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und fallet nicht ab von Gott! — Seid auch gehorsam Eurem Herrn Vater
und Eurer Frau Mutter und haltet sie in hohen Ehren, daß ihr Segen
über Euch komme! Befleißiget Euch aller fürstlichen Tugenden Euer Leben
lang, so wird Euch Gott hold sein, und mein Segen Euch begleiten!“
53. Thristian II. Jülich-Eleve'scher Erbfolgestreit. Thristians Tod, 1611.
Der unmündige Sohn des Kurfürsten Christian I. erreichte
im Jahre 1601 sein 18. Lebensjahr und trat nun unter dem Namen
Christian II. die Regierung selbst an. In der großen Körpergestalt
dieses Fürsten wohnte eine ungemein gutmüthige Seele. Arme,
namentlich Witwen und Waisen zu unterstützen, war seine größte
Freude, so daß er oft zu sagen pflegte: „Ich wollte, daß ich jedermann
könnte reich machen.“ Leider wurde diese Freigebigkeit von leicht-
sinnigen und verschwenderischen Menschen sehr oft gemißbraucht, so daß
sich des Kurfürsten Umgebung endlich verpflichtet hielt, ihn darauf
aufmerksam zu machen. Mit größter Leutseligkeit nahm er jede und
auch diese Erinnerung auf und wendete seine Wohlthaten von nun an
Würdigen und wahrhaft Hilfsbedürsftigen zu. Gegen seine Brüder
zeigte er eine musterhafte Friedfertigkeit. Ihm war der Ausspruch
der Schrift (Psalm 133, 1) heilig: „Siehe, wie fein und lieblich
ist es, wenn Brüder einträchtig bei einander wohnen.“
Wie seine Mutter Sophie, so war auch Christian der reinen
evangelischen Lehre von ganzem Herzen zugethan. Bei seinem
Regierungsantritte erklärte er ausdrücklich, daß er alles aufbieten
werde, dieselbe auch in seinem Lande zu erhalten. Ihm genügte es
dabei nicht, seinen Herrn und Heiland nur mit dem Munde zu be-
kennen, sein Christenthum war ihm die heiligste Herzensangelegenheit,
weshalb er oft „das fromme Herz“ genannt wurde. Mit tiefer
Wehmuth erfüllte ihn namentlich das traurige Schicksal seiner Glaubens-
genossen in dem benachbarten Böhmen. Dieses schöne Land bewohnten
damals weit über die Hälfte evangelische Christen. Eine Zeit lang
konnten diese unangefochten öffentlich ihren Glauben bekennen. Später
änderte sich dies. Ein Recht nach dem andern wurde ihnen genommen
und viele wurden durch den Einfluß der Jesuiten von Haus und Hof
verjagt. Mit offenen Armen nahm der Kurfürst diese Vertriebenen
in seine Residenz auf, was zugleich auch die Vergrößerung ihrer
Einwohnerzahl mit zur Folge hatte. Beträgt jetzt Dresdens Volks-
menge über 200,000, so hatte es damals nur 15.000 Einwohner.
Die Eingewanderten erfreuten sich der größten Erleichterungen. Wollte
jemand z. B. in eine Zunft eintreten, so wurde ihm das Meisterstück
erlassen, sobald er gute Zeugnisse aufweisen konnte.
Immer lautere Klagen erhoben die Evangelischen in Böhmen
über erlittene Ungerechtigkeiten und Unterdrückungen. Christian II.
bot daher alles auf, den Evangelischen Böhmens wieder mit zu der