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Welch eine Freudenbotschaft war deshalb das Wort: Friede!
das von Münster und Osnabrück her ertönte. Sachsen hatte zwar
noch bis zum 1. Juli 1650 schwedische Soldaten zu erhalten, die als
Besatzung in Leipzig zurückblieben, weil das verarmte Land nicht im
Stande war, diejenigen Kriegsentschädigungen sogleich aufzubringen,
die Schweden beim Friedensschlusse verlangte; allein es ruhten doch
die Schwerter und die Bewohner konnten ungestört und in Frieden
ihren Beschäftigungen wieder nachgehen. Als die Schweden unser
Vaterland gänzlich geräumt hatten, da rief am 22. Juli 1650 hier
und da ein Glöcklein auf des Thurmes Höhe die wenigen Kirchkinder
zur Feier eines allgemeinen Dank= und Friedensfestes in das Haus
des Herrn. Glücklich war die Gemeinde zu preisen, die noch ein
Gotteshaus besaß. Die meisten konnten ihre Lob= und Danklieder
nur auf den Trümmern ihres Gotteshauses zum Himmel empor
steigen lassen. Da wiederholte sich wohl auch dieselbe Erscheinung,
die uns von den Kindern Israel, Esra 3, 11—13, erzählt wird:
„Man sang mit Loben und Danken dem Herrn, daß er gütig ist und
seine Barmherzigkeit ewiglich währet, aber viele weinten laut, aber
das Tönen mit Freuden erschallte lauter, als das Geschrei des
Weinens.“ — Gottes Güte und Barmherzigkeit that sich recht augen-
scheinlich in den Jahren 1655 und 1656 kund. Beide Jahre brachten
eine so reich gesegnete Ernte, daß der Scheffel (50 Liter) Korn nach
unserm Gelde bis auf 2 M. 50 Pf. herabsank. Das waren Jahre,
welche die überstandene Noth etwas vergessen machten.
63. Die Rurfürsten dieser Zeit.
(Zunächst übersichtlich zusammengestellt.)
a) Tohann Georg I. Lebensabend. Zegräbnißfeierlichkeiten.
Außer Johann Georg I. regierten in diesem Jahrhunderte
noch drei Fürsten gleichen Namens, so daß Sachsen fast ein ganzes
Jahrhundert — im 17. Jahrhunderte — unter vier Fürsten stand,
die einen und denselben Namen führten. Die traurigste Zeit erlebte
Johann Georg I. und nur nach dem westphälischen Friedensschlusse
war es ihm vergönnt, noch einige Jahre in Ruhe und Frieden zu
verbringen. In dieser Zeit erstreckte sich seine Hauptsorge darauf,
die tiefen Wunden, die der Krieg geschlagen, nach Kräften zu heilen.
Daß manches in Sachsen während dieses Krieges eine andere
Wendung hätte nehmen können, sobald der Kurfürst mehr seiner
eigenen Ueberzeugung gefolgt wäre und sein Ohr den Rathschlägen
seiner Umgebung verschlossen hätte, haben wir oben gesehen. Wie
sehr ihm das Wohl des Landes am Herzen lag, beweist die Gewissen-
haftigkeit, welche er selbst den kleinsten Regierungsgeschäften widmete.