Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Daß er den Beinamen „der Starke“ mit Recht führte, mögen 
einige Proben seiner unglaublichen Körperkraft beweisen, die 
er zum Erstaunen aller ablegte. Silberne, kupferne oder zinnerne 
Becher, Schüsseln und Teller mit einer Hand wie Papier zusammen 
zu rollen, war ihm ein Spiel. Er legte noch ganz andere Proben 
seiner Stärke ab. Als er in Nürnberg das Zeughaus besuchte, er— 
probte er seine Riesenkraft an einer eisernen Kugel. Diese war 
nämlich so schwer, daß sie vier starke Männer kaum einen Messer— 
rücken hoch heben konnten. Prinz August erfaßte sie und hob sie zwei 
Spannen hoch. Als Schütze hätte er es selbst mit dem geübtesten 
Alpenjäger aufnehmen können. Eines Tages trat er in Nürnberg 
in einen großen Saal. An der entgegengesetzten Wand nahm er sich 
ein brennendes Licht zur Zielscheibe, welches er mit einer Pistolen— 
kugel so zu treffen versprach, daß die Flamme verlöschen sollte. Der 
geübte Schütze zielte, drückte ab und siehe da, der Docht verlosch. In 
Ungarn gab ein Beweis seiner Stärke zu einem spaßhaften Vorfalle 
Veranlassung. Des Prinzen Pferd hatte einige Hufeisen verloren 
und er ließ in einer Stadt neue aufschlagen. Der Schmied brachte 
die Eisen, der Prinz erfaßte sie, brach sie mit Leichtigkeit in kleine 
Stücke und warf sie mit den Worten auf die Erde: „Was für elendes 
Eisen habt Ihr hier zu Lande!“ Meister und Gesellen maßen den 
Fremden mit großen Augen. Es wurden andere Eisen geholt, wofür 
der Schmied 2 Speciesthaler (8 Mark) erhielt. „Ach, gnädiger 
Herr,“ fing der Schmiedegeselle an, der ebenfalls ein ungemein starker 
Mensch war, „laßt mich doch erst einmal das Geld probiren.“ Er 
nahm die Speciesthaler in seine nervige Hand, brach jeden mitten 
entzwei und warf die vier Hälften mit den Worten auf die Erde: 
„Was für elendes Silber ist zu diesem Gelde!“ Dieser Vorfall 
ergötzte den Prinzen so sehr, daß er den Schmiedegesellen sogleich in 
seine Dienste nahm. 
Den höchsten Beweis seiner Stärke legte August in Wien ab. 
Als er eines Tages den hohen Stephansthurm bestieg, nahm er ab- 
sichtlich zwei Trompeter mit. Was machte der Prinz? Er stellte 
einen auf seine linke und den andern auf seine rechte Hand, hielt 
beide ins Freie hinaus und ließ sie in dieser gefährlichen Stellung 
blasen. Ebenso war Prinz August auch ein kühner und gewandter 
Reiter. Einst ritt er mit seinem Bruder um die Wette und legte den 
Weg zwischen Wurzen und Leipzig, der reichlich 6 Stunden beträgt, 
in Fünfviertelstunden zurück, so daß — die Stunde zu 12 000 Fuß 
(ceirca 3450 m) gerechnet — auf eine Sekunde 16 Fuß kommen. 
Als dreiundzwanzigjähriger Prinz unternahm Friedrich August 
eine zweite Reise. Diese galt diesmal Italien und namentlich Rom 
mit seinen Kunstschätzen und seinen Prachtgebäuden, bei welcher Ge- 
legenheit er auch Neapel in Augenschein nahm. Was der Prinz in
	        
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