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Erzbischofs im Städtchen Klostergrab und die Unkerthanen des
Abtes von Braunau zu Braunau eine Kirche errichteten (1617).
Der Erzbischof und der Abt beschwerten sich beim Kaiser, welcher
den Schritt der Evangelischen mißbilligte; Letztere aber bauten ruhig
fort. Der Kaiser befahl hierauf, beide Kirchen niederzureißen. Wirklich
geschah dies auch mit der Kirche zu Klostergrab, während die in
Braunau verschlossen wurde. Einen Schrei des Entsetzens stießen jetzt
alle böhmischen Evangelischen aus. „Der Majestätsbrief ist verletzt!“
hallte es in ganz Böhmen wieder. In dieser verhängnißvollen Lage
richteten sich aller Blicke auf den böhmischen Edelmann, den tapferen
Heinrich Matthias von Thurn. Eiligst rief dieser die evangelischen
Stände nach Prag und ließ ein Schreiben an den Kaiser abgehen,
in welchem er um Abstellung der Beschwerden bat. Die Antwort
enthielt einen harten Verweis und eine Billigung der von der Obrigkeit
ergriffenen Maßregeln, wodurch die Gemüther in Feuer und Flammen
gesetzt wurden.
Als der beredte Thurn seine Böhmen zu überzeugen suchte, daß
das Schreiben in Prag abgefaßt und in Wien nur unterzeichnet
worden sei, ergoß sich der ganze Strom der Erbitterung über die zwei
kaiserlichen Räthe Slawata und Martinitz. Am 23. Mai 1618
drangen die evangelischen Stände bewaffnet ins königliche Schloß zu
Prag, fielen über beide Räthe her und warfen sie mit einem Dritten,
dem Schreiber, zum Fenster hinaus. Die Zornentbrannten hielten
die Opfer ihrer Wuth für zerschmettert, weil der Sturz eine Höhe
von 23 m betrug, und staunten deshalb nicht wenig, als sie die
Drei wankend den Schloßgraben entlang gehen sahen. Ein weicher
Haufen von Papierabgang hatte sie in Empfang genommen. Ebenso
glücklich entkamen sie auch den Flintenschüssen, welche man ihnen
nachsendete. Dieser Tag kann als der Anfang des dreißig-
jährigen Krieges betrachtet werden.
57. Verlauf des dreißigfährigen Krieges bis zum Jahre 1630.
a) Tohann Georg I. schlägt die Wahl zum Rönig von B3öhmen aus.
kriedrich von der pfalz nimmt dieselbe an. Unfer Kurfürst erobert die
beiden Lausitzen und Schlesien. Schlacht am weißen Berge, 1620,
und ihre Folgen.
In kurzer Zeit erstreckte sich der Aufstand über ganz Böhmen.
Zwar rückten die kaiserlichen Truppen ins Land ein, aber es kam
auch Hilfe von der Union. Vielleicht wäre alles noch ausgeglichen
worden, wenn nicht der Kaiser 1619 gestorben und wenn sein Nach-
folger nicht ein zu unversöhnlicher Feind der Evangelischen gewesen
wäre. Der neue Kaiser, Ferdinand II., ein Vetter des Ver-