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könnten. Ohne weiteres durfte natürlich der Feldherr das mit
Oesterreich befreundete Land nicht betreten, deshalb forderte er erst
den Kurfürsten auf: „Er möchte dem Kaiser sein Land öffnen, sein
Heer mit den Kaiserlichen vereinigen und Lebensmittel liefern, sonst
müßte er gewärtig sein, daß er als Feind behandelt werde.“ Als
der Kurfürst Tilly's Gesandten bewirthete, ließ er bei der Tafel noch
ein Nachessen auftragen und sagte zu ihnen: „Ich sehe nun wohl,
daß man das sächsische, so lange versparte Konfekt (Zuckergebackenes)
endlich auch zu verzehren gesonnen ist; aber hütet Euch, meine Herren,
daß Ihr die Zähne nicht verderbet, denn es werden dabei allerlei
Nüsse aufgetragen, welche schwer zu beißen sind.“ Der Kurfürst ent-
ließ die Gesandten mit der Erklärung, daß er das Verlangte nicht
gewähren könne, vielmehr erwarte, daß man seine Unterthanen mit
Einquartierung verschonen werde.
Tilly ließ sogleich Merseburg einnehmen und von hier aus die
Landschaft verwüsten. Ganze Dörfer gingen in Feuer auf und die
kurfürstlichen Beamten wurden halbtodt geschlagen, wenn sie kein
Geld schafften. Leipzig hatte ebensalls nichts Gutes zu erwarten.
Als es sich nämlich weigerte, Geld und Lebensmittel zu liefern, ließ
Tilly die Umgegend ausplündern und der Stadt ankündigen, daß es
ihr bei längerer Weigerung wie Magdeburg ergehen und daß selbst
das kleinste Kind nicht verschont werden solle. Der Kommandant
öffnete die Stadt und die Pleißenburg, die sogleich von den kaiser-
lichen Truppen besetzt wurde. Furchtbarer hätte der Feind nicht
wüthen können, als Tilly im befreundeten Lande. Dies öffnete dem
Kurfürsten endlich die Augen und er sah nun ein, daß Oesterreich
den Untergang der evangelischen Fürsten beschlossen habe und daß
nur noch Rettung im Bunde mit den Schweden zu hoffen sei.
Der kurfürstliche Feldmarschall Armin eilte in Gustav Adolphs
Lager und flehte diesen um Hilfe an. Anfangs blieb der König
ziemlich kalt und antwortete, er könne dem Kurfürsten nicht trauen.
Dreimal stellte sich der Marschall beim Könige ein und flehte immer
dringender um Beistand. Endlich sagte der König diesen zu, verlangte
aber, daß ihm die Festung Wittenberg eingeräumt und daß die Ver-
räther vom Kurfürsten bestraft würden. Georg willigte in alles
und soll sogar ausgerufen haben: „Nicht nur Wittenberg, sondern
ganz Sachsen ist dem Könige geöffnet; meine ganze Familie, ja mich
selbst will ich als Geißel stellen, wenn es der König verlangt.“ Das
Bündniß wurde geschlossen und Gustav Adolph versprach dem
Kurfürsten, die Kaiserlichen aus seinem Lande zu vertreiben; dagegen
verpflichtete sich der Kurfürst, sein Heer mit dem schwedischen zu ver-
einigen, den König als Oberbefehlshaber anzuerkennen und die schwe-
dischen Truppen, so lange sie in Sachsen gegen den Feind kämpften,
zu unterhalten. Der König zog zuerst nach Wittenberg, wo ihn die