– VI ——
halben Jahres befähigt, einer etwas gedrängteren Darstellungs—
weise zu folgen. Auf diese Erfahrung fußend, habe ich mich
zwar von der ersten bis zur letzten Seite der größtmöglichsten
Faßlichkeit befleißigt, habe aber auch die wachsende Befähigung
der Kinder mir insoweit zu Gute gehen lassen, daß ich im
späteren Verlaufe der Erzählung nicht allzu ängstlich mehr
an der früheren Einfachheit festhielt.
Da im Geschichtsunterricht offenbar ein mächtig erziehliches
Moment liegt, so stellt diese Thatsache noch einige hochwichtige
Forderungen an ein Geschichtswerk für Schulen. Auch im
großen Ganzen des Völkerlebens — trete es als Universal-,
trete es als Partialgeschichte hervor — läßt sich nämlich Gottes
Walten nicht verkennen. Die scheinbar planlos in einander
verschlungenen Erscheinungen von Ursache und Wirkung im
Völkerleben laufen doch endlich in Einem Ziele aus: In der
Verwirklichung des großen Erziehungsplanes, unter welchen Gott
nicht blos den Einzelnen, sondern das ganze Menschengeschlecht
gestellt hat; und wenn irgend ein Volk Zeugniß von den sicht-
baren Spuren der leitenden Vaterhand seines Gottes ablegen
kann, so ist es das Sachsenvolk. Diese Thatsache durchziehe
in der Darstellung das Ganze als leitende Idee. Daß einem
geflissentlich herbeigezogenen Moralisiren nicht im entferntesten
das Wort geredet ist, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Läßt
man die Thatsachen in rechter Weise reden, dann bedarf es
als eigene Zuthat der Worte nur wenige.
Fassen wir ein Zweites ins Auge.
Zunächst soll der vaterländische Geschichtsunterricht eine
genaue Kenntniß der historischen Thatsachen, soweit sie Fürst
und Volk berühren, vermitteln; — ihm ist aber eine noch höhere
Aufgabe gestellt: Er soll auch in den Kindern Liebe zum
engeren Vaterlande und zu seinem Fürstenhause wecken
und pflegen; er soll die Kinder als künftige Staatsbürger zur
Treue gegen Fürst und Vaterland ermuntern und ihnen Achtung
vor dem Gesetz, Achtung vor den Staatseinrichtungen einflößen.
Erzielt dies der Geschichtsunterricht, dann erst erhalten die
historischen Kenntnisse ihre höhere Weihe.
Recht wohl weiß ich, daß sich außerhalb der Schule hier
und da neben dieser Anschauung noch andere Ansichten Geltung
zu verschaffen suchen. „Jetzt noch Liebe zum engeren Vater-
lande und seinem Fürstenhause zu predigen“, meint man, „sei
beschränkter Partikularismus, sei ein überwundener Standpunkt.
Ans große Ganze müsse man sich anschließen. Deutschland
heiße die Parole, an welcher der echte Vaterlandsfreund zu er-
kennen sei.“