Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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der Hund (Phylax); der grüne Esel; der Zeisig und die Nachtigall; 
die Affen und die Bären; der Tanzbär und seine Brüder; die beiden 
Wächter; die Geschichte vom Hute; der Kuckuck; der Bauer und sein 
Sohn; das Testament; Amynt; Till; der Reisende; der Greis u. s. w. 
Die ganze Tiefe seiner Frömmigkeit, sein kindliches Gottvertrauen 
und seine gläubige Verehrung unseres Herrn und Heilandes spricht 
sich besonders in Gellerts religiösen Liedern aus, deren er 52 gedichtet 
hat. Viele derselben sind fast in alle Gesangbücher übergegangen und 
haben Sünder erschüttert, Traurige getröstet, Leidende erquickt, Ster- 
bende beseligt. Wir gedenken hier nur der Lieder: Nach einer Prüfung 
kurzer Tage; — Wie groß ist des Allmächt'gen Güte; — Meine 
Lebenszeit verstreichtt — Wenn ich, o Schöpfer, Deine Macht; — 
Mein erst Gefühl sei Preis und Dank; — Herr, der Du mir das 
Leben; — Dies ist der Tag, den Gott gemacht; — Jesus lebt, mit 
ihm auch ich; — Herr, stärke mich, Dein Leiden zu bedenken; — 
Dir dank' ich für mein Leben; — So jemand spricht: ich liebe 
Gott; — Nie will ich wieder fluchen; — Wer Gottes Wege geht; — 
Gott, Deine Güte reicht so weit; — Gedanke, der uns Leben giebt; — 
Ich komme vor Dein Angesicht; — Soll dein verderbtes Herz u. s. w. 
Wie bescheiden war unser Dichter! Obschon er den größten 
Beifall bei Jung und Alt, bei Reich und Arm, bei Hoch und Niedrig 
errungen, glaubte er doch nicht zu genügen, und seine bisherige Wirk- 
samkeit schien ihm viel zu gering. Mit solch schwermüthigen Gedanken 
geht er an einem Sonntagsmorgen im Sommer spazieren. Da hört 
er von einem Hirten sein Morgenlied: „Mein erst Gefühl sei Preis 
und Dank!“ andächtig singen. Etwas beruhigter, doch immer noch 
sinnend, geht er weiter, als ihn ein fröhliches Getümmel aus seinem 
ernsten Nachdenken erweckt. Eine muntere Kinderschar, um einen 
Greis versammelt, hört aufmerksam auf des Alten Worte, und 
wenn er still geworden, bittet sie mit kindlichem Ungestüm wiederholt 
um eine neue Erzählung. Gellert lauscht; es sind seine Fabeln, 
welche die ungeduldige Jugend ergötzen. Schon heiterer kommt er 
an eine entlegene Dorfkirche. Als er in das kleine Gotteshaus ein- 
tritt, erschallt der fromme Chor der andächtig versammelten Gemeinde, 
und er hört sein Lied: „Ich komme, Herr, und suche Dich!“ Da sinkt 
auch unser Gellert tiefbewegt auf seine Knie, und mit nassen Augen, 
aber freudigem Herzen betet er: O Gott, wie danke ich es dir, daß 
du mir heute dreifach kundgegeben, daß ich nicht umsonst gelebt und 
gewirkt habel 
So groß auch der Segen war, den Gellert durch seine Schriften 
in Palästen und Hütten stiftete, so eröffnete sich ihm jedoch ein noch 
größerer Wirkungskreis, indem er 1745 auch Professor an der 
Universität zu Leipzig wurde. Der Andrang zu Gellerts Vorlesungen 
war ein so ungemein zahlreicher, daß selbst die größten Säle die
	        
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