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bekannte. Sie gedachten der vorigen Zeiten, und zwar eines Friedrich
des Weisen, eines Johann des Beständigen, eines Johann Friedrich
des Großmüthigen, welche bereit gewesen wären, Land, Würden,
Freiheit, selbst das Leben zu opfern, ehe sie von der evangelischen
Wahrheit gelassen hätten. Mit banger Besorgniß ging die Frage
von Mund zu Mund: Welches wird in Zukunft das Schicksal unserer
theuern Kirche im lieben Sachsenlande sein?
Ueber diese Frage wurden die Gemüther sehr bald beruhigt.
Wenig Wochen nach seinem Uebertritte gab der Kurfürst“) die Ant—
wort selbst darauf. Er erklärte nämlich, „daß er für seine Person
den römisch-katholischen Glauben angenommen habe, daß er aber alle
seine Unterthanen bei der Augsburgischen Confession, bei ihrer Ge—
wissensfreiheit, bei ihren Kirchen, bei ihrem Gottesdienste, bei ihren
Gebräuchen, Schulen 2c. kräftigst erhalten, niemanden zur katho-
lischen Kirche zwingen, sondern einem jeden sein Gewissen frei lassen
werde 2c.“ Diese Erklärung beruhigte die Gemüther einigermaßen,
und wir müssen der Wahrheit soweit die Ehre geben, daß sich der
katholische Kurfürst später aller ungerechten Einmischungen in die
evangelischen Glaubensangelegenheiten enthielt.
Eine Folge konnte der Kurfürst durch seinen Glaubenswechsel
freilich nicht abvenden und diese wurde für Sachsens Zukunft von
großer Wichtigkeit. Bis jetzt hatte unser Vaterland im evan-
gelischen Deutschland den größten Einfluß ausgeübt, von
nun an ging diese Nolle auf das jetzige Königreich Preußen
(damals noch Markgrafthum Brandenburg) über.
Friedrich Augusts Gemahlin, die edle Eberhardine, Prinzessin
aus dem Hause Brandenburg-Bayreuth, konnte sich nicht entschließen,
ihren Glauben zu wechseln. Sie blieb demselben treu bis in den Tod,
obgleich ihr die Polen versprechen ließen, sie nach erfolgtem Uebertritt
zum römisch-katholischen Glauben ebenfalls als ihre Königin an-
erkennen und ihr eine prachtvolle Krönung bereiten zu wollen. Nie
kam Eberhardine nach Polen, sie lebte größtentheils getrennt von
ihrem Gemahl in stiller Zurückgezogenheit in Torgau und später auf
dem Schlosse Pretzsch bei Wittenberg, wo sie sich das schwere Leid
ihrer Lebenstage durch Gebet und fromme Betrachtungen, durch Wohl-
thun rc. erleichterte. Die süßeste Mutterfreude empfand sie in dem
Aufblühen ihres einzigen Sohnes, des Kurprinzen Friedrich August (II.).
Was eine Mutter nur irgend für ihre Kinder zu thun im Stande ist,
das that sie für ihren Sohn, und so erlebte sie die unaussprechliche
*) Da beim Unterrichte zur Vermeidung jedes Irrthums die Beziehungen
unsers Landesvaters zu Polen und zu Sachsen streng auseinander zu halten
sind, so sind die beiden polnischen Könige (Friedrich August I. und Friedrich
August II.) in der Geschichte unsers Vaterlandes nur Kurfürsten genannt.
Geschichte Sachsens. 16