es kam ihm zu statten, daß er seine
Anstrengungen auf das deutsche Heer vereinigen konnte, denn erlag
dieses, so waren ihm Deutschlands Verbündete von selbst ausgeliefert.
Das Interesse der deutschen Obersten Heeresleitung an den auf allen