— 50 —
erfüllte Hussens Feinde mit großer Besorgniß und sie verklagten
diesen Ketzer, wofür sie ihn ausgaben, bei dem Papste und bei dem
deutschen Kaiser Sigismund.
Um diese Zeit hatten sich in Constanz (Kostnitz) am Bodensee,
das jetzt zum Großherzogthum Baden gehört, die höchsten Geistlichen
der katholischen Kirche und sehr viele Fürsten versammelt, um über
einige Verbesserungen in der katholischen Kirche und namentlich auch
über die Wahl eines Papstes zu berathen; denn damals gaben sich
zu gleicher Zeit drei katholische Geistliche als Päpste aus. Dieselbe
Versammlung wollte auch über Huß und seine neue Lehre — sie
war freilich so alt, wie die heilige Schrift — zu Gericht sitzen. Huß
erhielt die Aufforderung, in Constanz zu erscheinen, und Kaiser Sigis—
mund versprach ihm sicheres Geleit, d. h. es solle ihm nichts an seiner
Freiheit und an seinem Leben geschehen. Huß glaubte diesem kaiser-
lichen Versprechen und reiste frohen Muthes nach Constanz. Hier
verlangte man ohne Weiteres, daß er seine Lehren als falsch wider-
rufen sollte. Huß war hierzu bereit, sobald man ihm aus der
heiligen Schrift nachweise, daß er geirrt habe. Da man nicht wollte,
weil man es nicht konnte, so erklärte Huß feierlich, seine Lehren nicht
widerrufen zu können. Ungeachtet des ihm vom Kaiser versprochenen
sicheren Geleites wurde er dennoch zum Feuertode verurtheilt und
den 6. Juli 1415 auf einem Scheiterhaufen verbrannt.
Hussens Mund konnte nun zwar nicht mehr predigen und lehren,
aber der Eindruck, den seine Lehren auf die Herzen seiner Zuhörer
gemacht hatte, wirkte als eine Gotteskraft mächtig fort. Die Kunde
von Hussens Verbrennung erregte in ganz Böhmen eine allgemeine
Verwirrung. Man murrte laut, man schaarte sich zusammen, man
griff endlich zu den Waffen und im Jahre. 1419 brach der blutige
Hussitenkrieg aus, der später auch unser Vaterland in einer furcht-
baren Weise heimsuchte. Der König Wenzel erschrak bei der ersten
Nachricht über den ausgebrochenen Kampf so sehr, daß ihn der Schlag
rührte und daß er die Sprache verlor, worauf er achtzehn Tage
später starb.
Wenzels Bruder, der Kaiser Sigismund, wurde nun König von
Böhmen, und er wollte nicht eher ruhen, bis er die Hussiten von der
Erde vertilgt hätte. Diese Leute waren in seinen Augen Ketzer, ge-
fährliche Menschen. Und warum? Sie verlangten, daß das Wort
Gottes in ihrer Muttersprache gelehrt werden müsse, damit es jeder
verstehen könne; daß jeder Christ im heiligen Abendmahle Brot und
Wein empfangen müsse u. s. w. Allein vermochte aber Sigismund
sein Vorhaben nicht auszuführen. Die Hussiten waren ihm zu mächtig,
und namentlich fürchtete er ihren tapferen Feldherrn Ziska. Da bat
Sigismund andere Fürsten um Hilfe, namentlich aber seinen mäch-
tigen und tapferen Nachbar, Friedrich den Streitbaren. Dieser Fürst