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Gern ließ sich „Neu-Deutschland“, so lange der Orden die
deutsche und christliche Pflanzung gegen die heidnischen, raub-
und eroberungslustigen Litauer zu schützen hatte, dessen Herr-
schaft gefallen. Dieselbe war nach den „Statuten" Werners
von Orsele (1329) eine gemäßigte Monarchie. Der Hoch-
meister gebot im Notfall unbedingt, war aber dem General-=
kapitel der Gebietiger verantwortlich. Die obersten Gebietiger
waren der Marschall (Feldherr), der Spittler (Aufseher der
Krankenpflege), der Treßler (Schatzmeister), der Trappier (Klei=
dermeister).
Als aber der Orden seinen Hauptberuf, den Krieg gegen die
Heiden, erfüllt hatte und in Verfall geriet, forderten die Stände
nach deutscher Sitte Anteil am Regiment, am nachdrücklichsten
die westpreußischen Edelleute (Eidechsenbund 1398) und Städte.
Nachdem die Aufständischen den „Westpreußischen Städte-
krieg" (1454—1466) erfolgreich bestanden, erhielten sowohl die
treugebliebenen Stände zum Lohn vom Orden, wie die abge-
fallenen kraft ihres Vertrages mit Polen große Privilegien.
Danzig wurde fast Freistaat unter polnischem Schutz und er-
reichte in diesem Verhältnis als Haupthafen des polnischen Reichs
eine Handelsblüte und Macht, wie nur sehr wenige andere deutsche
Städte des Mittelalters.
Auch die geistigen Bestrebungen gediehen; der Preuße Niko-
laus Kopernikus (geboren 1473 zu Thorn, gestorben 1543 als
Domherr zu Frauenburg) entdeckte das wahre Sonnensystem, und
dem Luthertum feiel das königliche wie das herzogliche Preu-
ßen zu.
Aber in jenes drang doch allmählich polnisches Wesen ein, und
in diesem hätten die Stände die völlige Vereinigung mit der
Republik Polen um den Preis gesicherter Ständeprivilegien gern
gestattet. So war Neudeutschland auf dem Wege, nachdem es
an das Slawentum seine politische Selbständigkeit verloren, an
dasselbe auch noch seine Nationalität einzubüßen. Davor es
gerettet und Preußen dem Deutschtum erhalten zu
haben ist das Verdienst der Hohenzollern; die Hälfte
der Arbeit thaten sie, indem sie 1618 Ostpreußen mit Branden-
burg vereinigten.
Georg Wilhelm (1619—1640).
§ 30. Unter Johann Sigismunds Sohne, dem schwachen
Georg Wilhelm, brach alles Elend und Unheil des Dreißig-
jährigen Krieges ungehemmt über die Marken herein.