Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Handwerksstande und aus den übrigen Klassen der Arbeiter immer 
neue Kräfte herbei. Jetzt zählt Sachsen gegen 160 Spinnereien mit 
fast 1 Million Spindeln. 
Vor ungefähr 600 Jahren lernte Europa eine Krankheit 
kennen, deren Auftreten die Menschen mit Furcht und Zittern erfüllte. 
Diese Krankheit waren die Blattern oder die Pocken, die sich bei 
ihrem Erscheinen dadurch so furchtbar machten, daß sie Tausende von 
Menschen hinrafften. 
Wie der Reisende selten aus fernen Gegenden in die Heimat 
zurückkehrt, ohne nicht irgend ein Andenken mitzubringen, so pflegten 
auch die heimkehrenden Kreuzzügler nicht mit leeren Händen zurück- 
zukommen. Ihnen verdanken wir z. B. verschiedene edle Obstsorten 
und andere feinere Gewächse. Aber sie sind auch, wenn auch ohne 
ihren Willen, die Urheber manches furchtbaren Uebels in Europa 
geworden. Durch sie wurden die ebenerwähnten Pocken, welche aus 
dem Innern Afrikas nach Asien vorgedrungen waren, nach Europa 
verschleppt. Zuerst trat diese verheerende Krankheit in Spanien, dann 
in Frankreich auf, und um das Jahr 1500 wurde auch Deutschland 
mit dieser Plage heimgesucht. 
Die Pocken gehören zu den Hautkrankheiten. Zunächst ergreift 
den Patienten ein sehr heftiger Fieberschauer, dann bilden sich am 
Körper runde, rothe Flecken, endlich Knötchen oder Pusteln, welche sich 
mit einem pestartigen, ansteckenden Eiter füllen. Uebersteht der Mensch 
diesen Grad der Krankheit, dann ist er meistentheils gerettet. Ent- 
weder platzen dann die Pusteln auf, oder vertrocknen und hinterlassen 
in der Haut gewöhnlich Narben (Pockennarben, Tellen oder Döllen). 
Diesen furchtbaren Würgengel hoffte man doch in seinem Wüthen 
etwas beschränken zu können. Man überzeugte sich nämlich, daß sich 
Blattern nur durch Ansteckung fortpflanzten, und daß diejenigen, welche 
diese Krankheit glücklich überstanden hatten, in der Regel nicht wieder 
von derselben befallen wurden. 
Letztere Wahrnehmung führte denkende Aerzte auf den Versuch, 
den Gesunden das Menschenblatterngift einzuimpfen und diese Krank- 
heit künstlich zu erzeugen. Dadurch gewann man folgende Vortheile: 
Zunächst konnte man diese Einimpfung zu einer günstigen Jahreszeit 
vornehmen und dann trat die künstlich hervorgerufene Blattern- 
krankheit nie so bösartig auf. In Europa brachten die Türken die 
Pockeneinimpfung zuerst in Anwendung, worauf sie in England nach- 
geahmt wurde; indes allgemein wurde der Gebrauch dieses Schutz- 
mittels nicht. 
Der Blatternkrankheit sind, außer den Menschen, auch die Kühe 
ausgesetzt, bei welchen sich dieselbe an dem Euter zeigt. Eine besondere 
Art, blaue Blattern genannt, stellen sich namentlich bei frischmelkenden 
Kühen ein. Im vorigen Jahrhunderte machte ein englischer Arzt,
	        
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