Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Und zu dem allen schwieg der gutmüthige Kurfürst? Gutmüthige 
Leute trauen anderen selten etwas Schlechtes zu. So ehrenwerth 
dieser Charakterzug ist, so kann er doch auch leicht zur Schwäche 
werden, und leider war unsers Kurfürsten Gutmüthigkeit von diesem 
Fehler nicht frei. Arglos schenkte er seinem Minister vollen Glauben, 
wenn dieser ihm versicherte, daß im Lande alles gut stehe, daß sich 
die Unterthanen glücklich fühlten und daß die Landeskassen mit Geld 
gefüllt seien, so sehr auch letztere oft erschöpft waren. 
Hierbei war Brühls Hauptsorge darauf gerichtet, alle und jede 
Gelegenheit fernzuhalten, die dem Kurfürsten die Augen über diesen 
Lug und Trug öffnen und ihm Einsicht in den wahren Stand der 
Dinge verschaffen konnten. Brühl bewachte daher den Kurfürsten 
auf jedem Tritt und Schritt, selbst auf dem Kirchgange ließ er ihn 
nicht aus den Augen; niemand durfte sich dem Landesvater nähern, 
von dem Brühl fürchtete, daß er ihn über die wahre Lage des Landes 
aufklären könnte. Kannte Brühl Personen, auf die er sich verlassen 
konnte und die ihn in seinen gewissenlosen Bestrebungen unterstützten, 
dann suchte er sie unbemerkt in die Umgebung des Kurfürsten zu 
bringen. Deren Urtheile stimmten natürlich mit den Berichten des 
Premierministers vollständig überein, und so wurde der arglose Kur- 
fürst gänzlich umstrickt und zum Unglück des Landes in schändlicher 
Weise getäuscht. 
Nur zwei Personen hatte Brühl noch zu fürchten, und dies 
waren die Kurfürstin und der Kurprinz. Beide, namentlich der 
letztere, durchschauten den gefährlichen Mann in seinem, dem Lande 
so verderblichen Thun und Treiben und beide machten auch wiederholt 
Versuche, dem getäuschten Kurfürsten die Augen zu öffnen. Ein 
anderer hätte sich vielleicht in seiner Verlegenheit selbst entlarvt, allein 
Brühl wußte seinem Herrn mit solch einer Zuversicht entgegenzutreten, 
daß er dem verschmitzten Minister vollen Glauben schenkte, wenn sich 
dieser über Verkennung, Verleumdung und Undankbarkeit bitter 
beklagte. 
Wie gern erkennt jeder edle Mensch die Verdienste solcher 
Männer an, die dem Fürsten und dem Vaterlande treu dienen, wie 
dankbar würden auch wir heute noch Brühls Thätigkeit rühmen, 
wenn sie, namentlich in den schweren Zeiten, wie wir sie bald werden 
kennen lernen, Sachsens Wohl gegolten hätte. Und wie leicht wäre 
es gerade diesem Manne geworden, ein Segen für das Land zu 
835 kostbare Tabaksdosen, 102 Taschenuhren, 87 Ringe 2c. Der Vorrath 
an Kleidungsstücken erinnerte an ein reiches Kleidermagazin. Da fanden sich 
43 Schlafröcke, 47 Pelze und eine übergroße Anzahl von sammtenen, seidenen 
und fein gestickten Kleidern vor. Der Mann, der von seinem Vater nur 
wenig erbte, hatte sich eine bedeutende Anzahl Rittergüter, mehrere Häuser 
in Dresden und einen Weinberg erworben. 
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